Meinung

"Linker Widerstand" für Biden und gegen Trump hilft Neocons bei Fortsetzung illegaler US-Invasionen

Trump bezeichnet die US-Invasion im Irak als "eine Katastrophe", und er will "endlose Kriege" beenden und die US-Truppen nach Hause bringen. Das hat die Bestrebungen des tiefen Staates befeuert, ihn mit allen Mitteln aus seinem Amt zu entfernen. Die Falken wollen, dass Biden gewinnt.
"Linker Widerstand" für Biden und gegen Trump hilft Neocons bei Fortsetzung illegaler US-InvasionenQuelle: www.globallookpress.com © Liu Jie / XinHua

von Michael Rectenwald

In meinem kürzlich erschienenen Beitrag Gefahr eines Bürgerkrieges habe ich die merkwürdige und paradoxe Zusammensetzung des "linken Widerstandes" gegen Trump skizziert. Allerdings habe ich dabei eine wichtige "Interessengruppe" innerhalb des "tiefen Staates" nicht erwähnt, die darauf abzielt, Trumps Präsidentschaft um jeden Preis zu unterminieren – nämlich die neokonservativen Falken beider großen politischen Parteien und unter den Angehörigen des Militärs und der Geheimdienste, die sich parteipolitisch nicht einordnen lassen.

Zu diesem Personenkreis gehören natürlich Mitglieder der höchsten militärischen und geheimdienstlichen Führungsebene. Aber auch deren Auftragnehmer, einschließlich derer, die vom bürokratischen Apparat angestellt wurden, um Trumps erste Kandidatur für die Präsidentschaft zu vereiteln, indem sie versuchten, ihm "russische Absprachen" anzuhängen.

Verurteilt doch Trump so viel Ihr wollt. Es ist ja in Mode und leicht, das zu tun. Dieser Trend ist durch die etablierten US- und internationalen Medien längst über den Atlantik geschwappt. Aber die Kritiker müssen entweder uninformiert oder unaufrichtig sein, um Trump ernsthaft mit Hitler zu vergleichen. Schließlich war Hitler ein faschistischer Machthaber und Chauvinist, versessen auf Militarismus und weltweite Expansion. Trump ist nichts dergleichen.

Die Trump-Doktrin

Ganz im Gegenteil: Trump will keinen Expansionismus betreiben. Er beharrt auf der Missbilligung der endlosen Kriege im Mittleren Osten und in Afghanistan. Trump hat seit Beginn seiner Präsidentschaft Truppen aus beiden Regionen abgezogen. Berichten zufolge vereiteln zwar Generäle seine Bemühungen für einen vollständigen Rückzug. Aber vielleicht ist er willens, ihre Befugnisse zu ignorieren und die Sache selbst in die Hand zu nehmen, wenn ihm eine zweite Amtszeit gewährt wird.

Während Trump zwar für eine Stärkung des Militärs eintritt, geht es in der Trump-Doktrin insgesamt jedoch um eine besondere Form des populistischen amerikanischen Nationalismus. Dazu gehört eine Außenpolitik, die aus der republikanischen Politik des 19. Jahrhunderts herrührt. Diejenigen, die sich zu dieser Politik bekennen, sind traditionell nicht interventionistisch und fordern zugleich, dass der nationalen Selbstbestimmung, dem Schutz der nationalen Souveränität durch sichere Grenzen und der Förderung nationaler Eigeninteressen gegenüber internationalen oder globalen Verstrickungen Vorrang eingeräumt werde.

Trump hat angedeutet, dass die militärische Führung dagegen Kriege auch beginnen möchte, um die Rüstungsindustrie zu bereichern.

Das Gezeter des politischen Establishments über Trumps militärische Außenpolitik soll diese Interessen des militärisch-industriellen Komplexes verschleiern. Und die Interessen des militärisch-industriellen Komplexes dienen der eigenen Expansion und den daraus resultierenden Profiten.

