Meinung

Nichts geleistet? Demo-Redner Lauterbach beschimpft und spaltet protestierendes Pflegepersonal

Auf einer Verdi-Protestveranstaltung für eine gerechtere Stellung medizinischer Pflegeberufe beschimpfte Bundesgesundheitsminister Lauterbach gezielt einen Teil der Demonstranten, seiner Einschätzung nach Ungeimpfte oder Impfgegner. Diese hätten kein Recht auf Protest und ihre Arbeit in der Coronakrise habe keinen nützlichen Beitrag geleistet.
Nichts geleistet?  Demo-Redner Lauterbach beschimpft und spaltet protestierendes Pflegepersonal© Klaus-Dietmar Gabbert

von Bernhard Loyen

In Magdeburg findet bis einschließlich Donnerstag dieser Woche das Treffen der Gesundheitsminister der Bundesländer statt. Zum Auftakt dieser sogenannten Gesundheitsministerkonferenz (GMK) haben parallel dazu auf einer von der Gewerkschaft angemeldeten Protestveranstaltung knapp 300 Krankenschwestern, Pfleger und Therapeuten aus verschiedenen medizinischen Berufszweigen für bessere Arbeitsbedingungen demonstriert. Das Motto der Verdi-Veranstaltung lautete "Endlich Schluss machen mit halben Sachen" und fand in der Nähe des Tagungsortes der Gesundheitsministerkonferenz statt.

Ein Besucher dieser Demonstration war als Redner unter anderem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Gleich zu Beginn seiner Rede sichtete er vor der Bühne eine Gruppe Demonstrierender, die sich offenkundig als "impfkritisch" und gegen die einrichtungsbezogene Impfplicht eingestellt positionierten. Lauterbach dankte zunächst den anwesenden Beschäftigten im Gesundheitswesen pauschal für ihren Einsatz während der Pandemie, deren Verdienst es sei, "dass die Menschen, die krank geworden sind, überlebt haben", um dann nahtlos die ihm unerwünscht erscheinende Protestgruppe direkt verbal zu attackieren. Lauterbach wörtlich:

"Diejenigen, die hier gegen die Impfung protestieren, haben dazu keinen Beitrag geleistet und sollten eigentlich nicht hier sein. Sie haben kein Recht hier zu sein (...) Sie haben keinen Beitrag geleistet und ich finde es ist eine Unverschämtheit, dass sie noch die Stirn haben, diese berechtigte Demonstration derjenigen zu missbrauchen, die gearbeitet haben (...)

Ihre Arbeit hat keinen Beitrag geleistet."

Seine irritierende Verbalattacke fand teils auch eine gewisse Zustimmung durch einige applaudierende Demonstrierende. Mehrheitlich wurde die Rede von Lauterbach aber mit Pfiffen und Buhrufen begleitet. Er selbst zeigte sich sehr zufrieden mit seinem Auftritt und kommentierte diese Wahrnehmung auch in einem Twitter-Beitrag mit den Worten:

"Gute Demo (...);"

Worauf bezieht sich diese seine Wertung? Angesichts der konfusen Gedankenwelt des Bundesministers sicherlich zuerst auf seinen Gesamtauftritt, der unter anderem den seit zwei Jahren überarbeiteten und physisch ausgelaugten Pflegekräften bundesweit wieder einmal Verbesserungen ankündigte. Mit lockerer Zunge wurde im besten Beamtendeutsch die sogenannte "Einführung des Personalbemessungsinstruments PPR 2.0" angekündigt. Das klingt professionell, ambitioniert, aber Lauterbach schaffte es hervorragend, sich schon unmittelbar im Anschluss an die Veranstaltung zum Thema Glaubwürdigkeit über einen Twitter-Beitrag selbst zu entlarven.

Die Formulierung verrät, dass die seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten desaströse Demontage der beruflichen Rahmenbedingungen in allen Bereichen der Pflege sehr wohl bekannt ist, aber seitens der verantwortlichen Politiker hinsichtlich ihrer massiven Auswirkungen weiterhin ignoriert wird. Nachweislich hat sich in den letzten zwei Jahren, also in einer Ausnahmesituation für die Pflege während der Coronakrise, in Bezug Personalschlüssel, Entlohnungen, politischen Kampagnen pro Pflegeberufen sehr wenig getan, – ehrlich gesagt – gar nichts getan. Daher verrät Lauterbachs Twitter-Satz:

"Wir werden der Pflege diesen berechtigten Wunsch nach der Einführung des Personalbemessungsinstruments PPR 2.0 erfüllen."

