Meinung

Habeck und die Sanktionen – Neues Messinstrument soll Wirkung belegen

Die Sanktionen funktionieren nicht – das hat sich inzwischen herumgesprochen. Russlands Wirtschaft wächst. Einer, der das nicht glauben will, ist Wirtschaftsminister Habeck. Der gibt einen Russland-Monitor in Auftrag zur "verlässlichen Abschätzung der Auswirkungen der Sanktionen".
Habeck und die Sanktionen – Neues Messinstrument soll Wirkung belegenQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Frederic Kern

Von Gert Ewen Ungar

Die Russland-Sanktionen wirken, behauptet die Bundesregierung. Belege dafür gibt es keine. Es ist mehr eine Glaubensfrage. Allen voran ist Wirtschaftsminister Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) davon überzeugt, dass die russische Wirtschaft schwer leidet.

Der Krieg ist demnächst zu Ende, weil Russland nicht nur die Devisen ausgehen, um den Krieg weiterführen zu können. Russland ist zudem vom internationalen Handel abgeschnitten, weshalb das Land die Chips, die es zur Herstellung eigener Waffen normalerweise aus dem Ausland importiert, jetzt aus Kühlschränken und Fernseher aus- und in Lenkwaffen einbaut. 

Es war bisher unklar, ob der Wirtschaftsminister den Unsinn selbst glaubt, den er verbreitet. Ein Beitrag im NachrichtenmagazinSpiegel (Bezahlschranke) legt nun nahe: Er tut es. 

Der Wirtschaftsminister ist demnach so überzeugt von der durchschlagenden Wirkung der Sanktionen, dass er nicht nur den Ausführungen aus Russland nicht glaubt, sondern auch denen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Organisation sagte im Frühjahr für Russland ein Wachstum von 0,7 Prozent für dieses Jahr vorher, während sie Deutschland in der Rezession sieht.

Auch die Weltbank sieht Russland inzwischen zurück auf Wachstumskurs. Zudem ist die Wirtschaft in Russland weit weniger als erwartet, genauer gesagt als vom Westen gewünscht eingebrochen. Das Minus betrug im vergangenen Jahr etwas mehr als zwei Prozent, geht aus den Daten der Weltbank hervor. Habeck sagte einen Einbruch im zweistelligen Bereich vorher.

Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, gab Habeck jetzt die Entwicklung eines eigenen Messinstrumentes in Auftrag. Vier führende Wirtschaftsinstitute sollen einen Russland-Monitor entwickeln, der … ja, was soll er können?

Soll er den Wirtschaftsminister über die tatsächliche wirtschaftliche Situation in Russland informieren oder ihm Material liefern, das ihm bestätigt, dass die Sanktionen Russland hart treffen? Vermutlich letzteres, denn ersteres gibt es in ausreichendem Maße. Für die These, dass Habeck eher ein Interesse an einem Desinformationssystem hat, spricht auch, dass sich Habeck mit Fakten, die seinem Weltbild zuwiderlaufen, generell schwertut.

Wer eine andere Sicht vertritt, setzt sich schnell dem Verdacht aus, mit Russland gemeinsame Sache zu machen. Habeck ließ Mitarbeiter im eigenen Haus wegen anderer Auffassung vom Verfassungsschutz überprüfen. Eventuell vermutet Habeck die russischen Einflussagenten bereits im IWF und in der Weltbank sitzen. 

Auch der Spiegel führt in seinem Bericht Beispiele an, die auf eine recht produktive russische Wirtschaft deuten. So wertet ein französisches Start-up Satellitendaten zur Luftverschmutzung aus. Selbst diese Form moderner Kaffeesatzleserei kommt zu dem Ergebnis, dass Russland seine ökonomischen Indikatoren nicht in großem Stil frisiert. Auch ein eigener Indikator der Europäischen Zentralbank EZB sieht keinen umfassenden Einbruch der russischen Wirtschaft, lediglich einen leichten Rückgang bei den Konsumausgaben. 

Dass es um die russische Wirtschaft nicht schlecht bestellt ist, wurde auch auf dem kürzlich zu Ende gegangenen Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum deutlich, auf dem Verträge mit einem Volumen von fast vier Billionen Rubel abgeschlossen wurden. Man könnte auch einfach die hochbezahlten deutschen Russland-Korrespondenten fragen, wie der Alltag in Russland aussieht und wie sich die Sanktionen dort bemerkbar machen.

Die würden, sollten sie wahrheitsgemäß berichten, sagen, dass es in Russland keinen Mangel gibt, die Inflation unter Kontrolle ist und frei gewordene Nischen nahezu nahtlos durch Produkte aus anderen Ländern ersetzt wurden. "Man merkt die Sanktionen im Alltag nicht", so würden sie ihre Zuschauer und den Wirtschaftsminister in Deutschland informieren. Zudem könnten sie über umfangreiche Programme berichten, die der russischen Wirtschaft Impulse geben sollen. Die Importsubstitution steht ganz oben auf der Liste der russischen Wirtschaftsförderung. Man stellt jetzt mehr und mehr von dem selbst her, was man zuvor im Ausland gekauft hat – von Mode bis zu Gasturbinen, die man früher von Siemens bezog. An dieser Stelle Grüße nach Mülheim. 

Insgesamt kann gesagt werden, ja, der russischen Wirtschaft geht es gerade im Vergleich mit der deutschen ziemlich gut. 

Weil das aber nicht sein darf, braucht es einen Monitor, der dem Wirtschaftsminister zeigt, dass die Sanktionen wirken, er immer recht hat und die russische Wirtschaft kurz vor dem Zusammenbruch steht. Die Entwickler des Instruments sind nicht zu beneiden. Es soll absehbar einerseits wissenschaftliche Objektivität vortäuschen und gleichzeitig dem Minister schmeicheln. Eine schwierige, nahezu unlösbare Aufgabe, denn die Realität sieht ganz einfach anders aus, als sie der Minister gerne hätte. 

Mehr zum Thema – Borrell: EU fehlt es an kritischen Ressourcen zur Herstellung von Munition für die Ukraine

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.