Meinung

Anklägerin von Biden: Warum ich mich dazu entschieden habe, in Russland Zuflucht zu suchen

Im März 2020, während des Wahlkampfs um das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten, beschuldigte Tara Reade den demokratischen Kandidaten Joe Biden, er habe sie 1993 in einem Bürogebäude auf dem Capitol Hill sexuell belästigt. Im Mai 2023 ging Reade im Rahmen ihres Buchprojekts nach Russland - und entschied sich dann dazu, dort zu bleiben. In ihrem Aufsatz erklärt sie, weshalb.
Anklägerin von Biden: Warum ich mich dazu entschieden habe, in Russland Zuflucht zu suchen© Screenshot: Twitter/The Messenger

Von Tara Reade

Mein Plan war, in Russland die Übersetzung meines Buches ins Russische zu beaufsichtigen, eine Woche in Moskau zu verweilen und dem russischen Sender Kanal Eins ein Interview zu geben. Anschließend wollte ich wieder nach Hause in die USA zurückkehren. So viel zum Plan.

Es war vorgesehen, dass ich in diesem Sommer vor dem US-Kongress zum Vorgehen von Präsident Joe Biden gegen mich und zur Instrumentalisierung des Justizministeriums aussagen sollte. Bestens ausgelegte Pläne. Einige Tage nach meiner Ankunft in Moskau hielt ich eine Pressekonferenz, in der ich erklären musste, dass ich nicht in die USA zurückkehren könne.

Der Grund dafür ist, dass ich dort in einem Schauprozess einer Reihe von Vergehen angeklagt und möglicherweise verurteilt werden könnte, darunter Verstöße gegen Sanktionen, Verstöße gegen das FARA (Foreign Agents Registration Act – Gesetz zur Registrierung von ausländischen Agenten) und einiges andere.

Gegen mich liegt eine versiegelte Anklage des Justizministeriums vor, weshalb ich immer noch nicht weiß, worum es geht. Mein Rechtsanwalt warnte mich, dass nach geltendem US-Recht in der versiegelten Anklage Anschuldigungen gegen mich stehen könnten, von denen ich erst dann erfahren würde, nachdem ich in Gewahrsam genommen worden bin. Ein US-Kongressabgeordneter sagte mir zudem, er fürchte um meine physische Sicherheit, sollte ich in die USA zurückkehren.

Somit beschloss ich, in Moskau zu bleiben, und bekam bei der Beantragung von Asyl Hilfe von Maria Butina, einem Mitglied der russischen Staatsduma. Maria kennt den Terror und die düstere Realität in US-Gefängnissen aus erster Hand, nachdem sie selber 15 Monate dort eingesperrt war, angeblich, weil sie als "nicht registrierte ausländische Agentin" gehandelt und somit gegen das FARA verstoßen hatte. Die USA hielten Maria monatelang in Einzelhaft und machten ihr das Leben zur Hölle. Dennoch bewahrte Maria ihr Mitgefühl und ihre Fürsorge für eine einfache Amerikanerin wie mich und hebt ihren Zorn für jene Verantwortlichen auf, die ihr Leid verursacht hatten. Maria trat auch mehrere Male in meinem Podcast auf, in dem wir über das zweistufige amerikanische Justizsystem und seinen brutalen Einsatz von psychischer Folter diskutierten.

Maria half mir damit, den Schock zu bewältigen, den ich erlitt, nachdem sich meine eigene Regierung gegen mich gewandt hatte, nur weil ich die Wahrheit sagen wollte. Die ersten paar Tage, nachdem ich mich dazu entschieden hatte, in Moskau zu bleiben, waren ein Chaos aus Telefonanrufen und Papierkram, während ich mich in meiner neuen Lebenslage zurechtfinden musste. Ich verabschiedete mich schmerzlich von meiner Tochter, die gemeinsam mit mir am Telefon schluchzte und sich jetzt darum kümmern wird, meine Wohnung zu räumen und die Betreuung für meine drei Katzen und ein Pferd zu organisieren. Meine Tochter ist großartig und tüchtig, auch wenn unsere Emotionen derzeit heftig sind.

Es ist vollbracht. Ich bleibe also in Moskau und habe derzeit nicht die Absicht, in die USA zurückzukehren. Zumindest nicht, solange Biden an der Macht ist. Es brach mir das Herz, als ich die Schlagzeilen sah, in denen ich als Verräterin bezeichnet wurde. Warum soll ich eine Verräterin sein? Biden hat mich vergewaltigt, zum Schweigen gebracht und hindert mich nun daran, vor Gericht auszusagen. 

