Meinung

Afrikanische Putsche enthüllen und entwirren ein Netz westlicher Einmischung

Angebliche ausländische Einmischung in die französischen Wahlen führt zu Anklagen gegen einen Ex-Präsidenten, während in einer anderen ehemaligen Kolonie ein Putsch stattfindet.
Afrikanische Putsche enthüllen und entwirren ein Netz westlicher EinmischungQuelle: www.globallookpress.com © Panoramic

Von Rachel Marsden

Die französische Staatsanwaltschaft hat gerade den ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der 2011 die westliche Unterstützung für den Sturz des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi anführte, wegen angeblicher libyscher Finanzierung von Sarkozys Wahlkampf 2007 angeklagt

Die Zeit vergeht wie im Flug! Es scheint, als sei es erst gestern gewesen, dass der libysche Staatschef – noch lebendig – Sarkozy nach dessen Wahlsieg 2007 im Élysée-Palast besuchte und darauf bestand, es sich in einem traditionellen Beduinenzelt dort auf dem Rasen des prunkvollen Gästehauses bequem zu machen. Sarkozy selbst war erst wenige Monate zuvor – nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt – nach Tripolis gereist. Sein Sprecher nannte die Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Libyen im Kampf gegen den Terrorismus einen "langjährigen gemeinsamen Kampf". Doch der Verdacht auf Sarkozys Motive bei dem Regimewechsel in Libyen kam 2012 auf, als libysche Geheimdienstler enthüllten, dass französische Agenten in die Gefangennahme und Tötung Gaddafis im Oktober 2011 verwickelt waren und eine Vertuschung des Zusammenhangs mit Sarkozys Wahlkampf 2007 behaupteten. Auch anonyme europäische Beamte begannen, in der westlichen Presse das gleiche Lied zu singen.

Als der frühere US-Präsident Barack Obama im Jahr 2009 sein Amt antrat, sagten Pariser Insider, dass Obama angesichts seiner Konzentration auf die Eindämmung Chinas einen Großteil Afrikas an die Franzosen und Briten delegierte – die prompt alles vermasselten. Und Obama sprach noch 2016 über diese Fehler, als er in einem Interview mit The Atlantic sagte, dass er "angesichts der Nähe Libyens mehr Vertrauen in die Europäer hatte, die in die Folgemaßnahmen investiert hatten", und zwar nach dem von Frankreich und Großbritannien unterstützten Putsch gegen Gaddafi.

Obama betonte in demselben Interview, wie einfach es war, "Frankreichs Beteiligung auf eine Weise zu erkaufen, die es für uns weniger teuer und für [die USA] weniger riskant machte" – indem man Sarkozy erlaubte, die Lorbeeren für den Staatsstreich zu ernten. Dabei scheint auch die Idee relevant zu sein, dass Frankreich oder vielmehr ein französischer Präsident "gekauft" werden könne. 

Jene Ereignisse in Libyen sollten auch Fragen zum jüngsten Staatsstreich in Gabun und die Rolle Frankreichs bei der Schaffung der Bedingungen dafür aufwerfen, die letztendlich zu diesem Staatsstreich führten. 

Wie schon bezüglich Libyen und Gaddafi schien Sarkozy auch eine merkwürdige Fixierung auf Gabun zu haben. Denn zwischen seiner Wahl Mitte 2007 und Februar 2010 besuchte er das Land dreimal, unter anderem kurz nachdem Ali-Ben Bongo 2009 nach dem Tod seines Vaters Omar mit 42 Prozent der Stimmen die Macht übernommen hatte. Etwas seltsam für einen französischen Präsidenten, da noch sein Vorgänger Jacques Chirac – der Afrika so sehr liebte, dass er ihm zu Ehren das Musée du Quai d'Orsay errichtete – dessen mangelndes Interesse an dem Kontinent beklagt hatte.

