Meinung

Chinagate ist das neue Russiagate: Nachahmungspolitik führt zu Konfrontation zwischen China und USA

Dieselbe Rhetorik und Taktik, mit der die US-Demokraten Furcht vor Russland schürten, setzt US-Präsident Donald Trump nun auch gegen China ein. Unabhängig vom Ergebnis der Präsidentschaftswahlen im November ist eine Konfrontation mit Peking so gut wie sicher.
Chinagate ist das neue Russiagate: Nachahmungspolitik führt zu Konfrontation zwischen China und USAQuelle: Reuters © Damir Sagolj

von Nebojša Malić

Die Schließung des US-Konsulats in Chengdu durch China am Wochenende folgte der Anordnung der USA, das Konsulat der Volksrepublik China in Houston zu schließen. Es war ein diplomatisches Katz-und-Maus-Spiel nach dem gleichen Muster wie die Schließung der russischen und amerikanischen Konsulate im Jahr 2018, wodurch in beiden Ländern viele Diplomaten fehlten. 

Am Dienstag rief Peking zu "rationaler Kommunikation" auf. Außenminister Wang Yi appellierte an die USA, nicht zuzulassen, dass "ein paar antichinesische Elemente Jahrzehnte erfolgreichen Austauschs und erfolgreicher Zusammenarbeit über den Haufen werfen". Wang Yi wörtlich:

Die rücksichtslose Provokation der Konfrontation und Spaltung durch die USA ist weit von der Realität entfernt, in der die Interessen Chinas und der Vereinigten Staaten zutiefst integriert sind.

Doch sein Appell blieb in Washington ungehört. Hätte es Zweifel an der Position der Trump-Regierung gegeben, hätte US-Außenminister Mike Pompeo in seiner Rede vergangene Woche diese Zweifel zerstreuen müssen. Schon klar, Pompeo forderte keinen Regimewechsel in Peking, sondern eine Verhaltensänderung. Aber in der Ansprache des Außenministers macht dies keinen Unterschied. "Jede Nation wird zu ihrem eigenen Verständnis darüber kommen müssen, wie sie ihre nationale Sicherheit, ihren wirtschaftlichen Wohlstand und ihre Ideale vor den Tentakeln der Kommunistischen Partei Chinas schützen kann", erklärte Pompeo in seiner Rede an der Richard Nixon Presidential Library in Kalifornien.

Interessanterweise wurde der Begriff "Tentakel" im Weißen Haus zum letzten Mal im März 2018 verwendet. Damit beschrieb Heather Nauert, die damalige Sprecherin des US-Außenministeriums, Russland. Sie rechtfertigte die Schließungen der Konsulate und argumentierte, dass die USA kein Problem damit hätten, britische Anschuldigungen gegen Moskau für bare Münze zu nehmen. Beweise wären nicht erforderlich oder notwendig.

Weder Pompeo noch das Weiße Haus scheinen sich der Ironie bewusst zu sein, dass die "highly likely"-Anschuldigungen gegen Russland, die diesen "Tentakel"-Wahnsinn auslösten, denselben Ursprung hatten wie das berüchtigte "Steele-Dossier", das als Grundlage für das "Russiagate" diente: das Vereinigte Königreich und sein Geheimdienstapparat. Das ist zweifellos reiner Zufall.

Die Behauptung von Trumps "Absprache" mit Russland scheiterte zwar daran, dass sie Trumps Wahl nicht verhinderte oder ihn aus dem Amt drängte – allerdings nicht wegen mangelnder Bemühungen der Demokraten und ihrer Verbündeten in den Medien und im Verwaltungsstaat –, aber sie war ein überwältigender Erfolg in einer entscheidenden und vielfach übersehenen Hinsicht. Sie drängte die Republikaner und Trump selbst dazu, nicht mehr die Schiene der besseren Beziehungen zu Moskau zu fahren, sondern die Politik der vorherigen Regierung zu verschärfen, um zu zeigen, dass man gegenüber Russland "hart" vorgeht. Wie vorherzusehen war, hat das nicht geholfen, die Demokraten zu überzeugen. Trump versank nur noch etwas mehr im "Sumpf" von Washington, wie er ihn selbst nannte.

Mit China passiert derzeit dasselbe. Es ist verlockend, die gegenwärtige Serie der antichinesischen Maßnahmen durch die gleiche Brille zu betrachten. Trump und die Republikaner könnten nach dieser Logik dasselbe Spielbuch gegen Joe Biden und die Demokraten verwenden, um sicherzustellen, dass die USA auf Kollisionskurs mit China gesetzt werden, unabhängig davon, wer im Januar nächsten Jahres im Weißen Haus sitzen wird.

Der Punkt ist, dass die Demokraten nur allzu gerne mitspielen. Die internen Gesprächspunkte der Partei, die im April an Axios durchsickerten, enthüllten, dass das Democratic National Committee Trump beschuldigte, weich und schwach gegenüber China zu sein. Er habe sich vor Peking "herumgerollt", um ein Handelsabkommen zu bekommen, während die COVID-19-Pandemie ignoriert wurde.

Ironischerweise hat dies Trumps ohnehin schon harte Haltung gegenüber Peking nur noch verschärft und zeigte einmal mehr, dass sonderbare Dinge wie Fakten nicht das Streben nach politischer Macht behindern dürfen.

Beide Parteien leiden unter der Nostalgie des Kalten Krieges. Die Republikaner sehnen sich nach der Zeit mit Ronald Reagan, die Demokraten nach dem unipolaren Moment, den Bill Clinton am Ende des Konfliktes für sich genutzt hat. Was sie beide übersehen, ist, dass Richard Nixon mit seinem klugen Schachzug, China im Jahr 1972 von der Sowjetunion abzuwerben, weitaus mehr Anerkennung dafür verdient, wie sich die Dinge entwickelt haben, wie der frühere CIA-Analyst Ray McGovern kürzlich erklärte. Doch Nixon ist in seiner Heimat wegen des "Watergate"-Unfugs diffamiert worden – der im Vergleich zur Spionagetätigkeit Barack Obamas, des Justizministeriums und des FBI während Trumps Präsidentschaftskampagne verblasst – sodass seine außenpolitischen Erfolge ebenfalls auf die schwarze Liste kamen. Infolgedessen haben die USA ihren Kurs geändert und Peking und Moskau näher zusammengebracht als je zuvor.

Die Bürokraten in Washington reiben sich in Aussicht einer militärischen Aufrüstung im Stil von Reagan nun vor Freude die Hände, da diese ihrer Meinung nach im Kalten Krieg den "Sieg" bedeutete – in Unkenntnis dessen, dass sich die strategische Situation geändert hat und die Seite, die "in Vergessenheit geraten" wird, ihre eigene sein wird.

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