Waffenlieferungen an Kiew: Weiten Iran und Israel ihren Schattenkrieg auf europäischem Boden aus?
Von Seyed Alireza Mousavi
Bereits als Außenminister hatte Jair Lapid im Frühjahr die russische Militäroperation in der Ukraine verurteilt, während Premier Naftali Bennett eher vorsichtig formulierte und sich zeitweise als Friedensvermittler zwischen Moskau und Kiew versucht hatte. In letzter Zeit allerdings verschärfte Lapid als Premier weiter den Ton gegen Russland. Vor Kurzem erklärte er, dass die russisch-iranische Militärkooperation "die ganze Welt in Gefahr" bringe. Damit verwies er auf iranische Drohnen, die mutmaßlich von Russland in der Ukraine eingesetzt werden.
Der frühere Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte zudem, er hoffe, dass der russische Präsident seine Politik in der Ukraine "überdenkt", und drohte, dass er Waffenlieferungen an die Ukraine in Betracht zieht, wenn er nach den israelischen Wahlen am 1. November ins Amt zurückkehren sollte. Die jüngsten Äußerungen vom Oppositionschef in Israel schienen eine Abkehr von der seit Langem vertretenen Position des ehemaligen Premierministers zu markieren, da Netanjahu bislang für die Neutralität Israels in der Ukraine-Krise plädiert hatte.
Israel lehnte bislang ab, Abwehrsysteme an die Ukraine zu liefern. Israels materielle Unterstützung der Ukraine beschränkte sich weitgehend auf humanitäre Hilfe. Tel Aviv verzichtete bislang auf die Teilnahme an westlichen Sanktionen gegen Russland im Zuge des Ukraine-Krieges. Dahinter stehen geopolitische Gründe.
Israel fliegt regelmäßig Luftangriffe auf "iranische militärische Einrichtungen" im Nachbarland Syrien und ist insofern auf ein gewisses Wohlwollen der russischen Seite angewiesen, die dort die Lufthoheit innehat. Mit dem Konzept der "Achse des Widerstandes" versucht Iran seit Langem, seinen Einfluss vom Irak bis nach Syrien und in den Libanon auszubauen. Vor allem beabsichtigt Israel nach eigener Darstellung, Waffenlieferungen durch Iran über Syrien an die Hisbollah im Libanon abzuwenden. Die israelische Armee geht davon aus, dass in einem möglichen Krieg mit der Widerstandsbewegung Hisbollah täglich mindestens 400 bis 1.000 Raketen durch das Abwehrsystem hindurch kommen und dicht besiedelte israelische Städte massiv beschädigen könnten.
Hinzu kommt, dass Israel Kiew auch aus Sicherheitsgründen keine Abwehrsysteme liefern kann. Zuallererst will Tel Aviv nicht, dass die genutzte Technik publik wird. Vor allem soll sie nicht in die Hände der russischen Armee fallen, die wiederum eine enge Militärkooperation mit Iran eingegangen ist.
Experten bezweifeln, ob das Prinzip, wie sich Israel gegen Raketen von Gaza aus zur Wehr setzt, in der Ukraine funktionieren würde. Israel ist – im Gegensatz zu der Ukraine – winzig und kann seinen gesamten Luftraum relativ gut abschotten. Das Raketenabwehrsystem Iron Dome, das die Ukrainer erwerben möchten, schützt die Kurzstrecke, wobei die maximale Reichweite einer Rakete nur 70 Kilometer beträgt.
Trotz solcher Vorbehalte ist mittlerweile bekannt, dass Israel die Ukraine mit Informationen über iranische Drohnen versorgt. Zudem lieferte ein privates israelisches Unternehmen nach NYT-Informationen "der Ukraine Satellitenbilder von russischen Truppenstellungen".
Vor dem Hintergrund anhaltender russischer Drohnenangriffe auf Ziele in der Ukraine warf der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij Israel kürzlich vor, eine "Allianz" zwischen Russland und Iran ermöglicht zu haben. Ein solches Bündnis hätte ohne die neutrale Haltung der israelischen Regierung zum Ukraine-Krieg "schlicht nicht existiert", sagte Selenskij bei einer von der israelischen Zeitung Haaretz organisierten Konferenz. Die USA zielen derzeit darauf ab, die Luftverteidigung ihrer Verbündeten in ein gemeinsames Abwehrsystem zu integrieren, um russische Luftangriffe gegen Ziele in der Ukraine abzuwehren. Dafür will Washington auch Israel an Bord holen. Obwohl Iran und Russland den Einsatz von Drohnen iranischer Bauart auf dem Schlachtfeld dementieren, betonen beide Seite die enge Militärkooperation. Angesichts solcher Entwicklungen sagte kürzlich ein Militärsprecher der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte, der Einsatz von Selbstmorddrohnen in der Ukraine hätte in Israel neue Sorgen ausgelöst. Nun besteht die Gefahr, dass der Schattenkrieg zwischen Tel Aviv und Teheran über den Nahen Osten hinweg eine neue Dimension annimmt.
Mehr zum Thema – US-Medien: Russlands Drohnen aus iranischer Produktion erschweren Israels Balanceakt
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Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.