Warum die ukrainische Luftabwehr machtlos gegen "Flugmopeds" ist
Von Dmitri Winnik
Der Beschuss der ukrainischen Energieinfrastruktur und Militäreinrichtungen mit propellergetriebenen Geschossen, die als "Geranium-2" bekannt sind, war so erfolgreich, dass sie den Marschflugkörpern ernsthafte Konkurrenz gemacht haben. Zumindest im Hinblick auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis des Schadens für den Feind. In der Ukraine begann daraufhin eine Hysterie über die dringende Notwendigkeit eines gestaffelten Luftverteidigungssystems.
General Mark Milley, Vorsitzender des Vereinigten Generalstabs der USA, erwiderte auf eine Anfrage des Kiewer Regimes, dass ein modernes integriertes Luftverteidigungssystem in der Ukraine jedoch "nur schwer in kurzer Zeit zu realisieren wäre." Mark Milley bemitleidet offensichtlich die empfindlichen Ohren der Ukrainer. Denn es ist einfach unmöglich, ein solches System in Kürze zu schaffen. Und das nicht nur in der Ukraine, sondern überall. In der Praxis verfügt nur Russland über ein vollwertig integriertes Luftverteidigungssystem. Die USA benötigen keines, und das Luftabwehrsystem der europäischen NATO-Länder lässt zu wünschen übrig. In der Tat fragt man sich: Wozu all diese sperrigen Lkw-Raketen, wenn es amerikanische Kampfflugzeuge der fünften Generation gibt?
Dennoch ist die Panik in Kiew so gewaltig, dass der Feind unweigerlich einige Maßnahmen gegen die "Flugmopeds" ergreifen wird. Das allgemeine Getue, mit hunderten Maschinenpistolen und Karabinern in den Wohngebieten von Millionenstädten eine Luftabwehr zu betreiben, nützt wenig, ja es ist sogar schädlich. Denn es ist zwar nahezu unmöglich, die "Geranium" in der Luft zu zerstören. Sehr wohl aber können ihre Ruder beschädigt werden, sodass sie auf ein Haus stürzen könnte. Und die fünfzig Kilogramm Sprengstoff, welche diese Drohne bei sich trägt, sind eine Menge – etwa so viel wie bei einer 100 Kilogramm schweren FAB-100-Freifallbombe.
Flugabwehrraketen sind gegen die "Geranium" zudem wenig wirksam. Die "Flugmopeds" bestehen aus Kohlefaser und werden vom Radar kaum erkannt. Noch dazu ist ihre Größe so bescheiden, dass man sie mit einem Vogel verwechseln könnte. Sobald diese Kamikaze-Drohne beim Anflug auf das Ziel Achtermuster fliegt, wird sie von den alten Ortungsgeräten dann gar nicht mehr erkannt. Der Beschuss eines solchen Objekts mit einer S-300-Rakete ist eine bombige Geldverschwendung. Es gibt zwar auch infrarotgesteuerte Raketen. Aber leider ist die Wärmespur der Drohne sehr schwach und ungenügend kontrastreich, sodass ein Treffer ebenfalls schwer möglich ist. Ein visueller Beschuss hingegen ist denkbar – er erfolgt, wie die Flugabwehrkanoniere sagen, "über den optischen Kanal". Das SAM-System von "Osa" leistet in dieser Hinsicht gute Arbeit. Allerdings haben die ukrainischen Streitkräfte nur noch wenige davon. Sie sind alle an der Front, und bei Nacht kann man sowieso nicht schießen. Doch das ist noch nicht alles. Denn nahezu jede Lenkrakete für die Flugabwehr ist um ein Vielfaches teurer als diese "Knatterkiste".
Gegen die günstigen, sich langsam bewegenden und knatternden Drohnen sind die guten altbewährten Schnellfeuer-Flugabwehrkanonen wirksam – alle Arten von "Höllendreschern": "Schilka", "Tunguska" und sonstige "Geparden". Doch auch an dieser Waffen mangelt es in der Ukraine: Von den "Tunguskas" sind nicht viele übrig geblieben, da die Reparatursätze in Russland hergestellt wurden. Die "Schilkas" wiederum wurden zwar aus dem Lager geholt, ihre Radare sind aber derart zersetzt, dass sie nur auf Sicht abgefeuert werden können. Von den "Geparden" versprach Deutschland 30 Stück. Eine direkte Verteidigung von Objekten müsste wiederum entlang flacher Schussbahnen erfolgen, die direkt über dem Wohngebiet verlaufen. Was Hunderte oder gar Tausende von kleinen, aber durchaus tödlichen Geschossen bei der Abwehr eines Angriffs bedeutet.
Die größte Hoffnung der ukrainischen Streitkräfte im Kampf gegen diese Flugkörper liegt daher in der elektronischen Kampfführung (EloKa). Die Sache ist die, dass die "Flugmopeds" von GLONASS und anderen globalen Navigationssystemen gesteuert werden. Und dieses Signal der Geo-Positionierung ist sehr empfindlich gegenüber Störungen. Es wird berichtet, dass im zweiten amerikanischen Krieg gegen den Irak im Jahr 2003 mehrere sehr leistungsfähige GPS-Störsender auf dem irakischen Staatsgebiet installiert wurden. Im Ergebnis ihrer Operation verloren die Amerikaner in den ersten drei Tagen eine beträchtliche Anzahl von Marschflugkörpern – so viele, dass der Angriff eingestellt werden musste, bis die Sender zerstört waren.
