Meinung

Tschechisches Wochenmagazin schockt mit schwarzem Hitler

Seit der Ermordung des Afroamerikaners George Floyd wird rund um den Globus gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstriert. In den USA kam es dabei auch zu Randale und Plünderungen. Ein tschechisches Magazin provoziert mit einem völlig deplatzierten Vergleich.
Tschechisches Wochenmagazin schockt mit schwarzem Hitler© Screenshot Reflex

von Timo Kirez

Goethe ist ein Mensch. Ein Chinese ist ein Mensch. Also ist Goethe Chinese. Das klingt zwar lustig, ist aber ein sogenannter falscher Syllogismus – also ein Fehlschluss. Der Chefredakteur des tschechischen Wochenmagazins Reflex, Marek Stoniš, ist zwar kein Chinese (und auch kein Goethe), aber er leistete sich mit der Titelseite der aktuellen Ausgabe ein "Prachtexemplar" in Sachen Fehl- und Trugschluss.

Das Magazin thematisiert in dieser Ausgabe die "Black Life Matters"-Proteste in der Zeit nach der Ermordung von George Floyd durch US-Polizisten. Dem Afroamerikaner wurde von mehreren Beamten minutenlang die Luft abgedrückt, obwohl er mehrfach und unüberhörbar "I can't breathe", "Ich kann nicht atmen", gesagt hatte. Sogar noch mit dem höflichen Zusatz "Sir". Daran anschließend entzündeten sich in den USA landesweit Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt. Nur kurze Zeit später kam es auch in Europa zu Solidaritätskundgebungen.

Bei den Protesten in den USA kam es dabei auch wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei – inklusive Randale und Plünderungen. Da muss sich Stoniš gedacht haben: Einige Schwarze sind Kriminelle. Hitler war ein Krimineller. Also sind Schwarze wie Hitler. Und so war – schwuppdiwupp – die neue Titelseite mit einem schwarzen Hitler im Afrolook auch schon fertig gebastelt. Garniert mit dem Satz: "Sollen wir vor allen Kriminellen knien, die die Gesellschaft verbessern wollen?"

Eine Anspielung auf die Solidaritätsgesten einiger weißer Demonstranten, Politiker und Polizisten, die vor Schwarzen knieten. Dass dieser Vergleich völlig deplatziert und geschmacklos ist, muss eigentlich nicht extra erwähnt werden. Dass er vor allem die Verbrechen unter Hitler relativiert, ebenso wenig. Dabei hätte ein Artikel, mit dem der Frage nachgegangen würde, ob Gewalt und Ausschreitungen nicht eher sowohl der Anti-Rassismus-Bewegung wie auch dem Ansehen George Floyds schaden als nützen, durchaus seine Berechtigung.

Kein Geringerer als der Bruder des Ermordeten, Terrence Floyd, hatte nach den Gewaltausbrüchen in den USA zu friedvollen Protesten aufgerufen. Er verstehe, dass die Menschen sauer seien, aber: "Es gibt Proteste, Sachen werden zerstört ... Sie wollen, dass wir uns selbst zerstören. Lasst es uns diesmal anders machen", so Terrence Floyd in einer Ansprache an Demonstranten in Minneapolis.

Er forderte die Menschen dazu auf, zur Wahl zu gehen und sich Bildung anzueignen. Sein Bruder habe Minneapolis geliebt, auch wenn es nicht seine Heimatstadt gewesen sei. "Deshalb weiß ich, dass er nicht wollen würde, dass ihr alle das macht", so Floyd weiter. Doch anstatt sich ernsthaft mit diesem wichtigen Thema auseinanderzusetzen, entschied sich Stoniš mit seiner Titelseite lieber für eine billige Provokation.

Selbstredend blieb die Titelseite nicht ohne Konsequenzen. Die private Facebook-Seite von Stoniš war zeitweise blockiert. Er habe "gegen die Grundsätze der Gemeinschaft verstoßen", hieß es als Begründung. Doch der Chefredakteur von Reflex zeigt sich nicht gerade einsichtig. In einem Kommentar auf der Webseite seines Magazins schreibt er, dass zum Glück das Cover noch auf dieser Seite zu sehen sei und man ja auch das gedruckte Exemplar kaufen könne.

Wer seine Meinung über die "Black Lives Matter"-Bewegung wissen möchte, solle doch bitte vorher seinen Leitartikel in der aktuellen Ausgabe lesen, so Stoniš weiter. Darin warnt er davor, sich nicht von dem Kampf gegen den Rassismus blenden zu lassen. Denn unter diesem "Deckmantel" gebe es eher einen Kampf gegen Kapitalismus und Rechtsstaat. Das kann man so sehen (muss man aber nicht), doch jede mögliche Debatte zu dem heiklen Thema wird nun durch die Diskussion über das unsägliche Titelbild überdeckt. 

Man kann Stoniš nur empfehlen, in Zukunft nicht mehr jedem Reflex nachzugeben.

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