Meinung

Colin Powell hätte leicht Präsident der USA werden können – wenn er kandidiert hätte

Colin Powell hätte Präsident der Vereinigten Staaten werden können. Stattdessen wird ihn die Geschichte als jenen Mann in Erinnerung behalten, der dem UN-Sicherheitsrat einen falschen Kriegsgrund verkaufte – unter Verletzung aller Prinzipien, für die er einzustehen behauptete.
Colin Powell hätte leicht Präsident der USA werden können – wenn er kandidiert hätteQuelle: www.globallookpress.com © Mark Reinstein/MediaPunch via ww

Ein Kommentar von Scott Ritter

Am vergangenen Montag starb Colin Powell im Alter von 84 an den Folgen von COVID-19. Über das Leben und das Wirken dieser amerikanischen Ikone wird noch viel geschrieben werden. Meine Wertschätzung für diesen Mann stammt aus einer Zeit gemeinsamer Erfahrungen. Von 1987 bis 2002 waren Colin Powell und ich auf einer gemeinsamen Reise durch die amerikanische Geschichte, auf einer Reise, die mein Leben prägte – und auch meine Meinung über diesen Mann, den ich dann als jemanden bewunderte, der meiner Stimme für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten würdig war und der als Person verleumdet wurde, der – als es hart auf hart kam – den Standards, die er anderen auferlegte, nicht entsprechen konnte.

Ich traf Colin Powell zum ersten Mal 1988 – ich als Kofferträger von Major Paul Trahan, einem Offizier bei der neu gegründeten Inspektionsstelle OSIA. Die war im Februar 1988 gegründet worden, um die Einhaltung des INF-Vertrags umzusetzen, der die USA und die Sowjetunion verpflichtete, zwei komplette Klassen atomar bewaffneter ballistischer Raketen zu beseitigen, die bis dahin als ernste Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit in Europa galten. Der Vertrag war im Dezember 1987 unterzeichnet worden. Powell war im November 1987 zum Nationalen Sicherheitsberater von Präsident Ronald Reagan ernannt worden, was zwar nicht bedeutete, dass er in der kritischen Phase der Verhandlungen vor Unterzeichnung des Vertrags die Fäden zog. Aber er hatte bereits von Dezember 1986 bis November 1987 als stellvertretender Nationaler Sicherheitsberater gedient, was wiederum bedeutete, dass er mit den Herausforderungen bei den INF-Verhandlungen sehr wohl vertraut war.

Während Powell bei der Abfassung des INF-Vertrags keine entscheidende Rolle spielte, war er ein wichtiger Akteur bei der Ratifizierung des Vertrages durch einen skeptischen US-Senat. Die Aufgabe von Major Trahan bestand im März und April 1988 darin, die Senatoren und ihre jeweiligen Stäbe umfassend über die Organisation und Mission der OSIA zu unterrichten, um Vertrauen dafür zu gewinnen, dass diese neue Struktur der Aufgabe gewachsen sein würde, das Vertragsmandat und die Überprüfung der Einhaltung der sowjetischen Abrüstungsverpflichtungen effektiv umzusetzen. Major Trahan war ein Überbleibsel der ursprünglichen Task Force des Generalstabs der Streitkräfte, die vor der Gründung von OSIA ein Büro im ehemaligen Gebäude der Exekutive neben dem Weißen Haus hatte.

Meine Aufgabe war es damals, Major Trahan zu verschiedenen Briefings im US-Senat, im Außenministerium, im Pentagon und im Nationalen Sicherheitsrat zu begleiten, Notizen zu machen und die Präsentationsfolien bei Bedarf zu aktualisieren. Wir informierten viele hochkarätige Persönlichkeiten in Washington. Und für einen jungen, leicht zu beeindruckenden Oberleutnant war dies eine berauschende Erfahrung. Als ich einmal im Gebäude der Exekutive auf Major Trahan wartete, beobachtete ich, wie ein großer schwarzer Mann in Anzug und Krawatte, begleitet von einer Schar Assistenten, einige in Zivil, andere in Militäruniform, durch den Gang schritt. "Das ist Generalleutnant Colin Powell", erklärte mir Trahan. "Diese Leute, die wir briefen, denken, dass sie es sind, die das Sagen haben. Aber er ist der HMFIC" – und er verwendete damit ein Akronym, das jedem, der im Militär gedient hat, ein Begriff und gut bekannt ist – "Head Motherfucker in Charge", zu Deutsch in etwa: "Der verdammte Chefkerl, der das Kommando hat".

