USA: Was hat die "#Resistance" die letzten vier Jahre wirklich gebracht?
Ein Meinungsbeitrag von Caitlin Johnstone
Nachdem bekannt wurde, dass das Biden-Lager ausgerechnet ein Vorstandsmitglied des Rüstungskonzerns Raytheon als Verteidigungsminister auserkoren hatte, scherzte ich in meinem letzten Artikel, dass es ehrlicher gewesen wäre, Raytheon selbst zum Pentagon-Chef unter Biden zu machen – hatte doch der Oberste Gerichtshof der USA entschieden, dass auch Unternehmen sowieso "Personen" sind. Wäre doch schlüssig: Raytheon als Verteidigungsminister, Boeing als Außenminister, Goldman Sachs als Finanzminister, ExxonMobile als Chef der US-Umweltschutzagentur EPA, Amazon als CIA-Direktor und Google als Direktor der nationalen Nachrichtendienste.
Doch Scherz beiseite: Seit Veröffentlichung jenes Kommentars berichtete National Public Radio (NPR), dass der nächste US-Landwirtschaftsminister ein Mann namens Tom Vilsack sein wird: Sein Hang zu Vetternwirtschaft brachte ihm beim letzten Mal, als er unter Obama dieselbe Position innehatte, den Spitznamen "Mr. Monsanto" ein (kein Witz!). Es ist einfach zu perfekt, um es in Worte zu fassen, wirklich.
Bloomberg berichtet: "Einige Anhänger von Bernie Sanders als Senator für den US-Bundesstaat Vermont führten eine Kampagne gegen Vilsack, als der von Clinton für die Vizepräsidentschaft in Erwägung gezogen wurde: Sie nannten ihn 'Mr. Monsanto' und verwiesen auf seine Rolle beim Aushandeln eines Kompromisses über die Gesetzgebung zur Kennzeichnung von Lebensmitteln, welche genetisch veränderte Bestandteile enthalten. Sanders stellte sich gegen die landesweite Gesetzgebung, die ein strengeres Gesetz des Staates Vermont außer Kraft setzte."
Hahaha: Joe Bidens Kandidat Tom Vilsack für das Amt des Landwirtschaftsministers wird ohne jede Ironie "Mr. Monsanto" genannt, weil er ein besonders eklatanter Handlanger der umweltzerstörenden landwirtschaftlichen Großkonzerne ist. Bidens Kabinett ist genauso comichaft korrupt wie das von Trump – bloß oberflächlich vielfältiger.
Branko Marcetic (@BMarchetich) fasste zuvor für @inthesetimesmag zusammen, wie Vilsack sich den Spitznamen "Mr. Monsanto" verdiente: In seiner Zeit in der Obama-Administration vertrat er die Interessen der Landwirtschafts- und der Biotech-Konzerne, besonders wenn es um genetisch veränderte Organismen ging.
Hahaha Joe Biden's nominee for agriculture secretary, Tom Vilsack, is unironically known as "Mr. Monsanto," because he's such a blatant shill for environment-destroying Big Ag corporations.Biden's cabinet is as cartoonishly corrupt as Trump's -- just more superficially diverse https://t.co/56cnmNHpas
— Ben Norton (@BenjaminNorton) December 9, 2020
Es zeichnet sich bereits ab, dass die unabsichtliche Selbstparodie eines Regierungskabinett unter Biden genauso rappelvoll mit Ungeheuern aus dem Morast der Großkonzerne sein wird wie die für Korruption berüchtigte Regierung von Trump: Die Posten werden an die allerletzten Leute vergeben, die ein normaler Mensch mit gesundem Menschenverstand dort sehen möchte. Präsident Biden wird ein genauso korrupter, kriegstreiberischer Oligarchen-Kumpan sein wie bereits seine Vorgänger – und mindestens genauso zerstörerisch.
Womit wir auch schon bei folgender Frage wären: Was genau war der Sinn der "#Resistance" und wogegen war ihr "Widerstand" all die Jahre gerichtet?
Nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im Jahr 2016 wurde viel Energie in die Schaffung und Förderung einer "Bewegung" und einer Marke mit dem Namen "The Resistance" gesteckt, die sich als revolutionäre Gegenkraft gegen die Korruption und Misswirtschaft von Trump und seinen Handlangern darstellte. Glühende Lobeshymnen wurden mit Sorgfalt in dem Bemühen verfasst, ihr das Image einer mutigen Rebellenbande zu verpassen, die sich im Namen der einfachen Leute gegen die finsteren Mächte wehrt – und manche politische Spende wurde nebenbei dafür gesammelt.
Die Marke Resistance™ wurde von zynischen liberalen Spindoktoren aggressiv zum Imageschwindel benutzt – beispielsweise von der "progressiven" Neera Tanden (die auch einen Posten in der Biden-Administration bekommen soll – was übrigens einem dreisten Zeigen des Mittelfingers an die US-Progressiven gerichtet gleichkommt). Das Ziel war, die enthusiastische Anti-Establishment-Energie der Bernie-Sanders-Kampagne an der Basis auszunutzen und aufrechtzuerhalten – und sie gegen Trump zu richten.
