Linksextremistische Attacke auf ZDF-Team: Vier Bewährungsstrafen – Es war nur "eine Verwechslung"
Von Bernhard Loyen
Mit Beginn der sogenannten "Corona-Krise" zeichneten sich sehr schnell in der Gesellschaft sehr unterschiedliche Wahrnehmungen und Befindlichkeiten ab, hinsichtlich der zügig ausgerufenen Maßnahmenpolitik und einer auffälligen Einheitsfront von Politik und Medien in Bezug auf die bewusst manipulative Vermittlung der vermeintlichen Notwendigkeit rigider (An-)Forderungen an und für die Bürger. In Berlin versammelten sich kritische Menschen zu den ab März 2020 titulierten "Hygiene-Demos" oder als Spaziergänge deklarierten Protestdemonstrationen.
Zur Erinnerung an eine vorherrschende Stimmung im Land sei exemplarisch der Aufruf des Journalisten Uli Gellermann vom 26. März 2020 zitiert, der auf eine Veranstaltung der "Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand" hinwies:
"Im Aufruf zur Demonstration fordert die Initiative die Teilnehmer auf, mit 2-Meter-Abstand zu demonstrieren und neben einem Mundschutz auch das Grundgesetz mitzuführen. Man darf gespannt sein, wie die Ordnungskräfte auf den Versuch, demokratische Rechte wahrzunehmen, reagieren werden. Die Rationalgalerie [Gellermanns Blog] nimmt an der Demonstration teil."
Es kam zu der bizarren Situation, dass die anwesende Polizei den Teilnehmern dort tatsächlich verbot, öffentlich das Grundgesetz vor sich herzutragen.
Reminder: Während einer Demo gegen die Corona-Maßnahmen wurde einem Mann polizeilich verboten, dass Grundgesetz zu zeigen. #RichtigErinnernpic.twitter.com/ULNYsykasn
— Jeanne d’Arc (@seikritisch) January 1, 2024
Wenige Tage später erhielt Gellermann zuhause Besuch von der Polizei. Die Beamten überreichten ihm ein offizielles Schreiben – nämlich ein "Betretungsverbot" für Berlin-Mitte (rund 8 Kilometer entfernt), insbesondere für den Rosa-Luxemburg-Platz vor der Volksbühne, wo die "Hygiene-Demos" nun regelmäßig stattfanden. Dazu heißt es offiziell:
"Um die Ansteckung mit übertragbaren Krankheiten und eine Weiterverbreitung dieser einzudämmen, sieht der Gesetzgeber präventiv und im Akutfall verschiedene Infektionsschutzmaßnahmen vor. In der Regel gehen diese mit weitreichenden Beschränkungen des alltäglichen Lebens einher – so auch beim Betretungsverbot gemäß IfSG."
Das Betretungsverbot für Gellermann war dabei rein politisch motiviert. Zu diesem Zeitpunkt wurden im Rahmen der Rubrik Tagesdosis auf der damaligen Medienplattform KenFM, heute apolut wöchentlich Kommentarartikel von mir publiziert. Am 30. April 2020 lautete ein Absatz darin:
"Diese Woche werden Freitag und Samstag Demonstrationen in Berlin stattfinden. Die Heute-Show vom ZDF wird extra ein Kamerateam hinschicken. Ich konnte durch Zufall in Erfahrung bringen, man möchte gezielt Verpeilte und Verstrahlte rauspicken, um sie für das dürstende ZDF-Publikum vorzuführen. Lächerlich machen. Wir lernen, wer auf die Straße geht, gilt in den öffentlich-rechtlichen Medien und bei entsprechenden Endkonsumenten entweder als Verschwörungstheoretiker, Verpeilter oder Nazi oder alles drei in individueller Mischung."
Die Polizei taktierte, indem sie den ursprünglichen regelmäßigen Veranstaltungsort der "Hygienedemonstranten", also den Rosa-Luxemburg-Platz vor der Berliner Volksbühne, für den 1. Mai 2020 dieses Mal rein den Gegendemonstranten zuordnete, bestehend aus Antifa, der Partei Die Linke, Verdi-Gewerkschaftern, Omas gegen Rechts und Mitarbeitern der Volksbühne. Die Anwohner des geschichtsträchtigen Ortes solidarisierten sich sowohl verbal und akustisch als auch durch Plakate an den Fenster mehrheitlich mit diesen Gegendemonstranten.
Dann kam es zu der nun juristisch abschließend verfolgten, brutalen Attacke. Pressemeldungen nach dem Angriff auf das Fernsehteam lauteten:
- Berliner Morgenpost: "Heute-Show ZDF Team angegriffen: Dreh war vorher bekannt. Im Internet tauchte bereits am Tag vor der Attacke auf das ZDF-Team ein Hinweis auf, dass die 'heute-Show' am 1. Mai in Mitte filmt."
- Deutsche Welle: "Zündfunke Corona: (...) Nur einen Tag vor der Attacke auf die Journalisten, also am 30. April, veröffentlichte der ehemalige Moderator des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) Ken Jebsen auf seiner Webseite "KenFM", auf der er regelmäßig Verschwörungstheorien verbreitet, einen Kommentar."
