Meinung

Facebook, Google & Co. führen einen Krieg gegen den Terror – und verdienen damit Billionen

Ein kürzlich erschienener Bericht hat die Verstrickungen der Silicon-Valley-Riesen mit dem US-amerikanischen Staat offengelegt und die Milliarden von US-Dollar offenbart, die sie seit dem 11. September mit dem "Krieg gegen den Terror" verdient haben.
Facebook, Google & Co. führen einen Krieg gegen den Terror – und verdienen damit Billionen© Unsplash / Barefoot Communications

von Kit Klarenberg

Der "Krieg gegen den Terror" war ein rauschendes Festessen für die Rüstungsbranche, die damit in den vergangenen 20 Jahren Billionen an Einnahmen erzielte. Sie war jedoch nicht die einzige Branche, die davon profitierte. Wie ein neuer Bericht von drei amerikanischen Aktivistenorganisationen aufzeigt, "haben bekannte Namen der Technologiebranche wie Google, Amazon und Microsoft jeweils Milliarden durch den Verkauf von Technologie an die Kriegsmaschinerie eingenommen".

Insgesamt sollen 86 Prozent aller bisher an Amazon und 77 Prozent der an Google vergebenen Regierungsaufträge mit dem "Krieg gegen den Terror" im Zusammenhang stehen. Dieses Einkommen spielte eine entscheidende Rolle bei der Umwandlung dieser Unternehmen von kleinen Start-ups, die buchstäblich aus Kellern operierten, hin zu globalen Giganten. Darüber hinaus hat sich der Fokus ihrer Geschäftstätigkeiten auch auf den zivilen Sektor gerichtet, angefangen bei Datenbanken bis hin zu Drohnen, die für den häuslichen Gebrauch umfunktioniert wurden.

Von den fünf Bundesbehörden, die in den letzten zwei Jahrzehnten am meisten für die Dienste großer Technologieunternehmen ausgegeben haben, waren vier zentral für den "Krieg gegen den Terror" oder wurden als Folge davon gegründet – das Verteidigungsministerium, das Ministerium für Heimatschutz, das Justiz- und das Außenministerium. Seit 2004 sind allein von diesem Quartett mindestens 44,5 Milliarden US-Dollar an Big Tech geflossen.

Im Bericht wurde berechnet, dass man für diese Summe der gesamten Bevölkerung Afghanistans eine 15-fache Nahrungsmittelhilfe hätte leisten und der gesamten Bevölkerung des Iraks einen 26-fachen Zugang zu Unterkünften, Gesundheitsversorgung, Nahrungsmittel und Wasser oder über 50.000.000 Tonnen Lebensmittel im Jemen verteilen können.

Stattdessen wurden mit der Summe Vorhaben finanziert wie das Maven-Programm von Google, das künstliche Intelligenz einsetzt, um Angriffe mit Drohnen effizienter zu machen. Die analysierten Daten im Bericht umfassen allerdings nur die öffentlich zugänglichen Informationen, sodass die aufgeführten Zahlen "sehr wahrscheinlich zu tief liegen".

Der stetige Anstieg der Ausgaben Washingtons für Technologie in den vergangenen Jahren – 2019 erhielten Amazon und Microsoft das Fünf- bzw. Achtfache an Verträgen, die sie noch vier Jahre zuvor erhalten hatten – geht einher mit einem stetigen Rückgang der Anzahl an Verträgen, die üblicherweise an traditionelle Akteure wie Northrop Grumman und Raytheon gingen. Im gleichen Zeitraum pendelten auch Hunderte von Personen zwischen hochrangigen Jobs bei Technologiegiganten und den Ministerien, die deren Dienste in Anspruch nehmen.

Jared Cohen beispielsweise leitet derzeit Jigsaw, eine Businesseinheit bei Google, "die Bedrohungen für die offene Gesellschaften analysiert". Er trat dem Unternehmen 2010 nach vier Jahren im Außenministerium bei, wo er an zahlreichen Bemühungen beteiligt war, Regierungen im Ausland zu destabilisieren. Im Juni 2009, während der Proteste im Iran, wandte sich Cohen beispielsweise an Twitter und bat das soziale Netzwerk darum, mit den geplanten Wartungsarbeiten, durch die die Plattform vorübergehend hätte runtergefahren werden müssen, abzuwarten, um sicherzustellen, dass die Demonstranten im Iran weiterhin twittern konnten.

Berichten zufolge zog er sich dadurch den Zorn einiger Beamte im Weißen Hauses zu, da seine Aktion gegen die Richtlinie der Obama-Regierung verstoßen habe, sich nicht in die Angelegenheiten Teherans einzumischen – und es scheint, dass auch Google mit seinem aufständischen Verhalten manchmal ähnlich unglücklich war. Durchgesickerte interne E-Mails des privaten Geheimdienstes STRATFOR enthüllten, dass die Vorstandsvorsitzenden von Google versuchten, Cohen im Februar 2011 daran zu hindern, Gaza zu besuchen, da sie vermuteten, dass das "wandelnde Pulverfass" auf einer "spezifischen Mission für einen Regimewechsel" war. Vielleicht fürchteten sie, seine Tarnung sei aufgeflogen. In einer weiteren E-Mail hieß es, dass Cohen sich Tage nach Beginn der Proteste in Kairo mit Wael Ghonim getroffen hat, einem Google-Mitarbeiter, der die ägyptische Revolution 2011 mit in Gang setzte.

Eines der ersten Projekte von Jigsaw war die Entwicklung einer umstrittenen Anti-Terror-Anwendung für Social-Media-Plattformen, mit denen Muslime davon abgehalten werden sollten, sich Gruppen wie Daesh anzuschließen, indem man Anzeigen gezielt auf Einzelpersonen richtet, die Begriffe und Schlüsselwörter in die Suchmaschine eingeben, die Google als solche identifiziert, die von potenziellen Terroristen verwendet werden.

