Belgische und deutsche Antifaschisten fordern Stopp von SS-Pensionen für belgische Kollaborateure
Die Erklärung wurde von der "Groupe Mémoire – Groep Herinnering" (GM-GH) gemeinsam mit der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" (VVN-BdA) aus Deutschland und der "Féderation Internationale des Résistants (FIR) – Association Antifasciste", der Dachorganisation der Veteranenverbände und antifaschistischer Organisationen in Europa, aufgesetzt:
75 Jahre nach der Eröffnung des Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess fordern wir: Stoppt die Auszahlung von SS-Pensionen an belgische Kollaborateure
Es ist ein jahrzehntelanger Skandal, dass die Bundesrepublik Deutschland an militärische Kollaborateure des NS-Regimes, an die Freiwilligen der SS-Verbände, an Freiwillige von Wehrmachtsverbänden, die zumeist an der Ostfront und auf dem Balkan eingesetzt wurden, Renten wegen Militärdienstes in den deutschen Streitkräften zahlt.
Auch wenn die Zahl der Rentenempfänger aus biologischen Gründen am Schwinden ist, bleibt es ein politischer Skandal, dass keine deutsche Bundesregierung bis heute die Rente für Kollaborateure infrage gestellt hat. Man war sich der politischen Brisanz solcher Zahlungen bewusst. So versteckte sich jede deutsche Regierung bis heute hinter formellen rechtlichen Argumenten, um den Nachbarländern keine Informationen zukommen lassen zu müssen.
75 Jahre nach der Befreiung können und wollen wir diese Hinhaltetaktik nicht mehr akzeptieren. Wir erinnern daran:
Vor 75 Jahren verurteilte das Nürnberger Hauptkriegsverbrechertribunal nicht nur die verantwortlichen Täter, sondern auch faschistische Organisationen als kriminelle Vereinigungen. Dazu gehörte die SS mit allen ihren Untergliederungen – und damit auch die Waffen-SS.
Dennoch erhalten Angehörige der SS-Verbände und ihre Kollaborateure Renten für Militärdienst.
Verurteilten Kriegsverbrechern wurden sogar Haftstrafen als Dienstjahre für Deutschland angerechnet, was zur Rentenerhöhung beitrug. Laut unseren Informationen wurden solche Berechnungen auch gegenüber in Belgien verurteilten Kollaborateuren angewandt. Da militärische Kollaborateure 1941 von Hitler die Chance bekamen, die deutsche Nationalität anzunehmen, erklärt sich die deutsche Regierung für nicht zuständig, Informationen über ihre "Landsleute" an eine "fremde Macht" – in diesem Fall Belgien – weiterzugeben.
Schon am 14. März 2019 hat die belgische Abgeordnetenkammer mit großer Mehrheit eine Entschließung angenommen, "dass der Bezug von Renten für die Kollaboration mit einem der mörderischsten Regime der Geschichte im Widerspruch zur Erinnerungsarbeit und zum Friedensprojekt der europäischen Einigung steht und den guten bilateralen Beziehungen zwischen Belgien und der Bundesrepublik Deutschland abträglich ist". Die Abgeordneten forderten die belgische Regierung dazu auf, "die deutsche Bundesregierung zu ersuchen, die Rentenzahlungen an belgische Kollaborateure einzustellen". Sie sprachen zudem die erhebliche Differenz zwischen der Entschädigung von Opfern des NS-Regimes sowie Leistungen an belgische Kollaborateure an.
Das belgische Parlament regte an, gemeinsam mit dem Bund sowie dem Land Nordrhein-Westfalen eine wissenschaftliche Kommission einzusetzen, die die Zeit der Okkupation und die Kollaboration untersuchen soll. Diese Entschließung ging auf das langjährige Engagement der "Groupe Mémoire – Groep Herinnering" (GM-GH) zurück. Heute fordert die GM-GH aus Belgien gemeinsam mit der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" (VVN-BdA) aus Deutschland und der "Féderation Internationale des Résistants (FIR) – Association Antifasciste", der Dachorganisation der Veteranenverbände und antifaschistischer Organisationen in Europa, endlich diesen Forderungen der belgischen Parlamentarier nachzukommen und die Zahlung von SS-Pensionen einzustellen.
Diese Forderungen sind aktuell, wie ein Antrag der Partei Die Linke im Deutschen Bundestag zeigt. Er enthält die gleichen Forderungen wie die belgische Resolution. Wir begrüßen auch die neuen parlamentarischen Initiativen in der belgischen Abgeordnetenkammer zur Realisierung der 2019 verabschiedeten Resolution.
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