Zwei Tage nach dem Ereignis informierte der Berliner Tagesspiegel: "Der Angriff soll geplant gewesen sein, ergaben weitere Ermittlungen". Am 8. Mai 2020 berichtete die Berliner Taz: "Laut Polizei soll der Angriff auf das ZDF-Team von Linken ausgegangen sein. Die Frage nach Tätern und Motiv ist aber komplizierter". Nach ersten Polizeierkenntnissen "soll es sich bei den Angreifern um eine größere Gruppe von bis zu 30 dunkel gekleideten Personen gehandelt haben", hieß es auf der Webseite Heise im Januar 2023. Weiter heißt es im Artikel:
"Doch eine Verbindung zwischen den mutmaßlichen Angreifern auf das ZDF-Team und der rechten Szene oder einem Querfrontmilieu hat sich bisher nicht erhärten lassen."
Die Taz-Redaktion berichtete eine Woche nach der Tat bereits über genauere und vor allem interessante Details:
"Bald nach der Tat nahm die Polizei sechs Verdächtige fest, die mit Fahrrädern und einem Auto unterwegs waren. Vier Männer im Alter von 24, zwei mal 25 und 31 Jahren sowie zwei Frauen, 25 und 27 Jahre alt. Nach der Festnahme wurden die Verdächtigen an den Tatort gebracht, auch das sagt die Polizei der taz. Sie sagt aber nicht, warum, also ob dies etwa zum Zweck einer Gegenüberstellung erfolgte. Fotos von der Festnahme zeigen zwei Frauen in Handschellen, klein und schmächtig, zu sehen sind auch zwei der Männer. Satiriker [Abdelkarim] Zemhoute sagt im Interview, drei oder vier Angreifer seien 'durchtrainiert' gewesen, die anderen 'schlank'. Von den Verdächtigen auf den Fotos hat keine die Statur eines Kampfsportlers."
Rund vier Jahre später heißt es nun – um einige Erkenntnisse reicher – in einem sehr lesenswerten Artikel des Journalisten Thomas Moser vom 21. Dezember 2023 auf den NachDenkSeiten vor dem Gerichtstermin am 8. Januar 2024:
"Das Motiv für den Überfall ist bis heute unklar. Auch die Anklagebehörde benennt keines. Ungeklärt sind aber noch andere Umstände der Tat. Wer waren die Angreifer? (...) Die Täter kamen nach allem, was wir wissen, nicht aus den Reihen der Corona-Kritiker, sondern erstaunlicherweise von deren Gegnern. Die Ermittlungen, die aus Staatsschutzgründen vom LKA Berlin geführt wurden, ergaben, dass die Angreifer dem sogenannten 'linken Milieu' zuzurechnen seien."
Autor Moser war demnach selbst "mit einem Kollegen in der Stadt unterwegs, um verschiedene Aktionen und Demonstrationen zu beobachten – unter anderem auch am Rosa-Luxemburg-Platz". Weiter heißt es bei ihm zu der genehmigten Gegendemonstration vor der Volksbühne:
"Damit waren die 'Hygiene'-Demonstranten ausgesperrt. Beide Seiten – Polizei wie Antifa – bestätigten ihren Deal auf Nachfrage. Später bedankte sich ein Antifa-Redner einmal explizit bei der Polizei, dass sie ihnen diese 'Inszenierung' ermöglicht habe."
Dann wird es in dem Artikel noch interessanter:
"An einer der Polizeiabsperrungen rund um die Volksbühne wurde eine achtköpfige Gruppe junger sportlicher Leute, Frauen und Männer, zunächst aufgehalten. Sie trugen an ihrer Bekleidung zum Teil Antifa-Embleme oder ein Marx-Bild. Doch nach einem kurzen Gespräch zwischen zwei Beamten durfte die Gruppe passieren. Mein Kollege schnappte die Worte auf: 'Die dürfen durch. Das sind unsere Leute'. Wurden wir Zeugen eines weiteren Kapitels aus dem Stück 'die Antifa und die Polizei'?"
Ein belegbarer Fakt ist: Weder meine Person als ein vermeintlicher "Stichwortgeber" und schriftlicher "Anheizer" noch die juristische Abteilung des Portals apolut wurden nach dem 1. Mai 2020 seitens der Ermittler, der Polizei, des Staatsschutzes kontaktiert, also befragt. War in diesen Kreisen durch andere Indizien zu dem Schwerpunkt bekannt, dass sich solche Kontaktaufnahme sowieso erübrigt? Mein im Artikel erwähnter "Hinweistipp" im April 2020, erfolgte durch einen Zufallskontakt in der Szene freiberuflicher Techniker.
Der Artikel im Tagesspiegel berichtete, indem er den Chef der dem ZDF zuarbeitenden Produktionsfirma zitiert:
"Die Angreifer seien mit 'Totschlägern auf das Team los'. Weiter sagte er: 'Unserem Tonassistenten wurde ins Gesicht getreten – mit einer Brutalität, mit der man in Kauf genommen hat, dass es ein Mensch nicht überlebt'."