Warum die Falken Biden wollen

Trumps Außenpolitik einer begrenzten Anwendung militärischer Gewalt steht im Gegensatz zu jener der Regierungen Bush/Cheney und Obama/Biden. Beide folgten den Befehlen von neokonservativen Falken. Obama brüskierte seine eigene "linke" Basis, als er viele hochrangige Mitglieder aus dem Kabinett von George W. Bush übernahm, darunter den Verteidigungsminister und Kriegstreiber Robert Gates. Selbstverständlich stimmte auch der damalige Senator Joe Biden 2002 für die Invasion in den Irak und hat sich dafür stark gemacht.

Die Obama-Regierung setzte die Kriege der Bush-Regierung im Irak und in Afghanistan nicht nur fort, sondern weitete sie mit alle Rekorde übertreffenden Bombenangriffen in Afghanistan, Irak, Syrien, Somalia, Jemen, Pakistan und Libyen aus. Es sei daran erinnert, dass es Obama war, der den sechzehnjährigen US-Bürger Abdulrahman al-Awlaki mit einer Drohne ermordet hat. Abdulrahman war der Sohn des mutmaßlichen Al-Qaida-Kämpfers (und amerikanischen Staatsbürgers) Anwar Awlaki, den Obama zwei Wochen zuvor im Jemen mit einer Drohne ermorden ließ. Fairerweise muss darauf hingewiesen werden, dass erst 2017 auch ein US-Angriff im Jemen zum Tod von Abdulrahmans 8-jähriger Schwester führte. Aber es war wiederum Obama, der auch diesen Konflikt im Jemen eskalieren ließ.

Das internationale Abenteurertum von Obama und Biden führte zur Invasion in Libyen und zur Ermordung von Muammar al-Gaddafi, und damit zu eine Eskapade, die dieses Land destabilisierte und damit direkt zur Bewaffnung von Dschihadisten führte. Unter Obama bewaffneten und trainierten das Pentagon und die CIA syrische "Rebellen", die gegen Baschar al-Assad kämpften und von denen viele dann beim ISIS-Kalifat landeten. Eine legendäre Schlagzeile der Los Angeles Times aus dem Jahr 2016 brachte es auf den Punkt: "In Syrien kämpfen die vom Pentagon bewaffneten gegen die von der CIA bewaffneten Milizen." Interessanterweise war es Trump, der die Ausbildung der so genannten "gemäßigten" syrischen Rebellen durch die CIA beendete, die die Assad-Regierung stürzen wollten.

Obama wurde 2008 aufgrund seines Versprechens gewählt, den Krieg von George W. Bush im Irak zu beenden, einen Konflikt, den er – wie er sagte – von Anfang an abgelehnt hätte. Stattdessen weiteten Obama und seine Kriegstreiber diesen Krieg noch aus und ließen noch weitere folgen. Und all dies, nachdem Obama 2009 (vorab, ohne nachvollziehbaren Grund) den Friedensnobelpreis erhalten hatte.

Die militärische Eskalation unter Obama und Biden erklärt sicherlich, warum der tiefe Staat heute wieder Biden gegenüber Trump bevorzugt. Aber was ist mit den Wählern? Indem der "linke Widerstand" Trump ablehnt und Biden bevorzugt, unterstützt er die Fortsetzung der fragwürdigen und illegalen US-Invasionen und der endlosen Kriege. Das ist wirklich eine Glanzleistung. Auf der anderen Seite wünschen sich die Wähler, die eine Nichteinmischung und den Truppenabzug befürworten, den Republikaner Donald Trump.

Sagt mir also noch einmal: Wer ist "links" und wer ist "rechts" vor dieser US-Präsidentschaftswahl?

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Übersetzung aus dem Englischen
Michael Rectenwald war Professor für Geisteswissenschaften an der New York University (2008 bis 2019) und ist Autor vieler Bücher.

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