"Katholizisierung" der Ukraine: Die NATO als der starke Arm des Vatikans
Von Elem Chintsky
Das in den vergangenen zwölf Monaten umkämpfte Schicksal des Kiewer Höhlenklosters ist immer noch in arger Ungewissheit. Am 4. Juli sollte es wieder so weit sein, dass eine endgültige Räumung des Klosters erzwungen werde.
Ukrainische Staatsbedienstete haben damit gedroht, die Mönche an Händen und Füßen hinauszuzerren, wenn sie das Kloster nicht aus freien Stücken verlassen und den Prozess der Beschlagnahme des Eigentums nicht länger behindern. Am Morgen traf eine Sonderkommission ein – mit der Absicht, die Gebäude zu versiegeln. Anwesende Gläubige leisteten Widerstand, obwohl auch viele Provokateure anwesend waren, die versuchten, eine Gemengelage auszulösen, die polizeilichen Eingriff stimuliert hätte. Vorerst vergebens.
Der Gemeindevorstand der Ukrainisch-orthodoxen Kirche im Höhlenkloster beteuert, dass diese "Sonderkommission" gesetzlos handelt – eine Prüfung vor einem ukrainischen Gericht ist noch im Prozess, ohne dass man darauf enorme Hoffnungen setzten dürfte. Selbst die Belarussisch-Orthodoxe Kirche bot kürzlich den gefährdeten Mönchen des Kiewer Höhlenklosters Asyl bei sich an.
Am 6. Juli erfolgte ein weiterer Anlauf der Selenskij-hörigen "Sonderkommission" und ihrer willigen Vollstrecker, viele Räumlichkeiten des Höhlenklosters doch abzuriegeln, womit die Mönche dort de facto auch ihres Lebensraumes beraubt wurden.
Am Sonntagmorgen, den 9. Juli, ereilte die ukrainisch-orthodoxe Gemeinde ein Tauwetter, als im Rahmen des Gottesdienstes über 300 Gläubigen doch der Zugang zum Höhlenkloster gewährt wurde. Die Kiewer Polizei kontrollierte den Einlass streng und vollzog für jeden einzelnen eine Ausweiskontrolle.
Dies sind lediglich die jüngsten Kapitel der von der NATO unterstützten feindlichen "Firmenübernahme", mit der das Eigentum des Höhlenklosters und die jahrhundertelange Präsenz im Höhlenkloster durch die Ukrainisch-orthodoxe Kirche (ehemals unter Moskauer Patriarchat) an die progressive, prowestliche, NATO-genehme, dem Katholizismus untergebene "Orthodoxe Kirche der Ukraine" transferiert werden soll.
Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche, die seit Februar 2022 vom Kiewer Regime offen unterdrückt und einer "Kollaboration mit Moskau" beschuldigt wird, ist die rechtmäßige Gemeinde im Kiewer Höhlenkloster. Präsident Selenskij plant, das Kloster an die 2018 neu geschaffene, NATO-genehme und um nur eine Ecke dem Katholizismus untergebene Orthodoxe Kirche der Ukraine zu transferieren.
Außerdem solle sich Kiew mit der UNESCO bereits abgestimmt haben, Wertgegenstände und Kulturschätze des Höhlenklosters an europäische Museen zu übergeben, da man "russischen Raketenbeschuss" befürchte.
Friede, Freude, Eierkuchen – der harmlose Pontifex maximus
Papst Franziskus hatte am 30. Juni Delegierte des Konstantinopeler Patriarchats in einer Privataudienz im Vatikan empfangen – der Anlass war das Fest der Heiligen Petrus und Paulus, aber besprochen wurde der katholisch-orthodoxe Dialog im Kontext des Ukrainekrieges.
Alle, auch der Papst, waren sich einig, dass jede Art von Krieg eine menschliche Katastrophe darstelle. Gleichzeitig sprach Franziskus von "kreativen Anstrengungen", um den Frieden im Land zu erreichen. Auf gewisse Art rannten die Delegierten des Konstantinopeler Patriarchats beim Bischof von Rom offene Türen ein, denn die Gäste des Papstes sind – seit dem Konzil von Florenz (1431–1449) und der "Union", der sie damals aus Not einwilligten – ohnehin der päpstlichen Vorherrschaft in allen Dingen verpflichtet. Ein wirklicher "katholisch-orthodoxer Dialog" also wird es erst sein, wenn sich der Papst und der Patriarch von Moskau und der ganzen Rus auf neutralem Gebiet treffen.