Gut vier Jahre später heißt es nun im Tagesspiegel in der Berichterstattung zum Gerichtsurteil im "Prozess gegen drei Männer und eine Frau":
"Erheblich waren auch die psychischen Folgen. Einer der Verletzten berichtet seitdem nicht mehr von derartigen Veranstaltungen. Der Angriff sei das 'Zünglein an der Waage' für diese Entscheidung gewesen, schilderte der 63-Jährige im Prozess. Er habe einen Schlag auf den Hinterkopf erhalten. Als er am Boden lag, wurde er getreten. Ein 52-Jähriger sagte zu seinen Verletzungen: 'Nase kaputt, Ohr verletzt, Prellungen'. 20 Minuten lang war er bewusstlos."
"Rund zwei Minuten lang droschen die Täter und Täterinnen auf das ZDF-Team ein. Bis eine der Frauen das Flucht-Signal gab".
Irritierend bis schockierend ist nach den vorliegenden Leidensschilderungen der Opfer und der damit nachweislichen Brutalität der Täter der juristische Ablauf des Gerichtstages. Zuerst erfolgte eine ungewöhnliche Vorverlegung des anberaumten Termins vom 15. auf bereits den 8. Januar. Der vermeintliche Grund seien "organisatorische Gründe". Unisono wird in verschiedenen Medien und Zeitungen in der Berichterstattung wörtlich dargelegt:
- Tagesspiegel: "Für Johannes F. sagte seine Verteidigerin, er hoffe, dass die Betroffenen 'ihre Pressearbeit ohne Einschränkungen fortsetzen können'. Er habe leider (sic!) gedacht, dass es sich bei den Personen um Rechtsradikale handelte."
- Berliner Zeitung: "Vermummte überfielen in Berlin während einer Corona-Demo ein ZDF-Team, weil sie die Journalisten angeblich für Rechte hielten. Ein kurzer Prozess: Nach drei Stunden steht das Urteil."
- RBB: "Die zwei Männer aus Berlin sowie das Geschwisterpaar aus Baden-Württemberg hatten zuvor gestanden, am 1. Mai 2020 auf das Fernsehteam eingetreten und eingeschlagen zu haben. Nach ihren Angaben handelte es sich um eine Verwechslung. Sie seien davon ausgegangen, dass die Angegriffenen der rechtsextremen Szene angehörten.
Für die Ermittlungen waren demnach "Videoaufnahmen ausgewertet und DNA-Proben analysiert" worden. Das Urteil lautet: "Alle erhielten zwei Jahre Haft auf Bewährung. Zudem sollen sie jeweils 5.000 Euro Buße zahlen". Auffällig ist bei alledem, dass keines der berichtenden Medien in den Artikeln die Begriffe "Linksextremisten", "linke Szene" oder "Antifa" benutzt.
Ein Welt-Artikel vom 9. Januar erweitert sogar das Angriffsfeld potentieller Opfer, die ursprünglich laut Vermehmungsprotokollen von dem Schlägertrupp anscheinend anvisiert waren (Bezahlschranke). So bemerkte der Staatsanwalt:
"Politischer Diskurs dürfe nicht mit 'Schlägen und Tritten' geführt werden. Selbst wenn die Angeklagten ihre anvisierten Opfer verwechselt hätten, etwa das Reporterteam von 'Russia Today' attackieren wollten, sei dies nicht 'weniger verwerflich' (sic)."
Und wie nennt man dann genau die Menschen, die gerne und bewusst sogenannte "Rechte" oder (russische) Journalisten und Techniker brutal attackiert hätten? Wie wäre dann wohl das Urteil ausgefallen, bei vermeintlich "richtig zugeordneten" Opfern?
Die ARD-Tagesschau nutzt im X-Posting zum Urteil allen Ernstes den Hashtag "Querdenker". Den journalistischen Vogel des jungen Jahres schießt dagegen die Redaktion beim Tagesspiegel ab. Der Artikel ist allerdings mittlerweile "korrigiert", und gelöscht wurde somit diese Originalfassung:
Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands, Frank Überall, teilte im Mai 2020 seine Einschätzung zum Ereignis mit: "Das war ein feiger und durch nichts zu rechtfertigender Überfall auf Journalisten, die ihrer Aufgabe der Berichterstattung nachgekommen sind. Ich hoffe, dass die Attacke gründlich aufgeklärt wird und die Täter juristisch zur Verantwortung gezogen werden".
Es handele sich "um einen Angriff auf die Pressefreiheit". Gründlich aufgeklärt? Wohl nicht wirklich. Volle Verantwortung der Täter? Auch nicht wirklich. Eine Entschuldigung und ein juristischer Deal reichten aus. Das Wort "Verwechslung" ist ein erneuter unfassbarer Verbalschlag gegen den Kopf der Opfer. Dass etablierte Medien eine Erwähnung und Einordnung sogenannter linker Täter und Akteure im Hintergrund unterlassen, auch in Bezug auf die fragliche Rolle staatlicher Ebenen, ist zudem ein Angriff auf die journalistische Sorgfaltspflicht.
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