Im Schlaglicht: Der priorisierte Impfwahn
von Stephan Fein
Knapp 16 Monate nach dem ersten Lockdown – als man noch gar nicht recht wusste, was eine Maske ist und warum nicht genesene Chinesen welche trugen und wir nicht – geht die vom Lockdown sozial ausgehungerte Gesellschaft direkt in den Impf-Wahn über. Denn: Geimpfte und Genesene können in Deutschland endlich wieder mehr Freiheiten genießen. So titelt es jubilierend die dpa. Happenings wie "Impf in den Mai" mit "tausend Gratis-Spritzen" im Münchner Karlsfeld erfreuen sich bei der in manchem Sinne unterversorgten Gesellschaft größter Beliebtheit.
Ein Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kann sich täglich nur schwer zurückhalten, nicht weitere Millionenimpfungen nach Knappheit und Dürre verkünden zu wollen, während der allgegenwärtige Mahner, SPD-"Gesundheitsexperte" Karl Lauterbach vor weiteren "Mutanten und Mutonkeln" warnt. Hamburgs Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (43, SPD) hält demnächst als Happening alle 17.000 ÖPNV-Mitarbeiter zum Piksen an. Das Motto lautet dann wohl: "Herr Busfahrer. Fahren Sie bitte mal rechts ran und den Ärmel bitte hoch!"
Alle wollen, nein, sie müssen auf einmal euphorisch die Ersten sein. Hotlines ganzer Länder brechen nach wenigen Minuten zusammen. Das Gesprächsthema Nummer eins ist: Wann hast du einen Termin? Und mit was? Gemeint ist: Womit? Erst danach ist man wieder Mensch und kehrt zu Alltagssorgen zurück. Alles andere zählt nicht. Zu sehr hat man sich mit den verhängten Unfreiheiten angefreundet, zu lange auf geschlossene Italiener und Kinos gestarrt. Man fragt sich: Ob Daniel Craig sein Kino-Debüt im aktuellen, zweimal verschobenen Bond-Film auch noch erlebt? Und erst Urlaub, Reisen! Die Touristikbranche träumt schon von neuen Rekord-Einkünften. Alles gibt es. Aber eben erst nach dem Piks.
Was Amerikaner still und leise unter Bevorzugung nur der eigenen Bevölkerung an jeder Ecke durchzogen – am Burger King mit dem neben dem Grill aufgezogenem AstraZeneca bis hin zur Vorstandssitzung mit gerührtem, nicht geschütteltem Tiefkühl-BioNTech samt Olive – wir machen es jetzt endlich auch. Denn wir können es. Wir sind wieder wer. Nur wer? Das neue Selbstbewusstsein ist ein Impfbewusstsein.
Wichtig ist: Es muss auf jeden Fall noch vor Pfingsten klappen, damit man auch verreisen kann, wenn auch nicht ins "Mutantengebiet". Blöd nur, dass selbst nach Aufhebung der Priorisierung für den Hirnvenenbooster Astra-Irgendwas Hausärzte kaum auch nur irgendeinen Impfstoff im Schränkchen stehen haben. Und die Impfzentren sind ausgebucht. In Berlin beschwerte sich ein Arzt, er habe statt der 40 zugesagten Dosen nur 10 erhalten. Und diese Wochenration war nach zwei Stunden weg. Das sind alles Meldungen, die den Impf-Wahn weiter antreiben.
Und während in Indien die Leute an der Bushaltestelle auf ihrem Weg ins Krankenhaus sterben, weil Amerika-First keine Rohstoffe für deren Vakzin "außer Haus" verkauft, streiten wir mit bedeutsamen Anwälten, EU-Politikern und Impfstoffherstellern über Sinn und Unsinn von Patenten und Börsengewinnen.
Man könnte auch den Eindruck gewinnen, dass COVID-19 – ob long oder short – auf jeden Fall aufs Hirn schlägt. Gerade noch war es der Abstands- und Verhüllungstanz. Dann folgte die Test-Phase mit Stöckchen bis knapp ins Hirn und der "Lockdown." Und jetzt: "Impf den Pimpf." "BioNTech demnächst auch schon für Kinder ab sechs Monaten!" So die Ankündigung des Herstellers in den Agentur-Tickern. Man kann schnell den Eindruck bekommen: Das Wahlvolk wird im Wahljahr unbrauchbar gespritzt.
"Shot to go" oder die "Spritze für davor", dazu noch den passenden "Digitalimpfpass der EU" und schon darf man fast alles. Hat man ein Pflaster auf dem Oberarm, geht's auch wieder ab ins Kaufhaus und in den Club.
Alles andere ordnet sich der Impfkanüle unter. Keiner fragt mehr nach dem Warum, nur noch nach dem Wann. Bisher fehlen immer noch rund 100 Millionen Dosen in Deutschland. Nur ein Viertel der 84 Millionen Deutschen ist bisher immunisiert. Der Rest fehlt, ist "impfneidisch", verharrt in Leugner-Posen oder dergleichen. Neue Worte für ein völlig absurdes Verhalten machen die Runde. Längst ist nahezu jeder im Wahn zur Tagesordnung übergegangen und hat das 22-Uhr-Ausgehverbot akzeptiert.
Merkwürdige Worte schlichen sich in unseren Wortschatz – wobei nicht immer klar wird, ob es die damit verbundenen Phänomene auch wirklich gibt: Infektions-Leugner, Beatmungspflichtige, Priorisierungsfeinde, Querimpfer, Verschwörungs-Tester, Abstands-Geneser, Neuinfektions-Versager, die ominöse Immunflucht, Pandemisten, Frühimpfer – alles demnächst festgehalten im brandneuen Corona-Duden 2021, bald auch schulpflichtig.
Wichtig ist, dass der Piks kommt, egal, was danach noch kommt. Die Freiheit ist zu sehr mit der Spritze verbunden. Schon verkaufen Dealer am Straßeneck nicht nur in Frankfurt gestempelte, gelbe Impfpässe für 150 Euro. Pflaster-Accessoires für den Oberarm ab 2 Euro und sogar echte BioNTech-Impftermine (noch in diesem Monat!) für 4.000 Euro. Wichtig ist bei all dem Wahn, der alle befällt: Bitte immer nur eine Person gleichzeitig. In Deutschland hat der Wahnsinn Methode – oder umgekehrt.
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