Weißrussischen Experten zufolge sollte in einer solchen Situation die Defensive lieber auf kleinere Sendeanlagen zurückgreifen, die dafür aber in großer Zahl über das gesamte Gebiet verteilt sind. Dies erschwert die Aufdeckung und Zerstörung der Systemelemente. Die Spezialisten schlugen Möglichkeiten zur Positionierung von Störsendern am Boden in Anlehnung an die Mobilfunkabdeckung vor. Des Weiteren könnten die Antennen des Mobilfunks selbst dazu verwendet werden, GPS-Signale zu beeinträchtigen, vorausgesetzt, es gibt eine geringe Verstärkung. Das wird dem ukrainischen Regime aber kaum noch helfen. In erster Linie, weil es sehr teuer und zeitaufwendig ist, einen lückenlosen Deckungsgrad aufzubauen. Zweitens wird die Ukraine viel früher entelektrifiziert. Und nicht zuletzt gibt es wirksame Methoden, auch derartige Abwehrmaßnahmen zu durchbrechen.
Sicherlich werden die Ukrainer sich aktiv darum bemühen Störsender aufzustellen, was sie wahrscheinlich auch schon getan haben. Nutzen wird dies jedoch wenig. Sechs Methoden von Gegenmaßnahmen lassen sich hier nennen. Die einfachste Methode besteht dabei in dem Verzicht auf Gegenmaßnahmen: Man schaltet den GPS-Empfänger aus und verwendet die Trägheitsnavigation des Flugobjekts. Grob gesagt merkt sich der Zielsuchkopf das Ziel, und sobald das Satellitensignal unterbrochen wird, geht er entsprechend dem Kreiselkompass und der Uhr im Sturzflug nieder. Das ist nicht so genau und senkt die CEP (zirkuläre wahrscheinliche Abweichung), trifft aber ein Ziel vom Typ "frei stehendes Elektrizitätswerk" recht gut. Bei schwacher Störsenderleistung ist der Abdeckungsradius zudem gering, sodass die Abweichung nicht groß ist.
Daneben finden sich aber auch andere Methoden, um die EloKa zu durchbrechen. Die leistungsfähigste ist dabei die räumliche Signalselektion: die Verwendung eines Phased Array Feed (PAF), mit "Maxima" auf die Satelliten oder/und "Nullen" auf die Störquellen gerichtet. Bei den PAFs handelt es sich um Radargeräte, die anstelle einer "Schüssel" eine Anordnung von Hunderten von winzigen "Stiftantennen" verwenden. Übrigens sind 5G-Türme im Wesentlichen auch PAFs. Theoretisch könnte man damit sogar Drohnen in Hunderten von Metern Entfernung orten.
Bei uns [in Russland] wurden PAFs zum ersten Mal im Radar des S-300-Systems und im MIG-31-Abfangjäger installiert. Natürlich würde niemand eine so teure Antenne an einem verflixten "Moped" anbringen. Solch ein Gerät ist wahrscheinlich ein Dutzend solcher "Mopeds" wert. Zum Schutz eines weitaus wertvolleren Marschflugkörpers ist es hingegen durchaus geeignet.
Außerdem gibt es noch die Methode, den selbstzielsuchenden Kopf des Flugobjekts mit alternativen Empfängern für das Navigationssignal auszustatten. Sollte ein Signal unterdrückt werden, kann das andere durchaus weiter funktionieren. Jedes Signal hat dabei sein eigenes Spektrum, und kontinuierliche Störungen sind selten. Es wäre doch eine Lachnummer, wenn sich herausstellen sollte, dass die Entelektrifizierungs-Drohnen das amerikanische GPS nutzen. Doch diese Vermutung entstammt der Serie "Erniedrigt mit besonderem Zynismus". Und dann wäre da im Übrigen auch noch das chinesische System "Beidou". Laut TASS haben wir uns am 2. August dieses Jahres auf eine gemeinsame Nutzung mit GLONASS geeinigt, selbstverständlich zu friedlichen Zwecken.
Mit anderen Worten: Selenskijs Hoffnungen, dass die Aufstellung von Störsendern die Energiewirtschaft und das Kontrollsystem vor einer Vernichtung durch Tausende von "Flugmopeds" bewahren würde, sind illusorisch. Im Übrigen wäre es wohl auch angebracht, bei dieser Gelegenheit das ukrainische Mobilfunksystem in der Nähe der Frontlinien auszudünnen.
Und es wäre gut für Russland, über eine so große Anzahl verschiedener Arten von luftgestützten Killerrobotern zu verfügen. Dass, wenn ein abstrakter Selenskij dann eines schönen Tages zufällig auf den Balkon treten würde – bei einer erneuten luftgestützten Vergeltung –, es ihm vor seinen Augen flimmert und in den Ohren dröhnt.
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei Wsgljad.
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