Meinung

Maskenpflicht und Impfpass sind ein Kniefall vor der überdrehten Gesundheits- und Sicherheitsmoral

Bei den illiberalen Maßnahmen westlicher Nationen gegen die COVID-19-Pandemie geht es weniger um "die Wissenschaft", dafür umso mehr um einen besorgniserregenden Kurswechsel in der Politik. Einige sehr grundlegende Freiheiten, die wir traditionell genossen haben, sind in großer Gefahr.
Maskenpflicht und Impfpass sind ein Kniefall vor der überdrehten Gesundheits- und SicherheitsmoralQuelle: www.globallookpress.com © Eibner-Pressefoto/EXPA/Feichter

von Dr. Stuart Waiton

In den USA übt Joe Biden Druck auf die Berufstätigen aus, damit diese sich impfen lassen. Ohne Nachweis, dass man nicht an COVID-19 leidet, oder ohne Impfnachweis kann man seinen Arbeitsplatz in einem Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern nicht mehr betreten. Von dieser Maßnahme sind zwei Drittel der berufstätigen Bevölkerung betroffen – rund 100 Millionen Menschen.

Während viele Liberale in den USA verständlicherweise mit Empörung auf Änderungen der Abtreibungsbestimmungen in gewissen Bundesstaaten wie Texas reagiert haben, wird das Argument der körperlichen Selbstbestimmung als grundlegendes Menschenrecht, ein Recht, das im Zusammenhang mit der COVID-19-Impfung steht, kaum erwähnt.

In England sind Impfpässe bislang nicht eingeführt worden. In Schottland hat die regierende Scottish National Party (SNP) jedoch einmal mehr gezeigt, dass sie mit der Einführung von Impfpässen für große Veranstaltungen in die erste Reihe vordrängt und bereit ist, mit dieser autoritären Maßnahme einen Schritt weiterzugehen als ihre englischen Kollegen. Die Maßnahmen betreffen nicht nur Veranstaltungen im Freien mit bis zu 10.000 Teilnehmern und Veranstaltungen in Innenräumen mit bis zu 500 Teilnehmern, sondern auch für das Aufsuchen von "Veranstaltungsorten für sexuelle Unterhaltung" benötigt man einen Impfnachweis, was auf eine puritanische Dimension dieser Maßnahme hindeutet.

Trotz der Tatsache, dass 84 Prozent der Über-18-Jährigen beide Impfungen erhalten haben, wurden die Maßnahmen in Schottland teilweise – und wohl größtenteils deshalb – eingeführt, um Druck auf jüngere Menschen auszuüben, sich gegen ein Virus zu impfen, das wenig oder keine Gefahr für sie darstellt. Hinsichtlich der Verwendung der Impfpässe wurden verschiedene Bedenken geäußert. Einige argumentieren, dass es bei diesen Maßnahmen einen "Mangel an Transparenz" gibt. Andere haben die Auswirkungen angesprochen, die diese Maßnahmen auf Unternehmen haben werden, insbesondere auf Unternehmen, die vornehmlich Abends und Nachts tätig sind. Nachtclubs, die vor allem von Jugendlichen besucht werden, sind eindeutig das Hauptziel der SNP.

Die Sorgen um die Wirtschaft und die fehlende Transparenz sind berechtigt, aber als zweitrangig zu betrachten – kaum erwähnenswert im Vergleich zur Frage der freien Wahl eines Menschen, ob sich er sich impfen lassen möchte oder nicht. Die Menschen werden zwar nicht buchstäblich dazu gezwungen, sich impfen zu lassen, aber es gibt einen klaren und beabsichtigten Druck, insbesondere auf junge Menschen, sich den Impfstoff gegen ihren Willen verabreichen zu lassen. In einer freien Gesellschaft, in der die Autonomie des Einzelnen respektiert wird, ist dies völlig inakzeptabel.

Zur Ehrenrettung Schottlands hat der schottische Parteivorsitzende der Liberaldemokraten, Alex Cole-Hamilton, erklärt, dass seine Partei "grundsätzlich gegen den Plan ist, der uns auf einen verstörenden und illiberalen Kurs führen wird". Aber diese Ansicht ist dünn gesät, Debatten über grundlegende liberale Freiheiten gibt es kaum.

Der unlogische Charakter des Impfpasses wird dadurch noch verschlimmert, dass unzählige Impfungen zwar einen gewissen Einfluss auf die Ausbreitung des Virus haben, Geimpfte sich jedoch weiterhin mit dem Virus infizieren und es weitergeben können. In gewisser Hinsicht ist klar, dass es bei der Einführung der Impfpässe um einen illiberalen Kurswechsel in der Politik geht und weniger um "die Wissenschaft".

