Meinung

Die Weltmeisterschaft in Katar zeigt, dass "Menschenrechte" bloß ein Vorwand des Westens sind

Trotz der strengen LGBTQ-Gesetze und mutmaßlicher Ausbeutung von Bauarbeitern in Katar wurde kein diplomatischer Boykott der Fußballweltmeisterschaft ausgerufen. Man vergleiche und kontrastiere dies mit der Behandlung Chinas durch den Westen.
Die Weltmeisterschaft in Katar zeigt, dass "Menschenrechte" bloß ein Vorwand des Westens sind© Juan Mabromat/AFP

Von Timur Fomenko

Die Fußballweltmeisterschaft in Katar hat begonnen. Die Veranstaltung ist aus vielen Gründen umstritten, nicht zuletzt wegen Bedenken westlicher Sportteams und Verbände bezüglich der Frage der Menschenrechte in diesem reichen arabischen Land.

Katar ist eine extrem konservative, von Religion dominierte Gesellschaft, und es gibt strenge Gesetze in Bezug auf LGBTQ. Aber abgesehen davon war die Entscheidung, das Turnier in einem so kleinen und so heißen Land ohne jegliche Fußballtradition auszurichten, von Anfang an umstritten, wobei der FIFA bei der Vergabe des Turniers Korruption vorgeworfen wurde.

Diese bizarren Umstände haben dazu geführt, dass Katar sich bemühte, in kurzer Zeit eine Fußballinfrastruktur aufzubauen, was wiederum dazu führte, dass dem Land vorgeworfen wurde, beim Bau der WM-Stadien Zwangsarbeiter eingesetzt zu haben. Einige Quellen behaupten, dass bis zu 6.500 Bauarbeiter beim Bau der Stadien in Katar ums Leben gekommen sind.

Ist es also ein Wunder, dass das westliche Publikum den diesjährigen Austragungsort der Fußballweltmeisterschaft missbilligt? Man sollte jedoch beachten, dass die lautstarke Missbilligung von der Basis und den Fußballverbänden selbst kommt, nicht von den Regierungen der teilnehmenden Nationen. Dieselben westlichen Regierungen, die Anfang 2022 die Olympischen Winterspiele in Peking diplomatisch boykottiert haben, scheinen keinerlei Problem mit Katar zu haben. Die Öffentlichkeit will einen Boykott, die Politik nicht.

Wo also bleiben Leute wie der führenden britischen Abgeordnete Iain Duncan Smith, um die Menschenrechtsverletzungen in Katar anzuprangern? Oder hochrangige US-Politiker wie Nancy Pelosi? Dieselben Leute, die den "Völkermord" in der autonomen Region Xinjiang in China angeprangert und einen Boykott der Olympischen Winterspiele gefordert haben, bleiben im Falle von Katar verdächtig stumm. Es scheint, dass diese Leute ihre eigenen Prinzipien nicht konsequent anwenden – oder vielleicht noch treffender gesagt, dass sie sich überhaupt nie wirklich um Menschenrechte gekümmert haben. Für sie waren Menschenrechte schon immer eine geopolitische Spielkarte, und ihre Gleichgültigkeit gegenüber einem viel kontroverseren Ereignis, wie jenem in Katar, ist offensichtlich. Aber wieso ist das so?

Die wohlhabende arabische Nation Katar ist ein strategischer Partner des Westens und ein massiver Exporteur von Erdgas. Westliche Länder haben sich inmitten des Konflikts in der Ukraine bemüht, mit diesem Staat neue Energieabkommen als Alternative zu Russland abzuschließen.

Seit 1971 vom britischen Empire unabhängig, ist Katars enormer Wohlstand das Produkt einer langfristig angelegten Klientelpolitik des Westens, der Katar als entscheidenden Partner bei der Eindämmung Irans betrachtet. Das winzige Katar stützt zudem die strategischen Interessen des Westens im gesamten Nahen Osten und dient somit einem ähnlichen Zweck, den auch Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate und der Oman erfüllen. Man verkauft dem Westen Energie, der Westen verkauft ihnen im Gegenzug Waffen, die dann verwendet werden, um die Vision des Westens für diese Region militärisch und gewaltsam durchzusetzen.

All dies bedeutet, dass Katar in der Frage der Menschenrechte einen Freibrief in der Hand hält. In den Augen westlicher Regierungen ist es im Falle Katar völlig in Ordnung, das dort islamisches Recht sehr streng ausgelegt wird, Wanderarbeiter ausgebeutet und Schwule gehasst werden – schließlich ist das Land ein strategischer Partner.

Diese Kriterien gelten jedoch nicht für China. Während Katar ein Partner ist, gilt China als größter Herausforderer der von den USA geführten politischen Ordnung, als geopolitischer Rivale. Infolgedessen werden "Menschenrechte" als Waffe gegen China eingesetzt, und der Aufruf zum Boykott der Olympischen Winterspiele wurde mit dem Ziel inszeniert, Peking zu demütigen und ihm jeglichen Glanz auf der Weltbühne zu verweigern.

Es ist auch erwähnenswert, dass diese Beschuldigungen gegen China sich "von oben nach unten" richteten und von westlichen Regierungen ausgingen, die versuchten, breite Zustimmung für einen Boykott der Olympischen Spiele zu erzeugen, während die Beschuldigungen von Katar sich "von unten nach oben" richteten und von Einzelpersonen, Sportlern und Organisationen ausgingen, was aber von ihren jeweiligen Regierungen ignoriert wurde.

Es wird keine Sanktionen oder Strafen gegen Katar geben. Genauso wenig finanziert die US-Regierung Gruppen von Aktivisten, die gegen die Regierung von Katar protestieren, noch betreibt sie Legionen von Denkfabriken und "Experten", die sich der Erstellung negativer "Studien" über das Land widmen und den ganzen Tag negative Lobbyarbeit in den sozialen Medien betreiben. Warum verbieten die USA nicht alle Produkte aus Katar, die angeblich "durch Zwangsarbeit hergestellt" wurden, wie sie es im Fall Xinjiang getan haben?

Dies zeigt uns in Echtzeit, wie die Menschenrechts-"Industrie" im Einklang mit geopolitischen Agenden eingesetzt und koordiniert wird. Diejenigen, die Katar kritisieren, finden sich allein auf weiter Flur wieder, ohne Ressourcen und ohne Medienkampagnen, die weltweite Empörung hervorrufen. Daher ist die größte Erkenntnis aus dem Fall Katar, dass der Begriff "Menschenrechte" nur ein Spielkarte, ein Werkzeug und eine politische Waffe ist, der von westlichen Ländern verwendet wird, um die Auferlegung ihres Willens gegenüber anderen Ländern zu rechtfertigen und zu legitimieren. Die Standards, zu deren Einhaltung sich der Westen bekennt, werden in Wirklichkeit uneinheitlich, opportunistisch und selektiv angewendet. Ansonsten schweigt man einfach. Katar gut, China schlecht.

Übersetzt aus dem Englischen.

Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.

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