Es war nämlich die Russisch-Orthodoxe Kirche, die noch bis ins Jahr 1448 als Diözese des Konstantinopeler Patriarchats galt, sich dann aus dieser Abhängigkeit loslöste, da die spürbare Annäherung der geistlichen Vorgesetzten aus Konstantinopel an Rom bereits absehbar war. Konstantinopel wurde dann von Rom im Stich gelassen und kurz darauf vom Osmanischen Reich erobert, während Moskau als letzte unabhängige, byzantinisch-christliche Bastion von vielen orthodoxen Gemeinden als das "Dritte Rom" betrachtet wurde.
Papst Franziskus erläuterte bei dem Dialog außerdem, dass "wir heute aufgerufen sind, gemeinsam nach einem Weg zur Verwirklichung des Primats zu suchen, der im Kontext der Synodalität der Gemeinschaft der Kirche auf ökumenischer Ebene dient". Mit "Primat" meint der früher als Jorge Mario Bergoglio bekannte, aktive Jesuit die "päpstliche Vorherrschaft" innerhalb der Ökumene.
Die ökumenische Bewegung hingegen ist eine – besonders in den letzten 50 Jahren als Soft-Power-Ansatz bekannte – Langzeit-Strategie, mit der man alle abtrünnigen christlichen Denominationen und "Schwester-Kirchen" zurück unter die Fittiche der Mutterkirche Roms bringt. Um dieses mühselige Ziel der Zurückführung in den Einfluss der römisch-katholischen Kirche zu gewährleisten, wird die Ökumene in weltlichen Massenmedien und staatlicher Bildung stets als Fest der Völkerverständigung, des konstruktiven Pluralismus, der Religionsfreiheit und auch eines immer liberaler werdenden Schein-Egalitarismus dargestellt – an dessen Spitze "rechtmäßig" der päpstliche Thron und das "Primat" vorzufinden sein sollte.
Der Pontifex maximus meinte in einer klugen und versöhnlichen Rhetorik:
"Wir sollten nicht denken, dass die Vorrechte, die der Bischof von Rom in Bezug auf seine eigene Diözese und die katholische Gemeinschaft genießt, auf die orthodoxen Gemeinschaften ausgedehnt werden. Wenn wir im Glauben und in der Liebe vollständig vereint sind, muss sich die Form, in der der Bischof von Rom sein Amt der Gemeinschaft in der Kirche auf universaler Ebene ausübt, aus der untrennbaren Beziehung zwischen Primat und Synodalität ergeben."
Zu oft wurde dieser Prozess der epochalen Salami-Taktik in den letzten tausend Jahren wiederholt, als dass die Worte des Papstes Franziskus plötzlich nicht mehr auf denselben pragmatischen Machtwunsch abzielen, wie es all die Reden über "Frieden, Einheitlichkeit und Friedfertigkeit" seiner Vorgänger taten. Offiziell sind doch die Entsandten des Konstantinopeler Patriarchats de jure und de facto bereits seit Jahrhunderten Mitglieder seiner "päpstlichen Diözese" – und somit Subjekte seines katholischen, universellen "Primats". Das Primat "verschwindet" nicht im Rahmen eines erreichten Kompromisses. Seiner harmlosen Formulierung entnimmt man, dass seine "orthodoxen" Gäste gar nicht seiner "Diözese" angehörten – dabei tun sie es schon seit über 500 Jahren.
Jede neue "Union" zeigt lediglich einen Katalog der Zugeständnisse seitens der neu akquirierten Gemeinde-Gebiete im Osten – Rom selbst pocht dabei stets und stur auf den Imperativ seines Primats. Demnach hatte Franziskus nur der Medienwirksamkeit wegen seine Gäste auch als legitime Vertreter der "orthodoxen Kirche" beziehungsweise der "Synodalität" bezeichnet.
Der multidimensionale Scharfsinn des Westens
Wenn man mit dem naiven, westlichen Credo, dass heute Kirche und Staat vollends getrennt sind, blauäugig durchs Leben zieht, verpasst man große kulturanthropologische Katalysatoren für kirchliche Verfolgung im Hier und Jetzt. Die Verfolgung der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche durch das NATO-Regime Selenskijs in der heutigen Ukraine ist ein aktuelles Kapitel in einer jahrhundertelangen, tragischen Erzählung von Macht und Glauben in Osteuropa. Des Weiteren läuft man Gefahr einer Banalisierung und groben Vereinfachung der religiös-politischen Prozesse dort.