Doch was wurde tatsächlich erreicht? Am Ende förderte der selbsternannte Widerstand nichts anderes, als eine Reihe von Verschwörungstheorien – mit Russland im Visier – zu propagieren und ein Amtsenthebungsverfahren in die Wege zu leiten. Letzteres verfehlte das Ziel, Trump aus dem Amt zu heben; echter Widerstand gegen die schädlichsten Auswüchse der Politik Trumps wurde indes ebenfalls nicht geleistet. Sie gaben bloß jedes Mal begeistertes Gekreische und Quieken in sozialen Medien und in den Expertengremien der Mainstreammedien von sich, wenn wieder jemand von Trump aus der Regierung gefeuert wurde. Und sie weckten immer wieder falsche Hoffnungen bei den Menschen, wann immer neue Informationen über die Mueller-Untersuchung herauskamen.
Aber Trump tatsächlich aus dem Amt zu hebeln oder ihn von wirklich üblen Taten abzuhalten – als da wären das Aushungern der Venezolaner, seine Angriffe auf die Pressefreiheit, auch mit der Verfolgung von Julian Assange, die Planung eines Krieges gegen Iran und die immer und immer wieder verübten Massengräueltaten im Jemen – dabei erreichten sie buchstäblich Nullkommanichts.
Bernie Sanders erklärt, dass Biden die Wahl ohne Millionen von progressiven Wählern verloren hätte, die im Regierungskabinett "eine Vertretung verdient" hätten. Aber er merkt sogleich an, dass er noch keine solche Vertretung im Kabinett gesehen hat.
Das liegt daran, dass die "#Resistance" eigentlich nie dazu gedacht war, den bösen Plänen der Mächtigen die Stirn zu bieten – noch nicht einmal denen von Donald Trump. Nicht gegen die Mächtigen sollte sie kämpfen – sondern gegen Euch. Der Anti-Establishment-Graswurzel-Populismus der Bewegung von Bernie Sanders wurde vom demokratischen Establishment zynisch nachgeäfft – um so sicherzustellen, dass das Establishment nie in irgendeiner Weise in Bedrängnis und echte Progressive in den USA niemals an die Macht kommen.
In einem Interview mit MSNBC hörte man unlängst Sanders – der historisch gesehen in weitaus geringerem Maße bereit ist, das demokratische Establishment zu kritisieren, als es seine Unterstützer sind – sich selbst darüber beschweren, dass die progressive Basis, deren Stimmen Biden im November an die Spitze brachten, bisher keinerlei Repräsentation innerhalb des neuen Biden-Kabinetts erhielt:
"Wäre die harte Arbeit vieler progressiver Basisorganisationen nicht gewesen, die junge Menschen in den politischen Prozess einbezogen, Menschen aus der Arbeiterklasse auf eine noch nie gesehene Art und Weise involviert haben, dann hätte Joe Biden diese Wahl nicht gewonnen – und ich denke, das ist ziemlich klar. Und mein Standpunkt war vom ersten Tag an, dass diese Stimmen, diese Bewegung eine Vertretung im Kabinett verdienen. Und wenn man mich fragt, ob ich das jetzt schon gesehen habe – nein, ich sehe das nicht."
Natürlich nicht, Bernie. Das wirst Du auch nicht, das war ja auch nie der Plan. Biden könnte wohl eine Art Scheinposten ins Leben rufen, um Progressiven das Gefühl zu geben, beteiligt zu sein. Irgendetwas mit einem Namen wie "Progressive Eingriffsmannschaft für lautstarke Wortsalven in Erdlöcher" oder so etwas. Aber wenn es um echte Steuerung der Politik und der Vorgehensweisen der Biden-Regierung geht, wird niemand, der die Interessen der Menschen über die Interessen der Mächtigen stellt, jemals seine Hand auch nur in die Nähe des Lenkrads ausstrecken können.
Die "#Resistance" vermarktete sich als revolutionäre Bewegung gegen die heimtückischen Kräfte der Finsternis, welche die Vereinigten Staaten von Amerika bedrohten. In Wirklichkeit lieferte sie Unterstützung für Trumps die ganze Welt bedrohende Eskalationen des Kalten Krieges gegen Russland, lieferte den Massenwahn, dass die Probleme der USA womöglich aus dem Innersten des Establishments heraus bekämpft werden könnten. Und sie hatte die Wirkung, dass das Verhalten der Progressiven seit vier Jahren dem eines Hundes ähnelt, der nach dem eigenen Schwanz schnappt. Die Folge ist schließlich eine neue Präsidentschaft, die den mörderischen Oligarchen ebenso zu Diensten sein wird, wie vor ihr schon die Trump-Regierung.
Die Drahtzieher der "Resistance" wollten die Missstände der Trump-Ära keineswegs beseitigen – sie wollten nur selber diejenigen sein, die sie verwalten. Und jetzt sind sie es. Wenn Ihr den Schwachsinn der letzten vier Jahre in irgendeiner Weise geglaubt hattet, dann ist das jetzt Euer Lohn.
Was die Frage aufwirft: Wenn eine ausgewachsene politische Fraktion all ihre Prinzipien, alle ihre Werte und ihre ganze Moral opfern musste, bloß um Trump loszuwerden... Was genau war dann überhaupt der Sinn, Trump loszuwerden?
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Caitlin Johnstone ist eine unabhängige Journalistin mit Sitz in Melbourne, Australien. Ihre Webseite findet sich hier, auf Twitter schreibt sie unter @caitoz
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