sehr viel über Routinefloskeln von Politikern. Ist die dringend benötige Verbesserung von Rahmenbedingungen also ein frommer "Wunsch" und wird gar nicht als unbedingte Notwendigkeit vom amtierenden Gesundheitsminister erkannt und umgesetzt? "Wir werden (...) erfüllen" bedeutet entschlüsselt: Mal schauen, wann es passt ... wenn ich es nicht auf dem Weg zur nächsten Talk-Show schon wieder vergessen habe. So wie auch sein Vorgänger Jens Spahn (CDU) oder auch der amtierende Bundeskanzler Scholz (SPD) manche ihrer Versprechungen vergaßen. Letzterer wurde diese Woche von dem medial bekanntgewordenen Intensivpfleger Ricardo Lange an seine Zusage von vor gut einem Jahr erinnert:

"Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, im Juli 2021, gaben Sie mir von Mann zu Mann das Versprechen, sich für eine bessere Bezahlung und mehr Entlastung der Pflegekräfte einzusetzen. Wann geht's los?"

Der Lauterbach-Ausspruch "Diese Demo ist berechtigt und findet meine volle Unterstützung" aus dem Munde eines nachweislichen Politkarrieristen in Reinkultur hilft den Protestierenden null komma null bei der Realisierung und Bewältigung des zehrenden Berufsalltags. Es ist schlicht ein Skandal, dass ein amtierender Gesundheitsminister, der maßgeblich mitverantwortlich ist für den sich abzeichnenden Kollaps des deutschen Pflegesystems, maßgeblich verantwortlich ist für die Einführung einer "einrichtungsbezogenen Impfpflicht" und die damit verbundenen psychischen Zusatzbelastungen des betroffenes Personals, auf einer Demonstration überlasteter und ausgelaugter Menschen aus Pflegeberufen auch noch versucht, diese Gruppe über anmaßende Formulierungen einerseits zu spalten und andererseits diese angesichts bewundernswerter Arbeitsleistungen zu diskreditieren, zu beleidigen und verbal vor den Kopf zu stoßen. Warum folgen dem keinerlei politische Konsequenzen für Karl Lauterbach?

Warum kann ein amtierender Bundesgesundheitsminister kurz danach vor einem Millionenpublikum im Rahmen einer Talkshow weitere fragwürdige Äußerungen von sich geben, ohne dass er sich dafür am nächsten Tag vor einem politischen Gesundheitsausschuss erklären muss? Lauterbach formulierte am 21. Juni in der ARD folgende zu diskutierende Behauptungen zum Thema existierender COVID-Impfstoffe und nachweislichen Impfnebenwirkungen, und zwar unkommentiert von der Journalistin und Talkshow-Gastgeberin Sandra Maischberger:

"Es gibt Impfschäden natürlich, (...), dann gibt es leichte Komplikationen, also Reaktionen, am Impf-Ort wenn man so will, es gibt auch nach den Impfungen oft Müdigkeit, Erschöpfung, Fieber für ein paar Tage, also Gelenkschmerzen (...)

(...) und ich glaube, es ist fair zu sagen, es hat noch nie Impfungen gegeben, in der Geschichte der Menschheit, wo die Impfwirkungen und Impfnebenwirkungen genauer erfasst und dokumentiert wurden, als bei den mRNA-Impfungen gegen COVID.

Das sind Impfungen, wo man klar sagen kann: für jede Altersgruppe, wo die Impfung zugelassen ist, ist der Nutzen viel größer, als die Nebenwirkung."

Diese "beschriebenen Folgen der Impfung" würden "in Deutschland durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sehr minutiös dokumentiert und ausgewertet". Dieses Statement enthält dermaßen viele – nennen wir sie "diskussionswürdige" – Behauptungen, Thesen und gefühlte Gewissheiten, dass es den kritischen Zuhörer annähernd sprachlos im Anschluss in den Fernsehsessel zurücksinken lässt. Folgender Satz aus dem Mund eines Gesundheitsministers während der jüngsten Maischberger-Sendung gehört ebenfalls in das sich stetig füllende Archiv von bizarren Lauterbach-Äußerungen:

"Die tödlichen Verläufe (bei Omikron-COVID-Infektionen) sind immer sehr gravierend."

Werden solche Auftritte und Äußerungen eines leitenden Politikers eigentlich nachweislich und wahrnehmbar in den Sphären verantwortlicher Politiker und kritischer Medien diskutiert, thematisiert und ausgewertet – im Hinblick auf die generelle berufliche Eignung für ein dermaßen wichtiges Ministeramt? Nein, das werden sie offenbar nicht, denn diese Realität irritiert nicht nur, sondern lässt bei immer mehr Menschen die Hoffnung schwinden, dass in diesem Land seitens der Regierungspolitiker überhaupt ein echtes und glaubwürdiges  Interesse vorherrscht, individuellen Gesellschaftsgruppen das Leben wieder lebenswerter zu machen und die dafür so dringend benötigten Rahmenbedingungen zu schaffen.

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