von Arthur Buchholz
Nachdem die erste Fassungslosigkeit gewichen ist, kommt jetzt der Gegenangriff. Ein Hebelpunkt wurde schnell ausgemacht. Die #allesdichtmachen-Aktion sei eine Verhöhnung der Opfer und des Personals, das seit über einem Jahr an der Front kämpfe.
Ob das jetzt stimmt oder nicht, ist hierbei Nebensache, aber als Gegenargument im öffentlichen Raum ist der Verweis auf die Opfer der "letzte Schrei" und ein zuverlässiger Garant dafür, einer sachlichen Diskussion aus dem Weg zu gehen.
Mit Heiko Maas' Einlassung wurde die "gerechte Empörung" nun quasi staatlich abgesegnet. Auf Twitter schreibt er, natürlich korrekt gegendert:
"#allesdichtmachen ist respektlos gegenüber den Familien und Freunden der über 80000 Coronatoten. Das sind doppelt so viele, wie im Syrienkrieg jährlich sterben. Es ist respektlos gegenüber Pfleger*innen und Ärzt*innen, die gerade um das Überleben ihrer Patient*innen kämpfen."
Ein seltsamer Vergleich mit dem Syrienkrieg, aber als Außenminister kann man den wohl machen. Und wenn Maas von 40.000 Toten im Jahr spricht, dann natürlich nur grob überschlagen. Im letzten Jahr sind weniger Menschen gestorben, denn der Konflikt neigt sich dem Ende zu.
Von einem Berufsverbot will Maas dann doch absehen, aber geschenkt, das Geschäft besorgen längst andere. Sogar eine Petition gibt es schon, die moralisch einwandfrei fordert, die beteiligten Schauspieler mit einem Auftrittsverbot in den Öffentlich-Rechtlichen zu belegen. Denn natürlich, so die Begründung, "wird die Würde von 80.000 Pandemietoten, deren trauernden Angehörigen und Hunderttausenden Corona-Erkrankten verletzt".
Ein ganz armer Tuppes, wie man im Rheinland sagt, ist mal wieder Armin Laschet. Der hat sich für die Aktion quasi ins Zeug geworfen und steht jetzt allein da. Sein gut gemeinter Zwischenruf für die Meinungsfreiheit wird ihm keine Sympathien einbringen, für Linkstwitter und seinem Helden Jan Böhmermann bietet er die willkommene Zielscheibe.
Natürlich wittert Böhmermann, der sich selbst als Comedian identifiziert, wieder die Chance, überall Nazis zu enttarnen.
Der bisherige Höhepunkt der Diskussionsverschiebung bildet aber #allemalneschichtmachen, initiiert von Dr. Carola Holzner, Oberärztin am Uniklinikum Essen. Der Hashtag trendet und bildet die logische Fortführung des Vorwurfs der Respektlosigkeit.
Alle sollten mal eine Schicht auf der Intensivstation machen, so der Tenor. Dann wird ihnen die spitze Kritik vergehen. Tobias Schlegel, ehemaliger VIVA-Moderator und Notfallsanitäter, meinte ebenfalls, man solle sich die "Ironie gern mal tief ins Beatmungsgerät schieben".
Das Ende jeder Diskussion um die Maßnahmen dürfte hiermit erreicht sein. Wer sich noch einmal äußert, wird die Wucht der Moralkeule "Denk mal an die Opfer!" zu spüren bekommen.
Sogar der sonst übliche Gemeinplatz, "sich nicht mit Querdenkern und der AfD in eine Ecke zu stellen", muss ausnahmsweise an die zweite Stelle rücken. Vielleicht kann man ja jetzt auch den Applaus für die Pflegekräfte noch mal ausleben lassen.
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