Powell spielte eine entscheidende Rolle bei der Navigation durch die schwierigen politischen Fahrwasser rund um die Fragen der Ratifizierung des INF-Vertrages und half letztendlich dabei, eine 93:5 Zustimmung im US-Senat zu erzielen. Powell war auch der Hauptarchitekt für die US-amerikanische Position beim Moskauer Gipfeltreffen zwischen Präsident Reagan und dem sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow im Juni 1988. Wenn man nach einem Wendepunkt sucht, der den Beginn vom Ende des Kalten Krieges zwischen den USA und der Sowjetunion markiert, dann war dies die Zeit zwischen der Unterzeichnung des INF-Vertrages im Dezember 1987 und dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Moskau im Juni 1988. Und Colin Powell war der Mann, der dazu beigetragen hatte.

Die nächsten zweieinhalb Jahre verbrachte ich in der Sowjetunion in einer Fabrik für ballistische Raketen, um die Einhaltung der Bestimmungen des Vertrags zu überwachen und wurde nebenbei auch Zeuge der Politik von Perestroika und Glasnost, die unter der Führung von Michail Gorbatschow begonnen wurde. Es geschieht jedoch nichts in einem Vakuum, und die Rolle, die Reagans "HMFIC" damals spielte, um in dieser Zeit bedeutsame Verbesserungen in den amerikanisch-sowjetischen Beziehungen herbeizuführen, wurde von Historikern bisher weitgehend ignoriert.

Meine nächste Erfahrung mit Colin Powell sammelte ich im Herbst 1990. Ronald Reagan war aus dem Weißen Haus ausgezogen, George Bush Senior war eingezogen. Und Saddam Hussein war in Kuwait eingefallen, so dass die USA eine militärische Reaktion mit dem Ziel vorbereiteten, die irakischen Streitkräfte wieder aus Kuwait zu vertreiben. Colin Powell war zu diesem Zeitpunkt bereits in den Rang eines Generals befördert worden und inzwischen der Vorsitzende des Generalstabs. Ein anderer General, Norman Schwarzkopf, war dabei, eine Kriegsplanung zu erstellen, die in einer klassischen Konfiguration für Bodenkämpfe zwei Divisionen der Marineinfanterie vorsah, um damit einen Frontalangriff auf die härtesten irakischen Verteidigungsstellungen zu starten. Der Oberkommandierende der Marineinfanterie, General Al Gray, war über diesen Plan ebenso besorgt wie Colin Powell.

Powell autorisierte einen seiner Mitarbeiter, sich an Generalmajor Matt Caulfield zu wenden, den Direktor des Zentrums für Kriegsführung der Marineinfanterie, um diesem bei der Entwicklung operativer Konzepte für den Einsatz von Kräften der Marineinfanterie zu unterstützen und so ein Abschlachten dieser Kräfte in irakischen Schützengräben zu vermeiden. Matt Caulfield bildete eine "Ad-hoc-Studiengruppe", wie er sie nannte, um alternative Pläne zu definieren, und ich wurde dabei als Offizier für den Nachrichtendienst eingesetzt. Die Ad-hoc-Studiengruppe informierte General Gray über ihre Arbeit, der wiederum ein Team autorisierte, in den Nahen Osten zu reisen, um General Schwarzkopf davon zu überzeugen, seinen Schlachtplan zu ändern. Die Mission scheiterte und der Golfkrieg entfaltete sich, wie es sich Schwarzkopf vorgestellt hatte. Aber ich war beeindruckt von der Sorge Colin Powells um das Leben der Marines und von seinem Bemühen, unkonventionelle Lösungen für schwierige Probleme zu suchen.