Das sehen wir schon beim skurrilen Ritual des Maskentragens in Kneipen und Restaurants, das in Schottland nach wie vor vorgeschrieben ist, nicht aber in England. Aufstehen, Maske auf, hinsetzen, Maske ab. An schottischen Universitäten gehen Mitarbeiter und Studenten mit Masken durch die Gänge und nehmen sie während des Unterrichts ab. Das Tragen von Masken scheint mehr ein Ritual zu sein – ein Kniefall vor einer überdrehten Gesundheits- und Sicherheitsmoral – als eine Maßnahme gegen echte Risiken oder aufgrund wissenschaftlicher Evidenz.

Der Maskenwahn zeigte sich in seiner ganzen komischen Pracht bei einer Hochzeit, an der ich kürzlich teilnahm, bei der die Gäste den ganzen Tag maskenfrei tanzen, trinken, essen und sich unterhalten konnten – außer als die Standesbeamtin bei der eigentlichen Zeremonie selbst anwesend war. Verständlicherweise entschuldigte sie sich, als sie die Anwesenden bat, eine Maske aufzusetzen. Nur wenige kamen der Aufforderung nach.

Der zunehmend reaktionäre Charakter der Politik in Großbritannien ist natürlich nicht spezifisch für Schottland. Tatsächlich war es New Labour unter Tony Blair, der mit der Einführung der Politik der "Verhaltensbeeinflussung" und mit Slogans wie "Freiheit von der Angst" den Stein ins Rollen brachte.

Die Politik der "Verhaltensbeeinflussung" – oder das, was einige "libertäre Bevormundung" nennen – wird angewendet, um uns zu einem bestimmten Verhalten hinzubewegen, und gehört zum Arsenal einer modernen, elitären Expertenmeinung. Sie ist dazu da, uns alle zu ermutigen, die "richtigen Entscheidungen" in unserem Leben zu treffen.

Die Idee der "Freiheit von der Angst" hat dazu beigetragen, die Bedeutung von Freiheit zu verändern, sie auf den Kopf zu stellen, und bedeutet heute Freiheit von anderen Menschen statt Freiheit von der Staatsgewalt – eine "Freiheit", die auf immer mehr Polizeibefugnissen und der Regulierung des öffentlichen Lebens fußt.

Der SNP ist es natürlich gelungen, den Paternalismus in eine Kunstform zu verwandeln. Durch die Aufgabe des liberalen Grundprinzips der körperlichen Autonomie stehen wir jetzt vor einer Zweiklassengesellschaft – einer Gesellschaft, in der wir unsere Gesundheitspapiere auf uns tragen müssen, wenn wir Abends ausgehen wollen.

Der Umgang mit COVID-19 war in vielen Ländern von Anfang an illiberal. Der Öffentlichkeit wird wenig Vertrauen entgegengebracht, wenn es um die Auseinandersetzung mit den Problemen geht, mit denen wir konfrontiert sind. Der Impfpass ist in dieser Hinsicht ein logisches Ergebnis eines staatlichen Systems, das uns zunehmend als Laborratten betrachtet, die man "im Verhalten beeinflussen" muss, anstatt als Bürger, denen man vertrauen kann und auf die man eingehen sollte.

In Großbritannien gibt es bereits einen Rückgang der Impfungen gegen Meningitis und Blutkrankheiten und auch einen, wenn auch relativ geringen, Rückgang bei den Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln.

Ich vermute, dass diese Rückgänge nicht nur auf eine allgemeine "Impfmüdigkeit" zurückzuführen sind, sondern auch auf die Reaktion auf die politische und moralische Natur der COVID-19-Debatten und einer Ablehnung der eher autoritären Entwicklungen, mit denen die Sicht einiger Menschen auf die Impfungen verändert und besudelt wurden.

Wir müssen die Impfung entpolitisieren. Wir müssen sicherstellen, dass jedes Programm ausschließlich auf einer ausgewogenen medizinischen und wissenschaftlichen Beurteilung beruht. Wir müssen auch den Einzelnen ernster nehmen und ihn mit dem Respekt behandeln, den er verdient. Und das bedeutet, die Menschen von den Vorteilen von Impfungen zu überzeugen – nicht, sie dazu zu zwingen. Damit Impfkampagnen in einer freien Gesellschaft erfolgreich sind, muss man die Menschen mit medizinischen Argumenten dafür gewinnen.

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Übersetzt aus dem Englischen. Dr. Stuart Waiton ist leitender Dozent für Soziologie und Kriminologie an der Abertay University. Er ist Kolumnist für den Glasgow Herald, Autor von drei Büchern und schreibt derzeit ein Buch mit dem Titel The Criminalization of Everything. Den Blog von Dr. Waiton finden Sie unter https://stuartwaiton.wordpress.com/ und er twittert unter @StuartWaiton.

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