Meinung

Tränen, Tränen, Tränen: Erst Kirby – jetzt Baerbock

"Außenministerin kämpft in Israel mit den Tränen", titelt die Bild-Zeitung, und sie schluchze vor der Presse, das sei "das Schlimmste, was man Menschen antun kann". Und alle, alle sollen wir jetzt so fühlen wie Baerbock. Das Außenamt als Rührstück.
Tränen, Tränen, Tränen: Erst Kirby – jetzt BaerbockQuelle: www.globallookpress.com © Florian Gaertner

Von Dagmar Henn

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock dürfte, wenn ihre Amtszeit endlich endet, einen gewaltigen Flurschaden hinterlassen haben. Ihre "feministische Außenpolitik" könnte dafür sorgen, dass für längere Zeit niemand mehr eine Frau in diesem Ministersessel sehen will. Dabei ist sie keine Frau, sie ist ein Weibchen; eine Karikatur des Weiblichen ebenso sehr wie eine Karikatur eines Ministers.

Es ist verständlich, dass ihr ihr israelischer Kollege besonders schreckliche Bilder vom Angriff der Hamas zeigt. Er verfolgt schließlich ein bestimmtes Interesse. Es ist nicht verständlich, dass die deutsche Außenministerin nicht den Verstand aufbringt, zu begreifen, dass das eben nur jener Teil der Wahrheit ist, der diesem Interesse nützt. Und wenn sie dann noch vor die Presse tritt und "mit den Tränen kämpft" und bei dieser Gelegenheit betont, dass sie das als Mutter ganz besonders mitnehme, dann beginnt man selbst an ihrer Qualifikation für die Mutterschaft zu zweifeln.

Denn auch gegenüber jenen, die man liebt und zu beschützen sucht oder suchen sollte, den eigenen Kindern, ist diese Art Gefühligkeit, diese demonstrative Betroffenheit, völlig fehl am Platz. Wenn das eigene Kind verletzt ist oder traurig, dann hat es nichts davon, wenn sich die Mutter heulend danebensetzt und schluchzt, wie schlimm das doch alles sei und wie sehr sie das mitnehme. Wenn das Kind blutet, ist es die Aufgabe der Mutter, es zu verbinden oder in schlimmen Fällen zum Arzt zu bringen, nicht, möglichst viele Tränen aus den Augen zu quetschen. Diese Reaktion dient nämlich nur der Selbstbestätigung. Verantwortung sieht anders aus.

Verantwortung ist aber das, was man von Außenministern erwarten muss, und keine oscarreifen Darstellungen ostentativen Sekundärleids. Der Verstand, wenn sie ihn besäße, müsste ihr sagen, dass die Bilder toter Kinder aus Chan Yunis oder Gaza nicht anders aussehen, nicht weniger Leid zeigen und nicht weniger Anspruch auf Aufmerksamkeit haben. Wer auf diese Weise für eine Seite Partei bezieht, zeigt damit automatisch, dass er zwischen wertvollen und weniger wertvollen Menschen unterscheidet.

Sicher, die Bild-Zeitung ist bei allem, was nur entfernt mit Israel zu tun hat, nie auch nur ansatzweise neutral. Aber es ist nicht anzunehmen, dass sie Baerbocks Auftritt noch weiter emotional aufladen musste. Schließlich fährt sie ihre Weibchen-Nummer überall.

Nein, das stimmt nicht. An die Orte, die ihr wohlgeordnet transatlantisches Melodrama durcheinanderbringen könnten, fährt sie nämlich gar nicht erst. In Donezk wurde sie noch nie gesichtet. Auch nicht in einem palästinensischen Krankenhaus, obwohl sie da genügend Kinder finden könnte, die ihr die Tränen in die Augen treiben. Das Betroffenheitstheater ist wohl berechnet; nichts daran ist Zufall, sie begibt sich an die passenden Orte und liefert die gewünschte Emotion, als Zarah Leander der deutschen Außenpolitik.

In anderen historischen Phasen wäre das nur eine schmerzhafte Peinlichkeit, ein personeller Ausrutscher, den man durchleidet und danach so schnell wie möglich vergisst. Aber diese Theatralik ist leider nur die Oberfläche der Bösartigkeit; ihr Gesicht in der Bundestagsdebatte zu Israel ließ erkennen, dass sich die innere Bosheit trotz Visagistin langsam an die Oberfläche frisst.

Mit ein wenig Ahnung von der globalen Lage ist es nicht allzu schwer zu erkennen, dass eine derart blinde Identifikation nicht einmal der israelischen Bevölkerung hilft, selbst wenn die Regierung Netanjahu für das Rührstück dankbar sein dürfte. Sicher, eine Annalena Baerbock besitzt niemandem gegenüber Autorität; das garantiert nicht nur ihr Weibchen-Schema, sondern auch der deutsche Statusverlust nach Nord Stream. Aber jemand mit Verstand und Würde könnte dennoch wenigstens beide Seiten zum Frieden ermahnen und zur Einhaltung der Genfer Konvention.

Baerbock aber hat nur dann die Kraft zum Widerspruch, wenn sie Fanatismus mobilisieren kann. Sie ist im Kern schwach. Was wiederum mit Feminismus gar nichts zu tun hat. Wirklich gar nichts. Sie ist ein Luxusweibchen, das zwischen Unterwerfung und Hysterie schwankt. Und das bisschen Ratio, das sie aufzutreiben imstande ist, kennt nur ein Ziel, ein einziges: die eigene Macht.

Als das einmal anfing mit dem Betroffenheitsfimmel, schien das ein Gegengewicht zur technokratischen Politik zu sein, eine Wiedervermenschlichung. Aber das, was am Ende herausgekommen ist und sich in Baerbock verkörpert, ist die komplette Ersetzung politischen Anspruchs durch melodramatische Inszenierung. Für Baerbock sind politische Autoren nicht mehr zuständig; da braucht es Theaterkritiker.

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