Meine nächste Erfahrung mit Powell hatte ich mitten in diesem "Zweiten Golfkrieg". Ich war an Operationen zur Bekämpfung irakischer Scud-Raketen beteiligt und suchte nach Möglichkeiten, die Angriffe mit diesen Raketen zu unterbinden, bevor sie auch noch gegen Israel oder auf der Arabischen Halbinsel eingesetzt werden könnten. Es gab einen großen politischen Druck, diese Scud-Raketen zu vernichten oder abzuwehren, auch um Israel aus diesem Krieg herauszuhalten. Einmal bombardierten US-Flugzeuge mutmaßliche Scud-Abschussrampen im Westirak. Die US Air Force behauptete, sieben davon vernichtet zu haben und präsentierte ein Video, um diese Behauptung zu untermauern. Ich war allerdings der zuständige nachrichtendienstliche Offizier, der dafür verantwortlich war, zerstörte Scud-Rampen zu identifizieren und zu erfassen. Und als ich das Video untersuchte, wurde schnell klar, dass die zerstörten Fahrzeuge und Objekte nicht annähernd etwas mit Scud-Abschussrampen zu tun hatten. Schwarzkopf hatte jedoch im nationalen Fernsehen bereits über diesen "Erfolg" geprahlt. Als ich am nächsten Morgen den offiziellen Bericht erstellte, strich ich unter der Spalte "bestätigte Zerstörung" die Zahl sieben durch und schrieb "Null" hin.

Daraufhin wurde ich umgehend mit einem Oberst konfrontiert, der mich anwies, die Zahl wieder zu ändern. Dies konnte ich allerdings nicht in gutem Glauben tun, und so wurde ich in der Folge von meinen Aufgaben entbunden und durch jemanden ersetzt, der es mit den Fakten nicht so genau nahm. Mein erster Bericht hatte es jedoch bis nach Washington geschafft, wo er auf dem Schreibtisch von Colin Powell landete. Er rief Schwarzkopf an und teilte ihm mit, dass die Angaben zu den zerstörten Raketen falsch seien. Später bestätigte eine detailliertere Einschätzung des Nachrichtendienstes der Streitkräfte meine Erkenntnisse, und so wurde mir mein Einsatzkommando zurückgegeben. Wenn man ein junger Hauptmann ist, ist es schön zu erleben, wie der Vorsitzende des Generalstabs sich für einen einsetzt.

Powell war auch der Mann, der dafür verantwortlich war, diesen Golfkrieg vorzeitig zu beenden. Das ursprüngliche Operationskonzept sah die Vernichtung der irakischen Republikanischen Garde vor und identifizierte sie korrekt als das Gravitationszentrum von Saddam Husseins Regime. Das Kriegsgeschehen hatte sich auf eine Weise entwickelt, dass die Republikanischen Garden von den US- und Koalitionstruppen in einen Kessel getrieben wurden. 24 bis 36 Stunden länger und diese irakischen Streitkräfte waren völlig vernichtet gewesen.

Powell hingegen reagierte sensibel auf die politischen Folgen von Bildern der Zerstörung eines flüchtenden irakischen Konvois, außerhalb von Kuwait-Stadt, der infolge einer Bombardierung durch US-Flugzeuge unter hohen irakischen Opferzahlen komplett aufgerieben wurde. Diese sogenannte "Autobahn des Todes" führte dazu, dass die Menschen begannen, einen ansonsten fehlerfreien Krieg infrage zu stellen. Powell argumentierte, dass die Kämpfe ein Ende haben sollten, selbst wenn dies bedeutete, dass Teile der irakischen Republikanischen Garde überleben würden. Mehr als jede andere Entscheidung hat es diese dem Regime von Saddam Hussein ermöglicht, diesen Krieg zu überleben, und schuf die Bedingungen für ein Jahrzehnt der Instabilität am Persischen Golf.

Colin Powell blieb nach der Wahl von Präsident Bill Clinton weiterhin Vorsitzender des Generalstabs und war in dieser Funktion tätig, als ich der Sonderkommission der Vereinten Nationen (UNSCOM) beitrat, die nach dem Golfkrieg mit der Entwaffnung des Irak beauftragt wurde. Im Oktober 1991 befanden sich die Beziehungen zwischen den UN-Inspektoren und der US-Regierung in einem Krisenmodus. Ironischerweise wurden jedoch die Bemühungen der UNSCOM von drei US-Amerikanern koordiniert – Doug Englund, dem Stabschef, Tom Brock, dem Direktor für Operationen, und mir als Nachrichtendienstoffizier der UNSCOM. Doug, Tom und ich zogen alle unsere Erfahrungen aus der Zeit des INF-Vertrages zusammen und betrachteten das gesetzliche Mandat für die Inspektionen als unantastbar – in diesem Fall die Resolution 687 des UN-Sicherheitsrates.