Die Geschichte der kirchlichen Konflikte in der Ukraine ist gespickt mit einem monumentalen Hin und Her, wobei oft die jeweils offensive Seite mehr Einflussraum einnahm, als vom Volkswillen vor Ort gewünscht war. Was heißt das alles? Mal hat die römisch-katholische Kirche mehr abgebissen, als sie kauen konnte, und damit Diskriminierung und Verfolgung verursacht. Mal war es Moskau, das "zu weit gen Westen" vorgedrungen ist und kulturell katholische oder griechisch-orthodoxe Gemeinden mit Konversionsversuchen strapazierte.
Im Rahmen einer machtpolitischen Ratio, die im Westen kaum bekannt ist, hatte Josef Stalin ab dem 17. September 1939 einen Pufferraum zum bald offen feindlichen Nazi-Deutschland Hitlers schaffen können. Der "Hitler-Stalin-Pakt", unter dem das geschah und als der er gerne von westlichen Historikern rezitiert und isoliert hervorgehoben wird, war der letzte von einer Reihe von Nichtangriffsverträgen. Die 2. Polnische Republik (1919–1939), die unter der freimaurerischen Militärdiktatur von Józef Piłsudski stand, hatte schon fünf Jahre zuvor (Januar 1934) mit Adolf Hitler ihren eigenen "Pakt" geschlossen.
Mit dieser Grenzausweitung nach Westen, kamen für Stalin Regionen unter sowjetischen Einfluss, die entweder nie oder lange nicht mehr (seit dem 16. Jahrhundert) zur russischen Orthodoxie gehörten. Unter anderem Galizien und Ostpolen fielen unter diese Gebiete. Dort waren der römische Katholizismus sowie – weiter östlich davon – die ebenfalls gänzlich dem römischen Pontifex maximus untergebene griechisch-orthodoxe Kirche mehrheitlich vertreten. Letztere war ein Gebilde eines vorübergehenden Sieges des Vatikans in Osteuropa durch die Brester Union von 1594 – also 150 Jahre nach dem oben erwähnten Konzil von Florenz.
Damals hatten sich viele östlich-orthodoxe Gemeinden "bereit erklärt", Moskau und seinem Patriarchat den Rücken zu kehren, während sie weitestgehend ihren byzantinischen Ritus – also die Ästhetik ihrer orthodoxen, rituellen Gepflogenheiten – beibehalten durften. Die einzige Bedingung war, dem Papst den Treueschwur zu leisten. Das kann aber nur im heutigen, atheistisch-säkularisierten Westen, der alles Geistliche gerne in einen TikTok-Einheitsbrei zermalmt, wirklich als harmloses "Kleingedrucktes" verstanden und dargestellt werden.
Zum Zeitpunkt am Beginn des Zweiten Weltkrieges war Stalin bereits klar gewesen, dass eine eindimensionale Handhabe von Religiosität, wie es die erste Generation der Bolschewiki praktiziert hatte – also eine vollkommene Enteignung und Verfolgung der eigenen Russisch-Orthodoxen Kirche und anderer – durch ein opportunen und komplexeren Ansatz ersetzt werden müsse.
Im Jahr 1943 traf sich Stalin mit drei Patriarchen der zu dem Moment bereits dramatisch angeschlagenen Russisch-Orthodoxen Kirche in der Sowjetunion und einigte sich auf eine vom Sowjetstaat kuratierte und kontrollierte Wiederinbetriebnahme der traditionell orthodoxen Kirche in der Sowjetunion. Diese sollte auch der schrittweisen Konversion der Völker an den damaligen Peripherien des sowjetischen Einflusses dienen. Die Volksrepublik Polen war damals davon ausgenommen – zu offensichtlich und zu klar war die historische Zugehörigkeit der Polen zur lateinisch-katholischen Zivilisation. Mit der Ukraine, besonders dem Westteil, verhielt es sich da etwas anders. Hier handelte es sich plötzlich um eine historische Gelegenheit, religiösen Einfluss geltend zu machen, den man seit dem 16. Jahrhundert größtenteils verloren hatte.
Denn die Griechisch-Orthodoxe Kirche war eine hybride Erfindung des Vatikans. Vor Ort besonders stark umgesetzt durch den Geheimdienst- und Propagandaarm von Rom, den Jesuitenorden, der heute, seit dem Jahr 2013, sein allererstes Mitglied im päpstlichen Amt stellt.
