Meinung

Gegen die Zivilisation: Ukrainischer Staat und Islamischer Staat

Der zerstörte Damm des Wasserkraftwerks von Kachowka war nicht bloß ein infrastrukturelles Objekt, sondern auch ein Ausdruck der menschlichen schöpferischen Kraft. In seiner Vernichtung sieht der Kriegsberichterstatter Semjon Pegow Parallelen zur Barbarei des "Islamischen Staates".
Gegen die Zivilisation: Ukrainischer Staat und Islamischer StaatQuelle: Sputnik © Dmitri Makejew

Von Semjon Pegow

Mit jeder neuen Eskalationsstufe im Gebiet der speziellen Militäroperation wird für mich offensichtlicher, dass das ideologische Programm der Gruppierung "Ukrainischer Staat" (US) einen ausschließlich terroristischen Charakter trägt. Die Mitglieder dieser Gruppierung sind in gewisser Hinsicht fundamentalistische Terroristen. Für mich unterscheiden sie sich von gewöhnlichen Banditen und Halsabschneidern dadurch, dass sie ihre Berufung nicht nur in der Vernichtung einzelner Leben konkreter Menschen sehen, sondern auch in der Vernichtung von Zivilisationsgrundlagen als solchen.

Ich habe relativ viel Zeit mit dem Studium der Ideologie der medialen Vorgänger des "Ukrainischen Staates" verbracht, zu denen unter anderem der Islamische Staat gehört. Eines seiner grundlegenden ideologischen Bedürfnisse war die Vernichtung historischer Denkmäler, Denkmäler vor allem an die menschliche Arbeit. Denkmäler, die von der Menschheit als eine schöpferische Heldentat erschaffen wurden, vollbracht trotz des zu allen Zeiten wütenden Chaos, an dem unsere – zugegebenermaßen recht raue – Umgebung so reich ist. In Syrien sprengten sie vorsätzlich Palmyra – eine große Perle der Wüste – und taten dies demonstrativ. Im Verlaufe des Krieges im Nahen Osten verbrannten und vernichteten IS-Kämpfer Hunderte, wenn nicht Tausende von Artefakten, die das Erbe der menschlichen Zivilisation als solcher darstellten.

Was hat das nun mit dem Wasserkraftwerk von Kachowka zu tun?

Man kann Verschwörungstheoretiker spielen, so viel man will, und ich will jetzt gar nicht auf all diese Versionen eingehen, wonach angeblich die Sprengung dieses Damms für uns von Vorteil war. Denn ich sehe, wie überraschend das alles sowohl für die lokalen Behörden als auch für unsere Militärangehörigen kam, die eine Zeit lang buchstäblich bis zur Hüfte im Wasser kämpfen mussten.

Die Frage dreht sich jetzt nicht einmal um die konkrete Tatsache der Detonation. Eine unbestreitbare Realität stellten die unzähligen Angriffe auf das Wasserkraftwerk von Kachowka durch die berühmt-berüchtigten HIMARS dar (auch eine mythologische Ironie, denn der Name ähnelt dem russischen Wort für "Chimären") und der unverhohlene Wunsch der Gruppierung "Ukrainischer Staat", diese menschliche Kreation zu zerstören.

Möge jeder für sich entscheiden, wie er sich zum Erbe der sowjetischen Epoche verhält, doch es lässt sich nicht abstreiten, dass das System von Wasserkraftwerken, die am Dnjepr errichtet wurden, zweifellos eine Arbeitsheldentat des sowjetischen Menschen war, wie pathetisch es auch klingen mag. Ob gut oder schlecht, dies war ein Beitrag zur Entwicklung der Zivilisation, ein Beitrag, der mit einem schöpferischen Sinn gefüllt war. Indem er den Damm monoton und systematisch zerstörte, zeigte der US auf einer fundamentalen Ebene seine echte Ideologie. Eine Ideologie der Zerstörung der Zivilisation als solcher, der Zerstörung ihrer Denkmäler und ihrer Traditionen schöpferischer Heldentaten. Und genauso wie der IS, agiert auch der US ausschließlich im korporativen Interesse eines Häufleins arroganter Zyniker, die glauben, dass eine Biomasse einfacher zu beherrschen sei als eine Gemeinschaft zivilisierter Menschen.

Übersetzt aus dem Russischen.

Semjon Pegow, Jahrgang 1985, ist ein russischer Journalist und Kriegsberichterstatter, Schriftsteller und Blogger. Er berichtet regelmäßig über den Konflikt in der Ukraine. Man kann ihm auf seinem Telegramkanal WarGonzo folgen.

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