Meinung

Die USA verraten ihre eigenen Prinzipien, um das Chaos in Syrien aufrechtzuerhalten

Washington hat in der Vergangenheit Sanktionen als Knüppel eingesetzt, um seine Lieblingsterroristen dazu zu bringen, seine Drecksarbeit zu erledigen. Jetzt hat Washington zwei "Oppositionsgruppen" wegen "Menschenrechtsverletzungen" sanktioniert.
Die USA verraten ihre eigenen Prinzipien, um das Chaos in Syrien aufrechtzuerhaltenQuelle: www.globallookpress.com © Daniel Karmann/dpa

Von Rachel Marsden

In den guten alten Zeiten, als sich nur wenige Bürger in den USA sich um die von Washington unterstützten Stellvertreterkriege am anderen Ende der Welt gekümmert hatten, war der Sündenbock des Tages der syrische Präsident Baschar al-Assad gewesen. Alle paar Tage hatten wir von einem westlichen Staatschef gehört, dass "Assad gehen muss", während Washington Milliarden von Dollar an Bargeld und Waffen ausgegeben hatte, um ihn zu stürzen – und damit gescheitert war. Dieses Scheitern ist zu einem großen Teil der russischen Militärhilfe für Syrien zu verdanken.

Nachdem Assad an der Macht hatte bleiben können, verschwand er vom Radar des Westens – bis jetzt. Jetzt, wo Syrien kurz davor steht, die Beziehungen zu seinen Nachbarn im Nahen Osten zu normalisieren, einschließlich der Wiederaufnahme grundlegender Beziehungen zu Saudi-Arabien, das einst die Bemühungen der USA unterstützt hatte, Assad zu stürzen. Jetzt, da der Nahe Osten kurz vor dem Frieden steht, kommt in Washington wieder Bewegung in die Syrien-Frage.

Die Regierung von Joe Biden hat eben erst "bewaffnete syrische Oppositionsgruppen" sanktioniert, die in Nordsyrien operieren, dort, wo sich alle Hilfstruppen der USA rumtreiben, darunter die Kurden und die militanten Gruppen, die früher als "syrische Rebellen" bekannt gewesen waren. Am 17. August zeigte sich das US-Finanzministerium in seiner Sanktionsankündigung "besorgt" und verwies auf die Notwendigkeit, "den Frieden, die Sicherheit, die Stabilität und die territoriale Integrität Syriens" zu schützen. Oder zumindest den territorialen Teil Syriens, in dem sich das Öl befindet und über den der eigentliche syrische Präsident so wenig Kontrolle hat, dass gestohlenes Öl unter dem Schutz von US-Militärfahrzeugen ungehindert über die Grenze in den Irak transportiert werden kann.

Türkei kontrolliert "syrische Rebellen"

Nachdem der ehemalige US-Präsident Donald Trump erkannt hatte, dass für die USA in Bezug auf Syrien einzig und allein das Öl zählt, warf er den Syrienkonflikt in den Schoß der Türkei und hörte auf, den IS zu erwähnen. Erinnert sich noch jemand an die? Heute kontrolliert die Türkei diese "syrischen Rebellen" – auch jene, die jetzt von Washington sanktioniert wurden: die Sulaiman-Schah-Brigade und die Hamza-Brigade. Das ergibt Sinn, wenn man bedenkt, dass die USA den NATO-Verbündeten Türkei als Aufmarschgebiet für die Ausbildung derselben Dschihadisten genutzt hatten, als diese noch vom Westen unterstützt worden waren.

Einige Washingtoner Regierungsbeamte zeigten sich besorgt über die Auswirkungen, die Trumps Delegierung des Syrienkonflikts an die Türkei auf das Schicksal der mit den USA verbündeten Kurden haben könnte, die Ankara als Staatsfeinde betrachtet – derselben Kurden, die für die USA die strategische und ölreiche Region Syriens verteidigen. Und jetzt hängen beide Gruppierungen dort herum und kämpfen gegeneinander, während das US-Finanzministerium "Menschenrechtsverletzungen" geltend macht.

Es scheint, dass sich Washington nur dann um die Syrer Sorgen macht – oder sie überhaupt als ein Volk betrachtet –, wenn sie sich für die Zwecke der wirtschaftlichen Ausbeutung geeignet machen. "Die Vereinigten Staaten sind entschlossen, die Fähigkeit des syrischen Volkes zu unterstützen, ohne Angst vor Ausbeutung durch bewaffnete Gruppen und ohne Angst vor gewaltsamer Unterdrückung zu leben", verlautbarte der Unterstaatssekretär für Terrorismus und Finanzaufklärung beim US-Finanzministerium Brian Nelson. Wenn das wirklich der Fall wäre, hätte Washington zuvor nicht bewaffnete Gruppierungen dazu benutzt, den syrischen Präsidenten zu stürzen und dem syrischen Volk einen jahrzehntelangen Krieg aufzuzwingen.