Was Stalin damals mit einer durchaus historischen Rechtfertigung, aber oft fragwürdigen Methode umzusetzen versuchte, wirft man heute dem russischen Präsidenten Putin vor. Jedoch ist dieses Mal das Blatt gewendet: Putin ist nicht daran interessiert, andere zum Russisch-Orthodoxen Glauben zwangsweise zu konvertieren. Er will die durch die NATO aggressiv getriebene, territoriale Erschließung jener Gebiete aufhalten, die mehrheitlich kulturell, religiös und linguistisch russische Menschen ausmachen. Die Tatsache, dass es das NATO-gesponserte Regime in Kiew unter Selenskij ist, das hysterische und unbarmherzige Kirchenverfolgung als Politikum betreibt, sollte illustrieren, wer der Angreifer ist und wer der Verteidiger. In Russland werden weder die katholische Kirche noch jegliche protestantischen Denominationen aufgrund ihres Glaubenssystems diskriminiert. Würden sie jedoch innerhalb Russlands anfangen, politische "Aufklärungsarbeit" im Sinne westlicher Kriegspropaganda betreiben, würden sie rechtens sanktioniert werden.
Noch etwas zu dem Märchen der Trennung von Kirche und Staat im Westen. Heute kann mit Sicherheit festgestellt werden, dass auch dort keine wahrhaftige Trennung stattfindet. Die meisten Kirchen in den Vereinigten Staaten von Amerika haben sich als sogenannte "501c3 steuerbefreite religiöse Organisationen" registrieren lassen. Das bedeutet, im Extremfall müssen sich diese Gemeinden den staatlich forcierten, neuen kulturellen Normen und Werte-Updates beugen – dazu gehören die Homosexualität und die erweiterte Gender-Ideologie der LGBTQI+. Wenn sie es nicht tun, werden sie je nach Bundesstaat besteuert, bis sie kollabieren, oder sie werden wegen Hassrede verklagt und geschlossen. In der Europäischen Union ist das noch viel schlimmer, aber dort gibt es kaum mehr große christliche Denominationen, die überhaupt noch glaubhaften, kulturellen Widerstand leisten. Paradoxerweise halten sich da die katholischen Länder wie Polen und Ungarn besser über Wasser.
Im Westen wird die politische Linie Putins einer "Rückbesinnung auf christliche, konservative Werte" belächelt und als pragmatische Instrumentalisierung der im Volk vorherrschenden Kulturcodes "entblößt". Selbst wenn dem wirklich so wäre: zumindest versucht der russische Präsident nicht, einer Mehrheit eine lebensverneinende und gegenüber der Institution der Familie feindlich eingestellte Ideologie in den Rachen zu schieben. Des Weiteren bedient sich Putin in dieser Hinsicht einer signifikant größeren demokratischen Legitimation als jene, welche Brüssel zur Verfügung steht. Die Realität ist, dass Staat und Kirche sich in einem synergetischen Kräfteverhältnis befinden und eine hermetische Abriegelung voneinander nie auf Dauer möglich sein wird. Im Westen werden die Kirchen verweltlicht, verwässert und ihrer Doktrinen entledigt, in Russland dagegen läuft eine langwierige, christlich-kulturelle Einflussnahme auf den Staat und seine Regierungsdomänen – auch nicht ohne Hürden. Aber die Entwicklungen sind jeweils diametral zueinander ausgerichtet.
Zurück zu den Wurzeln des katholisch-orthodoxen Konfliktes
Es stellt sich heraus, dass einer der Gründungsväter der Brester Union von 1594 Joseph Velamin-Rutski gewesen ist – in den Jahren 1613–1637 der "Metropolit von Kiew, Galizien und ganz Ruthenien" der damaligen "Ruthenischen Unierten Kirche". Letztere gilt als Vorgängerin der ab 1990 offiziell als "Ukrainische griechisch-katholische Kirche" agierenden Gemeinde unter päpstlichen Primat in der postsowjetischen Ukraine.
Diese besondere katholische Ostkirche gilt als Blaupause für den sanften "Drang nach Osten" Roms. Velamin-Rutski wurde vom Jesuitenorden – erst in Prag, dann in Rom – ausgebildet, woraufhin er zum Katholizismus konvertierte, aber den byzantinischen Ritus beibehielt – als Tarnung während seiner ideologisch-politischen Arbeit inmitten Russisch-orthodoxer Gemeinden.
