Schwarz-Weißrussland im Deutschlandfunk
von Arthur Buchholz
Auch im Deutschlandfunk wird der Umgang mit Weißrussland diskutiert. Mit von der Partie sind Roderich Kiesewetter von der CDU, Manuel Sarrazin von den Grünen, Sevim Dağdelen von den Linken sowie diverse Zuhörer, die per Mail oder Telefon zugeschaltet waren.
Und es ging gleich zur Sache. Ob die Festnahme von Roman Protassewitsch Kidnapping sei, fragt der Moderator Sevim Dağdelen. Worauf diese natürlich an die erzwungene Landung der bolivianischen Präsidentenmaschine in Wien erinnerte, wozu die Bundesregierung doch lieber schwieg. Doppelte Standards eben.
Roderich Kiesewetter tut natürlich auch nur das, was er als Mitglied der Atlantikbrücke tun muss, nämlich schnell davon ablenken, dass der Fall Snowden irgendwas mit dem Fall Protassewitsch zu tun haben könnte. Kiesewetter wirft die Nebelkerze, Snowden sei ja mit internationalem Haftbefehl gesucht worden. Hätte Weißrussland denselben Haftbefehl für Protassewitsch erwirkt, würde die EU ihn kommentarlos ausführen? Wohl eher nicht.
Protassewitsch war nach Kiesewetter zudem ein "missliebiger Oppositioneller". Da fragt man sich ja, was Snowden für den CDUler ist, möchte es aber dann doch nicht so genau wissen.
Natürlich muss man die gewaltsame Besetzung der Krim durch Russland "in dieses Bild einordnen", während Dağdelen Ablenkungsmanöver betreibt.
Für Sarrazin gehört der Fall Snowden zu den alten Geschichten, die "vor hundert Jahren" passiert sind und die von der Kremlpropaganda gerne wiedergekäut werden. Schließlich zieht Herr Sarrazin die beste Trumpfkarte, das "Betroffenen-As". "Ich finde es unangemessen gegenüber den Opfern in Belarus." So kann man natürlich alles wegdiskutieren.
Dağdelen hält zurecht fest:
"Das ist der Tiefpunkt unseres Diskurses und der Diskursunfähigkeit in Deutschland über Russland zu diskutieren oder auch über die doppelten Standards des Westens, dass alles, was einem nicht passt, als Kremlpropaganda abgetan wird."
Der Moderator möchte das natürlich nicht hören und bittet zum nächsten Thema: Sanktionen – Ja oder Nein?
Manuel Sarrazin, der nächste Außenminister?
Zufällig schaltet sich ein Weißrusse ins Programm ein, der zufällig genau das fordert, was auch Kiesewetter und Sarrazin möchten – europaweite Sanktionen. Damit ist das Fundament des nächsten Abschnitts gelegt. Kiesewetter spricht Klartext: Es gehe darum, Lukaschenko "die Machtbasis zu nehmen, ganz massive Sanktionen im Bereich der Düngemittelindustrie, [...] Zigaretten, Stahl, Holz, all das, was wir von dort importieren". Menschen, die sich abwenden vom System, sollen unterstützt werden. Geldwäsche zum Beispiel auf Zypern soll unterbunden werden. Oligarchen sollen auf eine Liste, Lukaschenko selbst auf eine Terrorliste.
Sarrazin, der sich fest vorgenommen hat, die CDU in diesem Gespräch zu überholen, fantasiert, es sei ein "Akt des Respekts vor sich selber, dass man mit diesem absolut unsinnigen Gedanken, mit Lukaschenko sei ein Dialog möglich, endlich bricht".
Und dann kommt das Argument, das ihn auf ewig als größten Völkerrechtler Deutschlands auszeichnen wird. "Wenn Lukaschenko sowieso egal ist, was wir machen, dann können wir ja wenigstens ihn auch moralisch so behandeln, wie er es verdient hat." Dass Sanktionen Lukaschenkos Verhalten nicht ändern werden, gibt er dann auch noch im selben Atemzug zu, grandios. Dieser Mann muss dringend Außenminister werden, wenn Baerbock erst mal an der Macht ist.
Dağdelen ist abermals die Stimme der Vernunft. "Wirtschaftssanktionen treffen in der Regel die Falschen." Hier soll es um Regime Change gehen. Herrschende Eliten können sich den Sanktionen entziehen, während die einfache Bevölkerung darunter leidet.
Erneut kann es der Moderator nicht abwarten, Dağdelen das Wort abzuschneiden, bevor beim Zuhörer größere Umdenkprozesse stattfinden.
"Gelinde gesagt Augenwischerei"
Höhepunkt der Sendung: Ein Zuhörer aus Stade, der von seinem Eindruck erzählte, da er beruflich in der Ukraine und in Minsk unterwegs war. Die Interventionen zerreiben die Menschen vor Ort, und die Aufstände der Nationalisten in der Ukraine und auch in Minsk wurden vom Westen gestützt.
Nach zaghaftem Einspruch des Moderators lässt der Zuhörer noch eine Bombe platzen. Protassewitsch sei ja kein Unparteiischer, er habe aktiv an den Aufständen mitgewirkt und stehe nachweislich den Nationalisten nahe. "Dass man diesen jetzt als Blogger und Unparteiischen betrachte, halte ich gelinde gesagt für Augenwischerei."
Das waren doch mal nötige Worte. RT berichtete kürzlich über die Verbindungen Protassewitschs zum rechtsextremen Asow-Bataillon.
Da platzt dem Grünen Sarrazin vollends der selbstgerechte Kragen. "Ich bin es ja schon gewohnt, dass jeder, der gegen Putin oder Lukaschenko auf die Straße geht, zum Nazi erklärt wird." Aber nicht nur das. Sarrazin fordert auch vom Moderator, die Hörerbeiträge vorher rauszufiltern!
Wenn Argumente nicht auf deiner Seite sind, spiele den Empörten, irgendwas wird schon hängen bleiben. Und wieder seine Opferkarte: Da werden Menschen eingesperrt und gefoltert. Mit anderen Worten: Der Zweck heiligt die Mittel. Protassewitsch mag zwar ein Nazi sein, aber er ist unser Nazi. Und wer das laut ausspricht, der verhöhnt die Opfer.
Da die Grünen demnächst Regierungsverantwortung haben, sprechen wir der deutschen Außenpolitik schon einmal unser herzliches Beileid aus.
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