Morawiecki wiederholt sich: "Russki Mir ist ein Krebsgeschwür, eine Strategie für Völkermord"
Von Elem Raznochintsky
Polnische Medien berichteten jüngst, dass der Regierungschef der polnischen Republik, Mateusz Morawiecki, am letzten Tag der Konferenz der "Platform of European Memory and Conscience" per Videobotschaft hinzugeschaltet wurde. Die Veranstaltung dauerte drei Tage – sie fand vom 16. bis 18. November 2022 statt.
Die Konferenz hatte den Titel: "Russian Hybrid War against the Democratic World. A Challenge for the European Remembrance Policy". Was ins Deutsche übersetzt ungefähr heißt: "Der hybride Krieg Russlands gegen die demokratische Welt. Eine Herausforderung für die europäische Erinnerungspolitik".
Es überrascht kaum, dass Morawiecki früher oder später im Verlauf der Veranstaltung Teil des Programms werden würde.
Seine Hauptaussage lautete:
"Der 'Russki Mir' ist ein Krebsgeschwür, das nicht nur die Mehrheit der russischen Gesellschaft, sondern auch ganz Europa bedroht. [...] Es ist kein Wahnsinn, sondern eine gut durchdachte Strategie, die dem Völkermord bereits die Pforten geöffnet hat."
Der ehemalige Finanzminister Polens (2016–2018) hatte den absolut identischen Wortlaut dieser Warnung bereits im Sommer verlauten lassen. Die neueste Version seines politischen Denkens gegenüber Russland kommt nur wenige Tage, nachdem ukrainische Raketen auf Polen gelandet sind und zwei Menschenleben gefordert haben.
Der Regierungschef lamentierte außerdem die Tatsache, dass Russland im Jahr 2021 ein Gesetz verabschiedet hat, dass die historische Gleichstellung der Sowjetunion mit Nazi-Deutschland verbietet. Darin sieht er eine herbe Behinderung aufrichtiger historischer Aufarbeitung.
Morawiecki vertiefte seine Behauptung, indem er die Geschichte als solche als Russlands Hauptmittel für den vermeintlichen "hybriden Krieg" benannte:
"Die Geschichte ist eines der wichtigsten Instrumente, die Russland seit vielen Jahren einsetzt. Wir dürfen diese Bedrohung nicht übersehen oder unterschätzen. Das Fehlen einer europäischen Antwort auf die russische Propaganda könnte Russland dazu ermutigen, gut dokumentierte und bekannte historische Fakten weiter infrage zu stellen."
Welche gut dokumentierten Fakten Morawiecki genau meint, hat er indes nicht spezifiziert. Ob es sich um die Eroberungsfeldzüge des polnischen Staatschefs und Oberbefehlshabers, Piłsudski, gegen die Litauer (1920) oder die Ukrainer (1918–19) in den Zwischenkriegsjahren handelt? Oder geht es dabei um die gut dokumentierten, genauen Umstände des polnischen Verrats an der Tschechoslowakei, als Hitler begann, das Land aufzuteilen und das damalige Polen sich bei dieser Gelegenheit den Westteil des Teschener Schlesiens, aneignete? All das bleibt unklar. Auch war der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt von 1939 nicht der einzige seiner Art: fünf Jahre zuvor, 1934, hatten die Polen unter Piłsudski ebenfalls einen Nichtangriffspakt mit Hitlerdeutschland unterzeichnet.
Die Jahre der ukrainischen "Anti-Terror-Operation" gegen die Donbass-Republiken (ab 2014) sind für Morawiecki auch nicht der Rede wert. Bei der elementaren Frage, wer den Zweiten Weltkrieg eigentlich gewonnen hat – also wer den deutschen Hitlerfaschismus zum Stillstand gebracht und die deutsche Hauptstadt erobert hat – tun sich viele Polen, nicht nur in der Regierungsschicht, sehr schwer mit einer Antwort. Die Ablehnung der Anti-Nazismus-Resolution durch Polen bei der UNO ist nur eines der Indizien, die Polen historisch dessen schuldig machen, was Morawiecki Moskau unterstellt.
Die internationale Nichtregierungsorganisation "Platform of European Memory and Conscience", bei der Morawiecki zu Wort kam, ist eine EU-Institution, die Gedenkeinrichtungen, wie Archive und Museen, aus verschiedenen europäischen Ländern zusammenbringen soll. Vermehrt fällt dieser Dialog und Austausch, besonders im Hinblick auf die Beziehungen zu Russland, der Propaganda, politischer Polarisierung und historischer Vereinfachung zum Opfer.
Elem Raznochintsky ist ein deutsch-polnischer Journalist, der zu geopolitischen, historischen, finanziellen und kulturellen Themen schreibt. Die fruchtbare Zusammenarbeit mit RT DE besteht seit 2017.
Seit Anfang 2020 lebt und arbeitet der freischaffende Autor im russischen Sankt Petersburg. Der ursprünglich als Filmregisseur und Drehbuchautor ausgebildete Raznochintsky betreibt außerdem einen eigenen Kanal auf Telegram, wo man noch mehr von ihm lesen kann.
Mehr zum Thema - "Polnisch-ukrainische Union": Warschau und Kiew wollen Geschichte schreiben
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.