"Das Hauptanliegen meiner Reise ist es, die Loyalität zu bekräftigen. Ich möchte zeigen, dass Frankreich treu ist", sagte Sarkozy im Jahr 2010 während eines dieser Besuche beim neuen Präsidenten von Gabun, Ali-Ben Bongo Ondimba. Nach den neuen Korruptionsvorwürfen scheint es, als ob die französische "Loyalität" im Fall Libyens direkt mit speziellen Interessen Frankreichs oder gar den persönlichen des französischen Präsidenten verbunden war. Und einigen Berichten zufolge könnte dies auch in Gabun der Fall sein. 

Im Dezember 2010 berichtete The Guardian unter Berufung auf ein von WikiLeaks veröffentlichtes Telegramm der US-Diplomatie vom Juli 2009, dass der damalige Präsident Omar Bongo Ondimba und andere Beamte in Gabun Milliarden von Geldern aus den zusammengefassten Reserven von sechs afrikanischen Ländern bei der Zentralafrikanischen Zentralbank (BEAC) veruntreut hätten, "um sich selbst zu bereichern, und auf Bongos Anweisung Gelder an französische politische Parteien weitergeleitet haben, auch zur Unterstützung des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy".

Wenn man all diese besonderen Interessen und Machenschaften in Betracht zieht, fällt es schwer, die heutigen französischen Erklärungen zu den Putschen in Afrika für bare Münze zu nehmen.

Frankreich "verurteilt den Militärputsch, der in Gabun im Gange ist", sagte der Regierungssprecher Olivier Véran Anfang dieser Woche, als Militäroffiziere die ehemalige französische Kolonie übernahmen, so wie es kürzlich erst in Niger, Mali, Guinea, Burkina Faso und Tschad geschah. Ein weiterer großer Erfolg für eine weitere französische Militärmission zur Stabilisierung, diesmal mit 400 "ständigen" Truppen im Lande. Oder vielleicht doch nicht so dauerhaft. Vielleicht ist die Dreistigkeit, jede ausländische Präsenz als permanent zu betrachten, ein nicht unerheblicher Teil des Problems.

Besonders interessant an der Empörung in Paris über den Putsch gegen Bongo ist, dass den Franzosen die Demokratie – oder der Anschein davon – völlig egal zu sein schien, solange Bongo an der Macht blieb. Bei den jüngsten Präsidentschaftswahlen, die von der Opposition in Gabun als gefälscht bezeichnet wurden und den Putsch auslösten, waren nicht einmal internationale Beobachter anwesend. Offenbar hatte der Westen einfach keine Lust, welche zu schicken. Es ist ja nicht so, dass sie nicht wussten, dass die Gefahr eines Betrugs groß war. Die Washingtoner Nichtregierungsorganisation Freedom House bewertet das Land mit einer glatten Null, wenn es um die Frage geht, ob der "derzeitige Regierungschef oder eine andere führende nationale Autorität" in freien und fairen Wahlen gewählt worden sei.

Der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Beziehungen des US-Senats, Senator Bob Menendez (ein Demokrat aus New Jersey), erklärte, er sei "zutiefst besorgt über den Militärputsch in Gabun und die Scheinwahl, die ihm vorausging". Aber offenbar war man in Washington, D.C. nicht besorgt genug, dass sie Gabun auf dem Radar von "Freiheit und Demokratie" beobachtet hätten – bis zur vorigen Woche jedenfalls. 

Warum also kümmert sich der Westen erst jetzt darum? Nun, der Bongo-Clan – Ali-Ben [Alain Bernard], der seit 2009 an der Macht ist, und sein Vater Omar [Albert-Bernard] davor – galt als fest im westlichen Stall verankert. Vor allem französische multinationale Unternehmen wie TotalEnergies und Eramet haben die Energie und die Bodenschätze des Landes ausgebeutet – insbesondere Mangan, das für die Stahlproduktion unerlässlich ist und vom Westen als entscheidend angesehen wird. 

In Wahrheit beschweren sich Frankreich und der Westen immer nur dann über den Mangel an Demokratie in "ihrem" afrikanischen Revier – oder anderswo –, wenn sie befürchten, dass die jeweilige neue Führung eine weitere ihrer Blankogutscheine zerreißen oder an jemand anderen weiterreichen könnte.

Übersetzt aus dem Englischen.

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