Meinung

Assange: Heuchelei als politische Kunstform der USA

Julian Assange wurde am 3. Juli in einer britischen Gefängniszelle 50 Jahre alt. Sein Beispiel erinnert uns deutlich daran, wie die USA mit jenen umgehen, die über die Verbrechen etablierter US-Politiker berichten und die illegitime Aktivitäten der US-Regierung öffentlich machen.
Assange: Heuchelei als politische Kunstform der USAQuelle: Reuters © Henry Nicholls

von Tara Reade

Es gibt eine Handvoll politischer Gefangener, die die Aufmerksamkeit unserer Generation gründlich auf sich gezogen haben, und Julian Assange, der Gründer von WikiLeaks, ist einer der bekanntesten. Seine Absichten waren immer edel. "Indem wir öffentlich machen, wie sich menschliche Institutionen tatsächlich verhalten, können wir zum ersten Mal die Zivilisation, in der wir tatsächlich leben, bis zu einem gewissen Grad verstehen", sagte er.

Neben anderen wie Edward Snowden und Chelsea Manning wird Assange – ein australischer Staatsbürger – von der Justiz verfolgt, weil er Dinge öffentlich machte, die Amerika geheim halten wollte, wie zum Beispiel Details zu begangenen Kriegsverbrechen im Irak oder die Methoden der USA als Überwachungsstaat.

Seinen 50. Geburtstag erlebte er in einem englischen Gefängnis, wo er seit 2019 festgehalten wird, nachdem ihm Ecuador das Asylrecht in seiner Botschaft in London entzogen hatte. Es droht ihm eine Auslieferung an die USA, um dort nach dem Spionagegesetz angeklagt zu werden. Die mutmaßlichen Verstöße gegen das Spionagegesetz könnten für ihn eine lebenslange Freiheitsstrafe bedeuten.

Die Behandlung von Assange hat zu einer ernsthaften Diskussion darüber geführt, was von der Freiheit der Medien übrig bleibt, um staatliche Korruption aufzudecken. Was ist Demokratie, wenn sie nicht von einem Ort der selbstkritischen Analyse aus funktioniert, um Korruption zu bekämpfen?

Wenn demokratische Staaten nur im Eigeninteresse handeln, um Autorität und den Status quo aufrechtzuerhalten, ist es dann überhaupt Demokratie? Haben wir als Bürger alle bereits den Krieg um die Wahrung unserer Freiheiten verloren, während wir uns weiterhin selbst täuschen und kleinere Schlachten ausfechten? Der Journalist Glenn Greenwald weist darauf hin, dass westliche Journalisten, deren Arbeit durch den Fall Assange beeinträchtigt werden könnte, schweigen, als ob sie Angst hätten, die Aufmerksamkeit und den Zorn der amerikanischen Regierung auf sich zu ziehen. Angst wird als Mittel dazu eingesetzt, um eine Atmosphäre wohlüberlegter Stille zu schaffen.

Edward Snowden sagte einmal: "Ich wäre lieber ohne Staat als ohne Stimme." Das amerikanische Imperium wendet verschiedene Taktiken an, um Andersdenkende zum Schweigen zu bringen. Es wird mittlerweile irgendwie allgemein akzeptiert, dass abweichende Meinungen kriminalisiert und Personen als Verräter bezeichnet werden. Und das reicht bis hin zur Berichterstattung über individuelle Vergehen etablierter amerikanischer Politiker, wie in meinem Fall. Die Maschinerie rund um Joe Biden rechnete mit meiner Angst davor, mit meiner Story an die Öffentlichkeit zu gehen. Nachdem ich in den Medien angegriffen wurde, verließen sie sich auf mein Schweigen. Aber die hässliche Arroganz von Biden und seinem Regierungsapparat überschätzten jedoch ihre Fähigkeiten, mich zum Schweigen zu bringen.

In größeren Fällen von abweichender Meinung bleiben die Taktiken, jemanden zum Schweigen zu bringen, ziemlich ähnlich und sind oft sogar harscher. Die westlichen Medien haben Assange erst verunglimpft und dann ignoriert, ebenso wie sie die für alle sichtbare Verletzung seiner Menschenrechte ignorieren. Das amerikanische Imperium wollte ein Exempel statuieren dafür, was passiert, wenn man sich gegen die USA wendet. Erstaunlicherweise zeigen US-Politiker, darunter Biden, mit dem Finger auf Russland und China, brüllen Menschenrechtsverletzung und beklagen den Mangel an Pressefreiheit in beiden Ländern, während sie ihren eigenen Bürgern in den Nacken treten, um jede Stimme zu unterdrücken, die es wagt, auch nur das Geringste zu hinterfragen.

Die jüngste Runde im öffentlichen Schweigen war die Schließung von Webseiten iranischer und jemenitischer Medien, die auf einer .com-Endung registriert waren. Vor knapp zwei Wochen wurden 33 Webseiten von Nachrichtenunternehmen per Gerichtsbeschluss durch die US-Regierung beschlagnahmt. Die betroffenen Medien haben in der Vergangenheit alle ausnahmslos die US-Politik im Nahen Osten kritisiert und die Sache der Palästinenser unterstützt. Der Journalist Richard Medhurst hat zu Recht das Vorgehen des US-Justizministeriums und die Heuchelei der amerikanischen Regierung in Bezug auf Zensur hervorgehoben.

Es ist keine leichte Aufgabe, die Verbrechen des US-Imperiums und seiner westlichen Komplizen aufzudecken, tut man es dennoch, so hat das normalerweise Konsequenzen. Da Snowden in Russland bleibt und nicht nach Amerika zurückkehren kann, wird Assange unter schlimmsten Bedingungen im Belmarsh-Gefängnis bei London eingesperrt. Er ist 23 Stunden am Tag alleine in einer Zelle und wird für eine Stunde zum "Sport" in eine andere verlegt. Laut Misty Winston, einer amerikanischen Aktivistin und Podcast-Moderatorin, sind die Haftbedingungen für Assange erbärmlich.

Es ist grauenhaft zu begreifen, dass wir in Echtzeit beobachten können, wie das amerikanische Imperium seine Grenzen erneut überschreitet, indem es seine Macht missbraucht und einen Journalisten langsam zu Tode foltert. Die Bürger der Welt versuchen zwar, sich gegen die Konzerneliten und ihre Kriegsmaschinerien zu wehren – aber ihre Proteste werden mit Schweigen oder Gewalt beantwortet.

Das beste Geschenk, dass wir Assange und uns selbst zu seinem Geburtstag machen können, ist, ihn öffentlich zu unterstützen und seine Freilassung aus der illegalen Haft zu fordern. Wie ironisch, dass sein Geburtstag ausgerechnet auf den Tag vor dem 4. Juli fällt, wenn die USA ihre Unabhängigkeit feiern, währen wir kollektiv erleben, wie die US-Regierung den öffentlichen, politischen Tod unserer Rede- und Pressefreiheit auf der Weltbühne zulässt.

Wir müssen die wenigen Helden unserer Generation wie Assange ehren, die versuchen, uns alle wirklich informiert und frei zu halten.

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Übersetzt aus dem Englischen. Tara Reade ist Dichterin, Schauspielerin und ehemalige Senatsassistentin, Autorin von "Left Out: When the Truth Doesn't Fit In". Sie twittert unter @readealexandra

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