Das Gefühl der Ohnmacht, als ich sehen musste, auf welche Art und Weise jede große Nachrichtenagentur über meinen Fall berichtete, verwandelte sich in die verzweifelte Erkenntnis, dass ich mir in meinem Fall wohl nie Gehör vor einem Gericht verschaffen werden kann. Ich bin mir jedoch sicher, dass ich mich in Russland sicher fühlen kann. Hier fühle ich mich wahrgenommen, angehört und respektiert.

Als ich Moskau zum ersten Mal sah, hatte ich eine 16-stündige Reise hinter mir, und wegen des Jetlags blieb ich rund 24 Stunden lang wach. Die Morgenröte munterte mich auf, und mir war klar, dass ich and diesem Tag nicht schlafen werde. Also beschloss ich, den Tag zu beginnen und Moskau in seiner ganzen Pracht zu erleben. Ich habe viele Orte und die meisten großen Städte in den USA bereist, aber Moskau ist eine der schönsten und saubersten Städte, die ich je gesehen habe. Die von Einheimischen und Touristen bevölkerten Straßen schienen von den westlichen Sanktionen völlig unberührt zu sein.

Die einzigen Anzeichen für den Abgang westlicher Unternehmen waren einige geschlossene Designerboutiquen und der Wechsel von Starbucks in das russische Pendant mit dem schlichten Namen Stars sowie die Barista hinter der Theke, die sich wesentlich weniger aufdringlich und bescheidener gab, als ich es sonst aus den USA gewohnt bin. In der darauffolgenden Nacht schlief ich so tief und fest wie seit Langem nicht mehr. Endlich fühlte ich mich sicher.

Ich bin eine US-Bürgerin, die in einer Zeit aufgewachsen ist, als die Vereinigten Staaten innenpolitisch noch in den Resten ihrer Unschuld wateten und sich gleichzeitig auf verbrecherische Abenteuer im Ausland einließen. Die neoliberale "Woke"-Agenda hatte sich noch nicht durchgesetzt, und die Vetternwirtschaft des Kapitalismus erreichte gerade ihren katastrophalen Höhepunkt. Wie viele meiner Generation war ich voll ehrgeiziger Hoffnung. Ich habe für einige der einflussreichsten Persönlichkeiten der US-Politik gearbeitet, für Leon Panetta zum Beispiel und später für Joe Biden. Der Rest ist, wie man sagt, Geschichte: Ich stellte mich hin und prangerte Bidens Fehlverhalten in den Jahren 1993, 2019 und 2020 an.

Das Ergebnis meiner Kühnheit, die Verbrechen eines Elitedemokraten anzuprangern, war heftig und brutal, und ich habe dadurch alles verloren. Auch mein Ruf wurde in Mitleidenschaft gezogen, indem Bidens politische Maschinerie, unterstützt von den Konzernmedien, meine Glaubwürdigkeit zerstörte. Zweimal wurde mir mit Gefängnis gedroht, während Biden sein Justizministerium und sein FBI als Waffe gegen mich einsetzte. Selbst als zahlreiche Menschen anfingen, mich als politischen Feind zu betrachten, meldete ich mich weiterhin zu Wort, schrieb ein Buch über die Affäre und startete einen eigenen Podcast.

Ich hatte schon immer einen besonderen Platz in meinem Herzen für Russland. Die Russophobie und Bigotterie der westlichen Medien gegenüber Russland und den Russen beunruhigte mich sehr. Irgendwann wurde es zu einer regelrechten Fremdenfeindlichkeit. Die Vorgehensweise der Elite zur Manipulation der Presse bleibt dabei stets dieselbe, sei es bei der Dämonisierung einer Einzelperson wie mir, die Fehlverhalten und Korruption angeprangerte, oder bei der Dämonisierung ganzer Nationen wie Russland. Mit dieser Methode wird die Wahrheit verunglimpft, isoliert und schließlich durch ein staatlich anerkanntes Narrativ ersetzt.

Ich beschloss somit, die Kontrolle über das Narrativ über mich zurückzugewinnen, und hielt deshalb eine Pressekonferenz ab, bei der ich stolz meine Absicht bekannt gab, in Russland zu bleiben. Ich habe einige großartige Rechtsanwälte gefunden, die meinen Fall unter ihre Fittiche genommen haben und die internationalen Auswirkungen abklären.

Vor Kurzem hat mir die Russische Föderation vorübergehendes Asyl gewährt. Also habe ich beschlossen zu bleiben.

Übersetzt aus dem Englischen.

Tara Reade ist Autorin, Dichterin, Schauspielerin und ehemalige Assistentin im US-Senat sowie Autorin von "Left Out: When the Truth Doesn't Fit In". Sie betreibt zudem einen Podcast und man kann ihr auf Twitter folgen.

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