Ein weiteres Beispiel der "Katholizisierung” russisch-orthodoxer Gemeinden aus dieser Zeit ist die Belagerung des "Dreifaltigkeitsklosters von Sergijew Possad" in den Jahren 1608–1610. Es waren polnisch-litauische Streitkräfte unter der Führung des Hetmans Jan Piotr Sapieha, die versuchten, das Kloster zu erobern. Die Belagerung und Verteidigung der russisch-orthodoxen Stätte in jenen Jahren wurde zum Symbol des Heldentums der russisch-orthodoxen Mönche. Diese Prozesse wiederholten sich in den Jahren und Dekaden viele Male und rücken die gegenwärtigen, tragischen Vorkommnisse in neues, zum weiteren Verständnis nötiges Licht. Sapieha und sein Fleiß hingegen sind in die osteuropäische Geschichte eingegangen als ausgesprochen und besonders grausam gegenüber allem Russischen.
Das katholische Expansionsabenteuer der "Ruthenischen Unierten Kirche" fand sein erstes großes, vorübergehendes Ende mit den drei Teilungen Polens. Der letzte Metropolit der "Ruthenischen Unierten Kirche" in Kiew war Tadeusz Teodozy Bołbas-Rostocki. Obwohl Rostocki und Velamin-Rutski 150 Jahre trennten, genoss auch Rostocki exakt dieselbe Jesuiten-Ausbildung wie Velamin-Rutski – nämlich im Päpstlichen Griechischen Kolleg vom Heiligen Athanasius in Rom. Rostocki war der erste Pole in diesem Amt, bis das zaristische Russland unter Katharina der Großen, nach dem Jahr 1795, die Gemeinden der "Ruthenischen Unierten Kirche" vom katholischen Einfluss weitestgehend abtrennte und der strengen Aufsicht unterzog.
Heute sind die sogenannten "Uniaty", also der unierte Klerus dieser hybriden, katholischen Ostkirchen, stark damit beschäftigt, die Soldaten der Ukrainischen Streitkräfte "geistlich zu schulen" und mit dem Gedankengut vertraut zu machen.
So trafen wenige Tage vor dem "Juni-Dialog" des Papstes mit seinen "orthodoxen" Untergebenen ukrainische Offiziere in die Unierten-Kathedrale in Kiew ein, wo unter der Beteiligung von Vertretern der Abteilung für Militärseelsorge der Ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, die Gäste Unterricht zur Verbesserung der Kenntnisse über das "geistige Vermächtnis" der Unierten Kirche erhielten.
Wer sind die Jesuiten?
Eine ausführliche Erzählung über die von Ignatius von Loyola gegründete "Gesellschaft Jesu" würde diesen Text in alle Einzelteile sprengen. Der Orden wurde Mitte des 16. Jahrhunderts ins Leben gerufen, um der zu jenem Zeitpunkt bereits stark vorangeschrittenen Reformation und dem in Mitteleuropa populär werdenden Protestantismus Einhalt zu gebieten – militärisch, psychologisch und intellektuell.
Unter Kirchenhistorikern ist diese Ära bekannt als die "Gegenreformation", die die absolutistische Vormachtstellung des Katholizismus in Europa wiederherstellen sollte. Der Orden hat die Künste der Propaganda, der institutionellen Unterwanderung und des psychologischen Terrors damals verfeinert und war so lange den europäischen Monarchien genehm, solange der Orden sich nicht in weltliche, also machtpolitische Angelegenheiten einmischte und lediglich die evangelischen Häretiker angriff. Der schottische Historiker James Aitken Wylie schrieb dazu in seinem 1881 publiziertem Werk "The Jesuits: Their moral maxims, and plots against kings, nations, and churches", zu Deutsch: "Die Jesuiten: Ihre moralischen Maximen und Verschwörungen gegen Könige, Nationen und Kirchen", auf Seite 72–73:
"Als die Könige, nachdem sie [die Jesuiten] halb Europa in lutherischem und hugenottischem Blut ertränkt hatten, diesen 'schwarzen Terror' auf sich zukommen sahen mit seinem entblößten Schwert über ihren Häuptern, entdeckten sie zu ihrem Entsetzen, dass sich in der Christenheit plötzlich ein 'Orden' erhoben hatte, dessen Prinzipien schurkischer waren als alle heidnischen Präzedenzfälle. Und der, beseelt von einer Grausamkeit und bewaffnet mit einer Zerstörungskraft, die die Wut aller früheren Verwüster der Erde übertraf, der menschlichen Gesellschaft tiefere und nicht wiedergutzumachende Verwüstungen zufügen würde als alles, was Hunnen, Vandalen und Türken je angerichtet hatten. Als man sah, dass diese neuen Plünderer weder Gesetz noch Thron auf der Erde stehen lassen würden, kam es zu einer einhelligen Zustimmung der Völker und Regierungen Europas gegen die Jesuiten."
