Meinung

"Peinlich und verstörend": Publikumskonferenz zur Antwort des SWR-Programmdirektors

In einem Beitrag im April legte die ARD eine "Destabilisierung der EU" durch RT nahe. Konstruiert und albern fand die Ständige Publikumskonferenz die Vorwürfe und reichte eine Programmbeschwerde ein. Nun liegt die Antwort des zuständigen Programmdirektors vor.
"Peinlich und verstörend": Publikumskonferenz zur Antwort des SWR-Programmdirektors© Screenshot ARD-Mediathek

Ein Beitrag des ARD-Europamagazins mitten im Corona-Lockdown hat die RT-Berichterstattung als manipulativ und "destabilisierend" kritisiert. Der Hauptvorwurf lautete, RT wie auch russische Medien im Allgemeinen wollten die EU durch Falschinformationen im Zusammenhang mit der Corona-Krise "destabilisieren".

In einem ausführlichen Faktencheck widerlegte RTDeutsch die Vorwürfe selbst als manipulativ, falsch oder konstruiert. Maren Müller, die Vorsitzende des Vereins Ständige Publikumskonferenz, reichte beim SWR eine Programmbeschwerde ein, denn dieser produzierte den Beitrag. Auch sie belegte mehrere Falschbehauptungen und nannte den Beitrag "albern".

SWR-Programmdirektor Clemens Bratzler antwortete auf ihre Beschwerde – knapp innerhalb der geltenden Frist. Erwartungsgemäß verteidigte er die Sendeinhalte des SWR. Anders als behauptet sei der Film "sehr differenziert, der durchaus zur Diskussion anregt, was genau Desinformation bedeutet und welche Folgen sie haben kann".

Die Vorsitzende der Publikumskonferenz ließ seine Argumente nicht gelten. "Peinlich" nannte Müller sowohl die Berichterstattung als auch den Umgang des Senders mit Kritik. Aus ihrer Sicht könnte der betroffene Beitrag durchaus zur Diskussion anregen, allerdings sollten dabei nicht diffamierte Mitbewerber wie RT Thema sein, sondern die Zukunft des öffentlichen-rechtlichen Fernsehens, wenn ein Programmdirektor solche Beiträge in Ordnung findet.

Wir dokumentieren beide Schreiben in Wortlaut:

SWR
Gremiengeschäftsstelle
70150 Stuttgart

Schreiben des Programmdirektors vom 24. Juni 2020 unsere Programmbeschwerde vom 23. April 2020 betreffend

Sehr geehrte Damen und Herren des SWR-Programmausschusses,

aufgrund der unbefriedigenden Antwort des Programmdirektors Clemens Bratzler auf unsere Beschwerde rufen wir nach § 20 Absatz 3 der SWR-Hauptsatzung den Programmausschuss "Information" zur Befassung an.


Begründung:

Es wurde formal Programmbeschwerde gegen den Beitrag "Russland: Wie kreml-nahe Medien die Corona-Krise nutzen, um die EU zu destabilisieren" vom 19.04.20 erhoben, welcher vom Europamagazin in der Verantwortung des SWR ausgestrahlt wurde. Warum dieser Beitrag laut Staatsvertrag über den Südwestrundfunk gegen die Programmgrundsätze nach § 6 (1), (2), (3) und (4) verstößt, wurde vom Beschwerdeführer im Text hinreichend begründet.

Die völlig unzulängliche Antwort des Programmdirektors verstört insbesondere dadurch, dass er es vermeidet, auf die einzelnen Kritikpunkte einzugehen, und stattdessen vorgibt, dass im Film "differenziert" auf die nachweislich hanebüchene Eingangsthese eingegangen wurde. Nun beschreibt das Adjektiv differenziert Vorgehensweisen, Urteile, Aussagen, Gedankengänge usw. als besonders detailreich und bis ins Einzelne untergliedert und stellt damit das Gegenteil zu pauschalen und nachweislich faktenfreien Anschuldigungen dar. Der Programmdirektor konzentriert sich in seinem Antwortschreiben lediglich auf drei Kritikpunkte, das Kapitel Macron bspw. lässt er ganz aus. Das ist argumentativ ziemlich schwach.

Was wir in der Sendung vorfanden, war ein konstruiertes Zusammenfügen von Ereignissen, die weder im kausalen Zusammenhang zur eingangs behaupteten hanebüchenen These einer "Destabilisierung der EU" stehen noch einem Faktencheck standhalten, was die Substanz der einzelnen Programmteile anbelangt.

Der betroffene Sender RT Deutsch hat zwei Tage nach unserer Beschwerde in einer ausführlichen Stellungnahme zur entsprechenden Sendung im Europamagazin sogar 14 (!) Fehlinformationen, darunter mehrere ausgesprochen krasse Unwahrheiten, identifiziert.

Es erschließt sich nicht, aus welchem Grund sich Mitarbeiter öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten einer derartigen Peinlichkeit aussetzen. Mangelnde Sorgfalt, schlechte Recherche und eine ordentliche Portion Gehässigkeit könnte man unter Umständen im Boulevardbereich bei BILD und Co. vermuten, nicht aber in Medienangeboten, die laut Gesetz einem seriösen, objektiven und unparteilichen Informationsauftrag verpflichtet sind.
Obwohl wir nach nunmehr sechsjähriger Erfahrung mit den Gremien der öffentlich-rechtlichen Anstalten die Hoffnung auf sachgerechte Behandlung unserer Beschwerden aufgegeben haben, möchten wir einen Appell an Sie, als Vertreter des Publikums, richten: Sorgen Sie dafür, dass solche unmöglichen Produktionen künftig nicht mehr (ungeprüft) auf Sendung gehen. Wir leben in einer Zeit, in der jeder einzelne Zuschauer die Möglichkeit zur Gegenrecherche und damit zur Substanzprüfung von Informationen hat. Wenn sich der SWR als öffentlich-rechtliche Anstalt dazu entschließt, Mitbewerber vorzuführen, sollte er es so tun, dass er sich nicht publikumswirksam einen Bumerang einfängt.

Darüber hinaus zeugt es von sehr schlechtem Stil, wenn die Beantwortung von Beschwerden durch die verantwortlichen Mitarbeiter quasi am letzten Tag der Zweimonatsfrist erfolgt.

Sie finden den Schriftverkehr zu diesem Vorgang unter folgendem Link in unserem Archiv. 

Mit freundlichen Grüßen


Maren Müller

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