Meinung

Chinas Neue Seidenstraße laut US-Studie dem Untergang geweiht – doch die Fakten sprechen dagegen

Eine neue "Studie" behauptet, dass sich Pekings riesiges weltweites Investitionsprogramm, die Belt-and-Road-Initiative, mit steigenden Schulden konfrontiert sieht und "an Schwung" verliert. Doch ein genauerer Blick auf die Fakten zeigt uns ein anderes Bild.
Chinas Neue Seidenstraße laut US-Studie dem Untergang geweiht – doch die Fakten sprechen dagegenQuelle: www.globallookpress.com © Jochen Tack via www.imago-images

eine Analyse von Tom Fowdy

Westliche Mainstream-Medien haben vergangene Woche fast unisono über eine "Studie" berichtet, zu der Reuters eine eigene, knackige Schlagzeile entwarf, in der es behauptete, Chinas Belt-and-Road-Initiative (BRI) verliere an Schwung.

Die Studie wurde, wie im Reuters-Bericht erwähnt, von der US-Regierung über ihre eigene internationale Hilfsorganisation USAID gesponsert und präsentierte die üblichen Klischees, wonach China böswillig andere Nationen mit "versteckten Schulden" belaste, die Korruption fördere und weitreichende Umweltschäden in den an der BRI teilnehmenden Ländern verursache. Sie behauptete ferner, dass der Widerstand gegen das Investitionsprogramm zunehme.

Die Veröffentlichung dieses Berichts erfolgte zufällig in derselben Woche, in der US-Vertreter zu einer diplomatischen Rundreise durch Lateinamerika aufbrachen, um Chinas Mega-Investitionen im Rahmen der BRI entgegenzuwirken. Dies folgte auf einen Beschluss der G7 vom vergangenen Juli, eine eigene globale Initiative zur Entwicklung von Infrastruktur namens Build Back Better World (B3W) als Gegengewicht zu Pekings BRI ins Leben zu rufen.

Es mutet etwas seltsam an, dass diese B3W-Initiative nötig erscheint, wenn sich die BRI doch so arg in einer Schieflage befinden soll, wie es in der "Studie" behauptet wird. Dies alles ist kein Zufall. Der Bericht ist im Wesentlichen eine hinterhältige PR-Nummer der US-Regierung, die darauf abzielt, China zu verunglimpfen. Mit anderen Worten: Propaganda. Die Vereinigten Staaten sind Meister dieser Kunst und können auf eine lange Geschichte zurückblicken, in der sie ihren jeweiligen außenpolitischen Zielen mittels "Studien" den Boden vorbereitet haben, die Illusion einer Unabhängigkeit der mit ihr verbundenen Organisationen vorgaukeln, deren "Studien" in ihrer Resonanz anschließend immer in einer konzertierten Kampagne in den Mainstream-Medien verstärkt werden. Wir haben dies bei zahlreichen Gelegenheiten erlebt, zuletzt in der Frage rund um die chinesische autonome Region Xinjiang und den mit ihr verbundenen Vorwürfen von Zwangsarbeit und Unterdrückung der Uiguren.

Es ist bemerkenswert, wie sich die Gewichtung der US-Außenpolitik von der Xinjiang-Frage jetzt darauf verlagert hat, der BRI Steine in den Weg zu legen. Aber man wusste, dass das kommen würde. Als der US-Senat Anfang dieses Jahres seinen Gesetzentwurf zum "strategischen Wettbewerb" ausarbeitete, stellte er 300 Millionen US-Dollar an Finanzmitteln bereit, mit denen gezielt "negative Nachrichten" über "die Folgen der chinesischen Belt-and-Road-Initiative" weltweit verbreitet werden sollen. Es ist daher keine Überraschung, dass genau dies in der eben veröffentlichten "BRI-Studie" geschieht. Und es ist ein Vorzeichen für das, was uns in Zukunft noch erwarten wird.

Versagt die BRI tatsächlich und verliert sie an Schwung? Das ist zumindest der Drall, den Reuters in seinem Bericht angesetzt hat. Doch die Fakten deuten stark auf etwas anderes hin. In der Berichterstattung der westlichen Mainstream-Medien über die BRI liest und hört man fast ausschließlich von einer kleinen Anzahl von BRI-Projekten, die scheitern oder in lokale Kontroversen verstrickt sind. Und diese Projekte sind diejenigen, von denen man hofft, dass sie das Narrativ dominieren und dabei helfen sollen, das Gesamtprojekt BRI in einem kritischen und kontroversen Licht erscheinen zu lassen. Es stimmt, dass einige BRI-Projekte in Malaysia abgesagt wurden, wie zum Beispiel der geplante Bau einer Hochgeschwindigkeitsbahn, die Kuala Lumpur und Singapur verbinden sollte.

