Meinung

Kiew schürt Angst vor Flüchtlingen – um mehr Waffen aus der EU zu erhalten

Eine große Ironie besteht darin, dass Kiew ethno-nationalistische Hassreden gegen Russen in der Ukraine absondert, während man gleichzeitig einen ähnlichen ethno-nationalistischen Hass gegenüber ukrainischen Flüchtlingen in Europa schürt.
Kiew schürt Angst vor Flüchtlingen – um mehr Waffen aus der EU zu erhaltenQuelle: www.globallookpress.com © Axel Heimken/dpa

Von Andrew Korybko

Die jüngste Hetzkampagne gegen ukrainische Flüchtlinge kommt aus einer unerwarteten Richtung, nämlich aus Kiew selbst. Nachdem das dortige faschistische Regime Europa in den vergangenen acht Monaten dafür gelobt hat, dass es Millionen von Schutzsuchenden aus der Ukraine aufgenommen hat, versucht man nun, ihnen Angst vor genau diesen Geflüchteten zu machen. Selenskij warnte vergangene Woche seine Kollegen in der EU, sich auf eine sogenannte "Welle der Umsiedlung" vorzubereiten, woraufhin Premierminister Schmygal die Worte seines Chefs mit dem Zusatz bereicherte, dass diese bevorstehende Welle eigentlich eher ein "Tsunami" sein wird.

Der wahre Grund, warum Kiew den Ton geändert hat, liegt darin, dass man hofft, die EU dazu zu bringen, dringend benötigte militärische Hilfe zu leisten, insbesondere Luftverteidigungssysteme, wodurch dann Millionen von Ukrainern nicht in die EU flüchten müssen.

Russlands Variante von "Schock und Furcht verbreiten" hat kürzlich gezeigt, wie die wiedererstarkte Weltmacht einen erheblichen Teil des Stromnetzes seines Nachbarlandes zerstört hat und damit große Teile dieser zerfallenden ehemaligen Sowjetrepublik in die Dunkelheit schickte. Und verständlicherweise möchte der durchschnittliche Ukrainer im kommenden Winter nicht unter solchen Bedingungen leben.

Jeder Mensch hat das von den Vereinten Nationen garantierte Recht, vor aktiven kriegerischen Konflikten im Heimatland, in das nächstgelegene sichere Land zu flüchten – einschließlich der Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren, denen Kiew ein willkürliches Ausreiseverbot erteilt hat. Da sich die Lebensbedingungen seit dem Beginn der russischen Militäroperation viel schneller verschlechtern als bisher, ist es vorhersehbar, dass mehr Ukrainer ernsthaft erwägen werden, nach Polen zu fliehen, einschließlich der Männer, denen die Verfolgung durch die ukrainischen Sicherheitsbehörden droht, wenn sie es wagen sollten, auch nur an Flucht zu denken.

Aus Kiewer Sicht ist es inakzeptabel, dass wehrfähige Männer in Scharen fliehen, da das faschistische Regime darauf angewiesen ist, unbegrenzt viel Kanonenfutter in den russischen Fleischwolf zu werfen. Die Sicherheitsbehörden können jedoch nicht jeden abfangen, der bald gehen könnte, daher müssen dringend Bedingungen geschaffen werden, die es unwahrscheinlicher machen, dass eine große Anzahl von ihnen flieht. Der nicht erklärte Zweck der Panikmache über einen "Tsunami an Migranten", der sich über Europa ergießen wird, ist es, Luftverteidigungssysteme zu bekommen, um wenigstens einen Teil der Angriffe abzuwehren, die dem ukrainischen Stromnetz massiven Schaden zufügen.

Mit dem Versagen weitere Zerstörung zu stoppen, wird sich die Situation in der Ukraine in einem Maß verschlechtern, dass unweigerlich mehr Männer im wehrfähigen Alter zusammen mit ihren Familien fliehen werden, was Kiew letztlich der scheinbar endlosen Reserven an Kanonenfutter berauben könnte, die man weiterhin an die Front werfen muss. Ohne diese Opfer zu verbrennen, hat der Gegner der Ukraine eine größere Chance, zuvor verlorenes Terrain zurüsogar die Front weiter nach Westen zu verschieben und weitere Gebiete zu befreien. Wenn diese militärisch-strategische Dynamik ungebremst anhält, könnten Kiews Streitkräfte ebenso abrupt zusammenbrechen wie das eigene Stromnetz.

Um dies zu verhindern, hat das faschistische Regime in Kiew versucht, im Westen Angst vor ukrainischen Flüchtlingen zu schüren, in der Hoffnung, die EU-Staaten dahin gehend zu manipulieren, die dringend von Kiew benötigten Luftverteidigungssysteme zu entsenden, um den kommenden "Tsunami" abzuwehren, der wiederum die wachsende politische Opposition von rechts in der EU stärken wird. Das Problem ist jedoch, dass dieselben europäischen Länder zum jetzigen Zeitpunkt bereits einen großen Teil ihrer militärischen Vorräte für die Versorgung dieser zerfallenden ehemaligen Sowjetrepublik namens Ukraine aufgebraucht haben, sodass man möglicherweise zögert, noch mehr Hilfe zu entsenden.

Der einzige Weg, ein Land davon zu überzeugen, seine nationalen Sicherheitsinteressen zu opfern, so wie Kiew es von den Ländern der EU de facto verlangt, ist, dass deren Eliten eigennützige Gründe dafür sehen. Ergo ist es ein "Geniestreich" dieser Faschisten in Kiew, im Westen die Angst vor einer "Welle der Umsiedlung" schüren. Indem man die gleiche Sprache anwendet, wie sie die rechte Opposition in der EU regelmäßig anwendet, hoffen Selenskij und sein Ministerpräsident, ihre Kollegen im Westen dazu zu bringen, ihnen das zu geben, was sie wollen, und suggerieren gleichzeitig, dass bei Nichtbeachtung dieser Forderungen, ihnen letztlich bei den nächsten Wahlen der politische Untergang droht, wenn nicht sogar vorher.

Die große Ironie besteht darin, dass Kiew ethno-nationalistische Hassreden gegen Russen in der Ukraine absondert, während man gleichzeitig einen ähnlichen ethno-nationalistischen Hass gegenüber ukrainischen Flüchtlingen in Europa schürt. Dieses machiavellistische Vorgehen, Hassrede zur Waffe zu machen, beweist, dass man nicht davor zurückschreckt, die eigenen verzweifelten Bürger im Ausland als eine Gefahr zu stilisieren, nur um das zu bekommen, was man verlangt. Moral, Ethik und Prinzipien spielen dabei keine Rolle.

Aus dem Englischen.

Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer Politologe, der sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien spezialisiert hat, sowie auf Chinas Belt & Road-Initiative, Russlands geopolitischem Balanceakt und hybride Kriegsführung.

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