Die CIA war jedoch der Meinung, dass die Inspektoren aggressiver vorgehen sollten, dass sie auch außerhalb ihres gesetzlichen Mandats operieren sollten. Doug, Tom und ich hatten bereits einen sehr aggressiven Aktionsplan vorgelegt, den die CIA jedoch ablehnte. Die CIA wandte sich an Colin Powell und forderte die Absetzung dieser drei lästigen Amerikaner. Nach einer kurzen Untersuchung stellte sich Colin Powell jedoch auf die Seite von Doug, Tom und mir. Auch hier war es keine schlechte Sache, dass der Vorsitzende des Generalstabs für einen kämpft. Später im Herbst 1993 leitete ich eine große Inspektion im Irak, um nach möglichen Überresten irakischer Scud-Einheiten zu suchen. Das latente Konfliktpotenzial dieser Mission war enorm. Colin Powell brachte sich persönlich ein und erhielt wöchentlich einen Bericht darüber, wie die Inspektion geplant, trainiert und durchgeführt wurde.

Powell sorgte für ausreichende US-Unterstützung und entsandte einen Offizier der Abteilung für Spezialoperationen des Generalstabs als Verbindungsmann. Die Inspektion verlief wie geplant und trug dazu bei, zu beweisen, dass der Irak seiner Verpflichtung zum Abbau seiner Scud-Raketentruppen tatsächlich nachgekommen war. Powell hatte dieses Vorhaben unterstützt, trat jedoch im September 1993 zurück, bevor die Mission beendet war. Ohne Powell, der uns unterstützte, war die CIA in der Folge in der Lage, eine Desinformationskampagne zu starten, um die Ergebnisse der Inspektion infrage zu stellen. Und sie erklärte die Schlussfolgerung daraus für ungültig, indem ohne Beweise behauptet wurde, dass der Irak noch bis zu 200 Scud-Raketen in seinem Besitz habe. Die Abwesenheit von Powell war nun für alle deutlich spürbar.

Doch Colin Powell verließ das Militär und trat in den Ruhestand. Ich blieb bis August 1998 bei der UNSCOM, aus der ich schlussendlich aus Protest gegen die Einmischung der USA in diese Inspektionen zurücktrat. Ich sagte vor einer gemeinsamen Anhörung des auswärtigen und des militärischen Ausschusses des US-Senats über die Defizite der US-Politik in dieser Angelegenheit aus. Das war– eine Aktion, die mir eine Einladung zu einer Konferenz einbrachte, die von Forstmann & Little organisiert wurde, einer Private-Equity-Firma, die 1998 zu den einflussreichsten Unternehmen in den Vereinigten Staaten gehörte. Diese Position nutzte das Unternehmen dafür, die von ihr kontrollierten Verwaltungsräte mit einigen der einflussreichsten Personen der USA zu besetzen. Jedes Jahr im September veranstalteten die Forstmann-Brüder Teddy und Nick eine Konferenz in Aspen, Colorado, auf der Podiumsdiskussionen zu Fragen der nationalen Sicherheit und der Innenpolitik behandelt wurden. Diese Veranstaltungen wurden von vielen Verwaltungsräten besucht, zu denen 1998 auch Colin Powell gehörte.

Als frische "Berühmtheit" – angesichts meiner Aussage vor dem Senatsausschuss – wurde ich 1998 zu jener Konferenz eingeladen, zusammen mit zahlreichen Koryphäen, und konnte einige Zeit damit verbringen, mit Powell über eine Vielzahl von Themen einschließlich Irak zu sprechen. Ich war fasziniert von seiner Intelligenz und seiner unvoreingenommenen Persönlichkeit sowie von seiner wohlinformierten Einstellung zu vielen Problemen, mit denen die Welt und die Vereinigten Staaten konfrontiert waren. Dieser Mann, dachte ich, könnte leicht Präsident werden, wenn er denn kandidieren würde. Tatsächlich war Colin Powell bereits 1996 als möglicher Kandidat für das Amt des Präsidenten der USA im Gespräch gewesen, aber Powell entschied sich dagegen. Basierend auf meinen früheren Erfahrungen mit ihm als Kommandeur, hat die Begegnung in Aspen meine Unterstützung für Colin Powell gefestigt, falls er sich jemals entschließen sollte, für das Weiße Haus zu kandidieren.