Die Mainstream-Medien greifen diese Entwicklungen vorhersehbar auf und stricken daraus weitreichende Verallgemeinerungen, wobei tiefergreifendere Umstände ignoriert werden, die hinter solchen Rückschlägen liegen. So wurde beispielsweise die Hochgeschwindigkeitsbahn in Malaysia ein Opfer der weltweiten Konjunkturabschwächung, ausgelöst durch die COVID-19-Pandemie, was die beteiligten Regierungen finanziell belastete und zu Etatkürzungen zwang. Dennoch wurde der Baustopp als "Rückschlag" für China oder das Projekt kurzerhand als "Hochgeschwindigkeitsbahn ins Nirgendwo" umgedeutet. Bei einem so großen Programm wie der BRI, das fast eine Billion US-Dollar und weltweit Tausende von Projekten umfasst, ist es unvermeidlich, dass einige nicht zustande kommen. Aber westliche Mainstream-Medien sorgen verlässlich dafür, dass man von den erfolgreichen BRI-Projekten nichts hört oder liest, denn Chinas Leistungen in einem positiven Licht zu betrachten, käme effektiv einer Form von Blasphemie gleich.

Hier ist ein Geschmack von dem, was man Ihnen lieber verschweigt. Eine Studie von Refinitiv, einem der weltweit größten Anbieter von Daten über den Finanzmarkt und Infrastruktur mit Sitz in Großbritannien, ergab, dass bis 2019 BRI-Projekte im Wert von über 516 Milliarden US-Dollar abgeschlossen wurden, bei einer Stornierungsrate von nur 0,3 Prozent. Die Studie listete weltweit 2.631 verschiedene Projekte in mehr als 120 Ländern auf.

Um nur einige Beispiele für Erfolge der BRI zu nennen: China hat letztes Jahr in Lahore, Pakistan, ein U-Bahn-System fertiggestellt und im vergangenen Mai ebenda ein 1.000-Megawatt-Atomkraftwerk in Betrieb genommen. China baut derzeit in Ägypten das größte Gebäude auf dem afrikanischen Kontinent sowie das größte Gebäude Südasiens, den Lotus Tower in Colombo, Sri Lanka, und steht kurz vor der Fertigstellung der China-Laos-Hochgeschwindigkeitsbahn. Mehrere transkontinentale Eisenbahnstrecken durch China nach Europa wurden ebenfalls eröffnet.

Die Studie von Refinitiv hat auch die Warnungen vor einer "Schuldenfalle", in der die teilnehmenden Länder geraten könnten, entkräftet und festgestellt, dass sich bei einer Überprüfung von 40 Fällen, in denen China Auslandsschulden neu verhandelt hat, ein anderes Bild abzeichnete. Die BRI wird niemandem aufgezwungen, sie ist nicht dogmatisch und auch nicht monolithisch, und sie ist flexibler und pragmatischer, als ihr zugetraut wird. Wenn BRI-Projekte als zu teuer oder unpopulär wahrgenommen werden, dann verhandeln die Partnerländer diese oft mit China, das seine Position in der Regel entsprechend anpasst.

Die Vorstellung, dass Entwicklungsländer blind und naiv einseitige Bedingungen akzeptieren, sich selbst bestrafende Vereinbarungen treffen und daher nicht wissen, "was ihre besten Interessen sind", ist beleidigend. Es fußt wie üblich auf der Idee des Westens als "Heilsbringer", mit der seit Jahrhunderten Kolonialismus und Herrschaft gerechtfertigt wird. Es gibt einen erstaunlichen Mangel an historischem Bewusstsein und Sensibilität bei denen, die solche Behauptungen vertreten.

Die Belt-and-Road-Initiative ist wahrscheinlich das am meisten angeschwärzte und übertrieben falsch und verzerrt dargestellte Projekt der Geschichte. Seit Jahren bemühen sich die USA, aufgrund der Einschränkungen durch ihr politisch-ökonomisches System eine Antwort auf Chinas große Pläne zu finden, haben aber die meiste Zeit einfach darauf zurückgegriffen, diese anzugreifen und zu diskreditieren.

Die von USAID finanzierte "Studie" ist nichts weiter als ein erneuter und verzweifelter Angriff auf die BRI, Teil einer politisierten und konzertierten Kampagne, von der Washington hofft, dass es damit Zustimmung zu seiner eigenen außenpolitischen Agenda gewinnen kann. Dieses verzerrte Narrativ dient dazu, den Erfolg von BRI-Projekten um jeden Preis herunterzuspielen und aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit zu verbannen, indem einzelne Beispiele des Scheiterns aufgebauscht werden, um das System als Ganzes in einem trüben Licht darzustellen. Doch das entspricht nicht der Realität, und die Fakten werden letztendlich für sich selbst sprechen.

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Übersetzt aus dem Englischen.

Tom Fowdy ist ein britischer Autor und Analytiker für Politik und internationale Beziehungen mit Schwerpunkt Ostasien. Er twittert unter @Tom_Fowdy

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