In der heutigen Geschichtsschreibung wird das so selektiv eingeordnet und durch "Framing" eingebettet, als ob lediglich im Rahmen der Reformation "protestantisch gewordene" europäische Regierungen den Jesuiten den Garaus gemacht haben – im Rahmen einer kulturellen Vergeltung für eine "gar nicht so blutige" Gegenreformation.
Dabei waren es schon zum Ende des 16. Jahrhunderts einige katholische Regierungen, wie in Frankreich (Erlass vom 20. Dezember 1594), die den zwielichtigen Orden aus ihrem Land verbannt hatten. Wörtlich wurden die Jesuiten in diesem Dekret zu "Verderbern der Jugend, Störenfrieden der öffentlichen Ruhe und Feinden des Königs und des Staates" erklärt. Eine neue Welle der Verbannungen kam nochmals 150 Jahre später mit dem Portugiesischen Reich im Jahr 1759, ein weiteres Mal in Frankreich im Jahr 1764, danach auch in Malta, Parma, dem Spanischen Reich im Jahr 1767 und Österreich-Ungarn im Jahr 1782. Wonach der Vatikan ausgesprochen widerwillig die Aktivitäten des Ordens "herunterregelte", ohne ihn ganz aufzulösen. Stattdessen arbeiteten die Jesuiten im Untergrund, was ihnen schon die zwei Jahrhunderte zuvor nicht besonders schwerfiel – unter anderem im orthodoxen Russland. Schlussendlich wurde der Orden dann zum Ende der Napoleonischen Kriege, im Jahr 1814, vom Papst wieder vollwertig und voller Gunst reaktiviert.
Im deutschsprachigen, akademischen Raum geht es schon so weit ins apologetisch Absurde, dass man all diesen unterschiedlichen Verbannungen der reaktionären Jesuiten eine vermeintlich an den Haaren herbeigezogene, auf "Verschwörungstheorien" gegründete Basis vorschiebt. Kurz, in der politisch korrekten Sprachkunst der Amadeu Antonio Stiftung verfasst: Die Beweggründe für die Verbannung seien irrational, Hass schürend, ungerechtfertigt sowie ungerecht gewesen. Seit dem 19. Jahrhundert hat sich noch eine Menge getan, was die rühmende Öffentlichkeitsarbeit anbelangt. Alleine an dem heutigen Konsens im verweltlichten akademischen Sektor sieht man, dass ein Interesse für historische Faktentreue über den Jesuitenorden keinesfalls mehr besteht. Die heutige globale PR-Maschine zugunsten der Jesuiten läuft auf fiebrigen Hochtouren. Die Traumfabrik selbst, wenn sie überhaupt das Thema des Ordens aufgreift, ist nur zu Lobeshymnen fähig. Filme über stoische, selbstlose, mit Weltschmerz beladene, am eigenen Glauben zweifelnde, jesuitische Missionare, wie Martin Scorseses "Silence" (2016), werden verbreitet. Wenn der Machiavellismus als politische Lehre vor den Augen des Betrachters als Organisation eine Form annehmen würde, entstünde als Resultat der Jesuitenorden.
Für einen durchschnittlich säkularisierten Zeitgenossen, dem das Geschehen in der Ukraine vorgeführt wird, sind all die verschiedenen kirchlichen Denominationen Osteuropas, die Geschichte der Feindschaft zwischen der russischen Orthodoxie und dem römischen Katholizismus und deren historische Signifikanz, vollkommen irrelevant – nicht viel mehr als weißes Rauschen. Nur ein Narrativ zählt: Putin muss gestoppt werden, bevor er unprovoziert Lissabon und wenige Tage später die Vororte von New Jersey erreicht – und damit hat sich der tiefere, historische Diskurs auch rasch wieder erledigt.
Elem Chintsky ist ein deutsch-polnischer Journalist, der zu geopolitischen, historischen, finanziellen und kulturellen Themen schreibt. Die fruchtbare Zusammenarbeit mit RT DE besteht seit 2017. Seit Anfang 2020 lebt und arbeitet der freischaffende Autor im russischen Sankt Petersburg. Der ursprünglich als Filmregisseur und Drehbuchautor ausgebildete Chintsky betreibt außerdem einen eigenen Kanal auf Telegram, auf dem man noch mehr von ihm lesen kann.
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