Es ist nicht bekannt, ob diese Anwendung eine Überwachungskomponente hat, obwohl das nicht überraschend käme. Nach offiziellen Angaben hat Google im Jahr 2020 bei 82 Prozent aller Anfragen Informationen an US-Behörden weitergegeben. Facebook kam bei 89 Prozent aller Anfragen aus Washington nach. Seine 2015 ins Leben gerufene Abteilung Threat Intelligence (Bedrohungsinformation) ist eine wahre Spionagehöhle, zu deren Mitarbeitern zahlreiche ehemalige CIA- und NSA-Agenten zählen.

Amazon meldete im vergangenen Jahr einen Anstieg um 800 Prozent bei staatlicher Anfragen nach Informationen, die von seinen Echo-, Fire- und Ring-Geräten sowie den Suchanfragen über seine Webseite und der App aufgezeichnet werden. Amazon stellte auch allein zwischen 2017 und 2020 mindestens 20 Veteranen des FBI ein, von denen einige ihre streng geheimen Sicherheitseinstufungen behalten konnten. Steve Pandelides, Sicherheitschef bei Amazon Web Services, war zuvor bei der NSA, der CIA und dem FBI auf höchster Ebene tätig.

Dies könnte erklären, warum die Geheimdienstgemeinde dem Unternehmen Amazon so untypisch vertraut. Im Jahr 2013 investierte die CIA Hunderte von Millionen US-Dollar in ein von Amazon entwickeltes Cloud-Computing-System, um die Effizienz beim Informationsaustausch zu verbessern. Im August dieses Jahres vergab die NSA einen Auftrag im Wert von zehn Milliarden US-Dollar an Amazon Web Services, bei dem alle seine Daten aus der Funk- und Signalaufklärung und Überwachungsdaten ausländischer Dienste in einem einzigen, leicht durchsuchbaren Archiv gesammelt werden sollen. Die Auftragsvergabe wird von Microsoft angefochten, das für den Auftrag mitgeboten hatte.

Joseph D. Rozek, von dem im Bericht vermerkt wird, dass er eine wesentliche Rolle bei der Schaffung des Ministerium für Innere Sicherheit gespielt hat, ist jetzt Exekutivdirektor für Heimatschutz und Terrorismusbekämpfung bei Microsoft, wo er angeblich für die "Entwicklung und Umsetzung eines strategischen Geschäftsplans im Bereich Heimatschutz, Terrorismusbekämpfung und Informationsaustausch" zuständig ist.

Das Unternehmen geriet 2013 unter Beschuss, als die von Edward Snowden veröffentlichten Dokumente enthüllten, dass sich Rozeks Richtlinien zum "Informationsaustausch" auf die Zusammenarbeit mit Geheimdiensten erstreckten, um das Abfangen der Kommunikation von Usern zu ermöglichen – wobei Microsoft der NSA aktiv dabei half, seine eigene Verschlüsselung zu umgehen. In einem Dokument prahlte die NSA damit, dass sie nach dem Kauf von Skype durch Microsoft im Jahr 2011, dreimal so viele Videoanrufe, die über die Plattform gingen, gesammelt habe wie zuvor.

So schockierend die Details des Berichts auch sein mögen, eigentlich ist es nichts Neues. Das Internet selbst entstand aus ARPANET, einem Computernetzwerk, das von der Agentur für fortgeschrittene Forschungsprojekte des Pentagon finanziert wurde. Dies hat natürlich enorme Auswirkungen auf die heutige Nutzung. Nach den Worten des Tech-Journalisten Yasha Levine, wurde das Web "als Waffe entwickelt und es bleibt eine Waffe", wobei Washingtons nationale Sicherheitsinteressen und Ziele fast alle Maschen des Netzwerks dominieren.

Auch Googles eigene Ursprünge gehen auf ein US-Geheimdienstprogramm in den 1990er Jahren zurück, bei dem Wissenschaftler finanziert wurden, um ein System zu schaffen, mit dem riesige Datenmengen von Privatpersonen überwacht, gesammelt und gespeichert sowie einzelne Benutzer identifiziert und verfolgt werden können. Während der gesamten Entwicklung der Suchmaschine traf sich Firmenmitbegründer Sergey Brin regelmäßig mit Vertretern aus Forschung und Entwicklung von Rüstungsunternehmen und der CIA – man erinnert sich dort sehr gut daran, wie er "auf Rollerblades hereinstürmte, seine Präsentation hielt und wieder davoneilte".

Man darf auch nie vergessen, dass die CIA im Silicon Valley ziemlich der Trendsetter ist – für jeden einzelnen US-Dollar, der von ihrer Risikokapitalfirma In-Q-Tel in ein aufstrebendes Technologieunternehmen investiert wird, investiert der Privatsektor 18 US-Dollar. Es ist vielleicht angebracht, dies im Hinterkopf zu behalten, wenn man das nächste Mal in den Mainstream-Medien über den neuesten Start-up-Guru liest, der die Welt im Sturm erobern will. Als Hipster oder Nerds mögen sie aufrichtig sein, aber ihre Produkte werden fast unweigerlich militärische und/oder nachrichtendienstliche Anwendungen in ihren Quellcodes beinhalten.

Übersetzt aus dem Englischen.

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Kit Klarenberg ist ein investigativer Journalist, der die Rolle von Geheimdiensten bei der Beeinflussung von Politik und öffentlicher Wahrnehmung untersucht. Folgen Sie ihm auf Twitter @KitKlarenberg.

Mehr zum Thema - Börsengang: Palantir öffnet sich – zumindest für den Markt

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.