Meinung

Die Doppelbödigkeit der Migrationspolitik

Spätestens seit Corona ist klar: Wichtige Bereiche in Wirtschaft und Gesellschaft würden ohne Arbeitsmigration nicht mehr funktionieren. Dabei ist die Art und Weise, wie mit diesen Menschen umgegangen wird, menschenverachtend. Ein Kommentar von Hannes Hofbauer.
Die Doppelbödigkeit der MigrationspolitikQuelle: AFP © Christof Stache

von Hannes Hofbauer

Ernten einbringen, Fleisch schneiden, Alte pflegen. Essenzielle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und des menschlichen Überlebens in Deutschland wären ohne Arbeitsmigration aus osteuropäischen Billiglohnländern nicht möglich. Auch das gesamte Gesundheitssystem würde ohne ausländische Arbeitskräfte zusammenbrechen. Ein gutes Viertel aller Ärztinnen und Ärzte wurde nicht in Deutschland ausgebildet, die meisten von ihnen kommen aus Rumänien, Syrien, Griechenland oder Serbien. Die Triebkraft der Massenmigration ist die Ungleichheit. Bei der Entlohnung einer durchschnittlichen Arbeitsstunde liegt diese zwischen 15,50 Euro (in Deutschland) und 2 Euro (in Rumänien).

Im Zuge des Lockdown offenbarte sich die Wichtigkeit dieser Arbeitsmigranten. Hektisch erarbeiteten Bund und Länder Ausnahmeregelungen zur Umgehung von Grenzsperren, um Landwirtschaft und Gesundheitssystem am Laufen zu halten. Sonderflüge für Spargelstecher und Korridorzüge für Altenpflegerinnen wurden organisiert. Medien und Politik sprachen von systemrelevanten Kräften. Und das sind Schlachter, Erntehelfer und Altenpflegerinnen tatsächlich. Sie sind relevant für den Fortbestand eines ungerechten Systems. Man braucht sie zu Hunderttausenden, und man braucht sie billig, am besten als Saisonarbeiter oder als (Schein-)selbständige, damit sie möglichst rechtlos dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

Diese Rechtlosigkeit zeigt sich nun im Corona-Management besonders deutlich. Vor zwei Monaten noch per Sondertransporten ins Land geholt, werden Hunderte, ja Tausende nun von einer Stunde zur anderen weggesperrt, wenn in ihrem Umfeld ein positiver COVID-19-Test auftaucht. Hastig errichtete Zäune markieren gefängnisähnliche Zustände im bayrischen Landkreis Dingolfing-Landau oder nordrhein-westfälischen Gütersloh. 500 Erntehelfer sind es in Mamming und 1.500 Arbeiter bei der Fleischfabrik Tönnies, die ihre Metallcontainer oder engen Wohnungen für Wochen nicht verlassen dürfen.

Am 30. Juli fand dann ein Team des ARD-Magazins Monitor heraus, dass die Quarantäneverordnungen für die Tönnies-Mitarbeiter zu Unrecht, ja sogar auf Basis falscher oder überhaupt keiner Tests erfolgt sind. Im Copy-Paste-Verfahren wurden hunderte Briefe an die Familien polnischer Fleischschneider verschickt, die ihre vierwöchige Quarantäne verlängerten. Damit schloss sich der Kreis menschenunwürdiger Arbeits- und Wohnverhältnisse mit einem menschenverachtenden Bescheid aus deutschen Amtsstuben.

Um die "Verschubmasse Migrant" ging es auch auf einer Konferenz am 23. Juli 2020 in der Wiener Hofburg. In Anwesenheit des deutschen und des österreichischen Innenministers wurden ihre Kollegen aus den Balkanstaaten darüber informiert, wie zukünftig etwaige Migrationsströme aus dem Osten einzudämmen seien. Es ging dabei um den Kampf gegen unerwünschte Migration, die als "illegal" definiert wurde. Außengrenzschutz und Rückführung standen dabei im Mittelpunkt. Die repressive Seite der Migrationspolitik rückt wieder in den Vordergrund, sie passt perfekt mit den migrationsfördernden ökonomischen Verhältnissen zusammen, ja ergänzt sie geradezu.

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