Die nächste Gelegenheit Colin Powells, für die Präsidentschaft zu kandidieren, kam im Jahr 2000. Als jedoch der Sohn von George Bush Senior, George W. Bush, beschloss, sich selbst ins Rennen zu begeben, stellte Powell seine Loyalität gegenüber der Bush-Familie über seinen persönlichen Ehrgeiz und unterstützte die erfolgreiche Kampagne von Bush Junior. Powell wurde dafür mit der Ernennung zum Außenminister belohnt, der somit zur ersten afroamerikanischen Person wurde, die dieses Amt je innehatte. Ich legte große Hoffnungen in Powell, besonders nach den Terroranschlägen vom 11. September, als sich die USA einem neuerlichen Krieg gegen Irak näherten – einer Nation, die gar nichts mit den Ereignissen des 11. Septembers zu tun hatte.

Aber etwas Entscheidendes hatte sich geändert. Als ich mich im Herbst 2002 gegen den Krieg der Bush-Administration gegen den Irak aussprach, tadelte mich Colin Powell öffentlich, weil ich die Behauptungen der Bush-Administration über angebliche irakische Massenvernichtungswaffen als faktisch nicht fundiert anzweifelte. Und er sagte zu Journalisten, dass "Scott Ritter schon seit einiger Zeit nicht mehr der Gemeinschaft der Geheimdienste angehört". Powell machte diese Äußerung, obwohl er selbst wusste, dass die CIA wusste, dass es keine neuen Geheimdienstinformationen über irakische Massenvernichtungswaffen gab und dass ihre verfügbaren Informationen nur bis 1998 zurückreichten – in eine Zeit also, in der ich noch sehr wohl im Zentrum des Geheimdienstwissens über irakische Massenvernichtungswaffen stand. Powell scheiterte an diesem ultimativen Test über seine persönliche Integrität, indem er im Februar 2002 eine Rede vor dem UN-Sicherheitsrat hielt, in der er eine Geheimdienstleiche präsentierte und der Welt gefälschte Einkaufsliste verkaufte. Seine gesamte Präsentation beruhte auf Informationen, von denen sowohl er als auch die CIA wussten, dass sie nicht zutrafen – dennoch lieferte er sie gehorsam ab, da er seine Loyalität gegenüber der Familie Bush höher bewertete als sein Pflichtgefühl gegenüber seinem Land.

Leider wird die historische Erinnerung an Colin Powell durch diesen Auftritt vor dem UN-Sicherheitsrat geprägt sein – kein noch so großes Eingeständnis von Schuld kann ihn jemals von seiner Rolle bei der Legitimation dieses illegitimsten aller Konflikte freisprechen, mit der der Weg für die Invasion und Besetzung des Irak durch US-Streitkräfte geebnet wurde, was dazu führte, dass Tausende von US-Amerikanern und sogar Hunderttausende von Irakern ihr Leben lassen mussten. Colin Powell war der Mann, der Präsident hätte werden können, hätte er diesen Ehrgeiz 1996 oder 2000 umgesetzt. Indem er aber dem Druck nachgab, der durch seine persönliche und politische Loyalität erst entstanden war, enthüllte Powell jedoch, dass er sich keineswegs von allen anderen unterschied, die eine Position in der nationalen Führung anstreben, aber bereit sind, dafür das nationale Wohl im Namen des persönlichen Interesses zu opfern.

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Übersetzt aus dem Englischen.

Scott Ritter ist ein ehemaliger Offizier für Aufklärung der US-Marineinfanterieund Autor von "SCORPION KING: America's Suicidal Embrace of Nuclear Weapons from FDR to Trump". Er diente den USA in der Sowjetunion als Inspektor für die Umsetzung der Auflagen des INF-Vertrags, während des Zweiten Golfkriegs im Stab von General Norman Schwarzkopf und war danach von 1991 bis 1998 als Waffen-Chefinspekteur bei der UNO im Irak tätig. Derzeit schreibt Ritter über Themen, die die internationale Sicherheit, militärische Angelegenheiten, Russland und den Nahen Osten sowie Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung betreffen. Man kann ihm auf Twitter unter @RealScottRitter folgen.

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