Treffen zwischen US-Delegation und "Weißhelmen"

Nur wenige Tage nach der Verhängung der US-Sanktionen traf eine Delegation von US-Kongressabgeordneten der republikanischen Partei in Syrien ein. Angesichts des Respekts, den Washington der nationalen Souveränität Syriens entgegenbringt, können wir sicherlich davon ausgehen, dass diese Delegation die Erlaubnis der syrischen Regierung hatte, ins Land einzureisen, nicht wahr? Dies muss wohl der Grund gewesen sein, warum sie durch die Hintertür, über die Türkei, in den von den "Rebellen" kontrollierten Teil des Landes eingereist sind und sich dort Berichten zufolge lediglich 30 Minuten lang aufhielten. Aber sie hatten zumindest Zeit, sich mit Mitgliedern der "Weißhelme" zu treffen, dieser NGO, die ein unheimliches Talent dafür gezeigt hatte, während des gesamten Krieges ungehindert in von Al-Qaida kontrollierten Gebieten zu operieren. Obendrauf hatte sie dann auch noch einen Oscar für einen preisgekrönten Dokumentarfilm über ihre Organisation und ihre "Arbeit" gewonnen.

Das Trio der Kongressabgeordneten Ben Cline, Scott Fitzgerald und French Hill traf sich zudem auch mit Vertretern der "Opposition", wobei unklar ist, mit welchen. Aber die meisten dieser "Oppositionellen", die in dieser Region operieren, stehen mit jenen Gruppierungen in Verbindung, die jetzt auf Washingtons Sanktionsliste gelandet sind – von den designierten Terroristen der kurdischen PKK bis hin zu den türkisch kontrollierten und ehemals von den USA unterstützten syrischen Rebellen.

Aber vielleicht waren die Kongressabgeordneten einfach nur verwirrt. Denn wann hat man das letzte Mal gehört, dass ein westlicher Regierungsbeamter die PKK als Terrororganisation bezeichnet hätte, die Ankara für Zehntausende Todesopfer verantwortlich macht? Obwohl diese Gruppierung auch von der EU sanktioniert wird, operiert sie seit 1986 ungestraft innerhalb Schwedens. Einige ihrer Mitglieder werden verdächtigt, an der Ermordung eines schwedischen Ministerpräsidenten beteiligt gewesen zu sein, der es abgelehnt hatte, Schweden als Operationsbasis für antitürkische Operationen zu missbrauchen. In der Folge kam die schwedische Politik dann kurzerhand zum Schluss, dass es das Beste wäre, so zu tun, als ob diese Gruppierung in Schweden nicht existent wäre, anstatt sich allzu viel Kopfzerbrechen zu bereiten. Seitdem blieben die Augen gegenüber den verschiedenen kriminellen Aktivitäten dieser Gruppierung verschlossen, mit denen sie ihre antitürkischen Operationen finanzieren.

USA brauchen erneut "Drecksarbeiter"

Das plötzliche Auftauchen der republikanischen Kongressabgeordneten in Syrien erinnert an verschiedene neokonservative republikanische Spitzenpolitiker aus früheren Regierungen, die erhebliche Rednerhonorare eingestrichen hatten, um auf Kundgebungen der oppositionellen iranischen Volksmudschahedin zu sprechen. Diese Gruppierung war bequemerweise kurz zuvor von der Terroristenliste des US-Außenministeriums gestrichen worden und anschließend vom Westen normalisiert. Seither wird sie als eine Art "Opposition in Reserve" genutzt, um einem Regimewechsel im Iran Vorschub zu leisten. Wer kann es diesen Kongressabgeordneten somit verübeln, dass sie mittlerweile den Überblick darüber verloren haben, wer Terrorist und wer Freiheitskämpfer ist?

"Was Syrien meiner Meinung nach braucht – und was auch die USA brauchen –, ist US-Führung", sagte der Kongressabgeordnete Hill und machte Biden dafür verantwortlich, dass er es versäumt habe, die Einfuhr illegaler Drogen aus Syrien zu stoppen und damit Assad reich zu machen. Offensichtlich hat er kein Problem damit, dass gestohlenes syrisches Öl die USA reich macht. Mit anderen Worten: "Steh auf und fang wieder an, gegen Assad das zu tun, was die USA von dir verlangen." US-Führung bedeutet, jemanden erfolgreich zu bestechen oder zu schikanieren, damit er die Drecksarbeit für einen erledigt.

Da die USA nun erneut "Drecksarbeiter" brauchen, um eine bevorstehende Annäherung Syriens an seine Nachbarn zu verhindern, wie bald können wir mit einer Ankündigung über die Streichung gewisser Gruppierungen von der Terroristenliste der USA rechnen, im Austausch dafür, dass sie dem Willen Washingtons folgen und erneut gegen Assad vorgehen?

Die Tatsache, dass Syrien wieder auf dem Radar des Westens erschienen ist, und der Besuch der ersten hochrangigen US-Delegation seit jenem des Kriegstreibers Senator John McCain im Jahr 2017 deuten stark darauf hin, dass Washington sich Sorgen über die Möglichkeit einer friedlichen Einheit im Nahen Osten macht – insbesondere unter Teilnahme eines verbündeten Russland.

Übersetzt aus dem Englischen.

Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, politische Strategin und Moderatorin eines unabhängig produzierten französischsprachigen Programms, das auf Sputnik France ausgestrahlt wird. Ihre Webseite findet man unter rachelmarsden.com.

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