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Corona: Sperrgebiete in Italien und Verzehnfachung der Fälle in Deutschland in einer Woche

Wegen des Coronavirus werden in Italien 15 Gebiete weitgehend abgeriegelt. In Deutschland hat sich die Anzahl der Fälle in einer Woche verzehnfacht. Berlin berät am Sonntagabend über Hilfen für die Wirtschaft. In China ging derweil die Zahl neuer Infektionen zurück.
Corona: Sperrgebiete in Italien und Verzehnfachung der Fälle in Deutschland in einer WocheQuelle: AFP © Piero Cruciatti/ AFP

Die Lage in Italien spitzt sich dramatisch zu: Im Kampf gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus schränkt die Regierung die Bewegungsfreiheit von rund 16 Millionen Bürgern drastisch ein. Ministerpräsident Giuseppe Conte sagte am Sonntagmorgen, die wirtschaftsstarke Lombardei und 14 andere Gebiete würden weitgehend abgeriegelt. Er habe das entsprechende Dekret unterschrieben. Davon betroffen sind die Millionenstadt Mailand und die Touristenhochburg Venedig ebenso etwa wie Parma in der Region Emilia-Romagna. Außerdem bestätigte beziehungsweise verhängte die Regierung den Angaben nach Einschränkungen für ganz Italien wie den Stopp für Kinos, Theater, Museen, Demonstrationen und viele andere Veranstaltungen. Die neuen Sperrgebiete sollten von sofort bis zunächst zum 3. April gelten, schrieben Zeitungen.

Italien ist das Land in Europa mit den meisten bestätigten SARS-CoV-2-Infektionen. Die Zahl der Infizierten und Toten steigt trotz umfangreicher Gegenmaßnahmen stetig an. Bis Samstag zählen die Behörden 5.883 Menschen mit einer Infektion. 233 Menschen davon sind gestorben.

Die neuen Ankündigungen der Regierung dürften den Alltag der insgesamt rund 60 Millionen Bürger weiter verändern, nachdem die bisher schon getroffenen Maßnahmen wie landesweite Schulschließungen bereits viele tagtäglich treffen. "Wir stehen vor einer nationalen Notlage", sagte Conte, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. "Wir haben sie von Anfang an mit maximalen Vorsichtsmaßnahmen bekämpft", ergänzte der Ministerpräsident. "Wir haben zwei Ziele: Die Ausweitung der Ansteckung einzudämmen und eine Überlastung der Krankenhauseinrichtungen zu vermeiden."

Man dürfe die neuen Sperrgebiete nur aus "ernsten und unvermeidlichen" Anlässen betreten oder verlassen, etwa zum Zwecke der Arbeit oder aus familiären Gründen, hieß es. Betroffen von den Sperrmaßnahmen sind nach der Ankündigung außer der Region Lombardei 14 Provinzen unter anderem in der Emilia-Romagna und Venetien im Norden. Auch innerhalb der neuen Sperrzonen dürfen sich Bewohner nicht mehr völlig frei bewegen, wie der Premier ankündigte. "Es herrscht eine eingeschränkte Mobilität", sagte er den Angaben zufolge. Nach den Entscheidungen in Italien wies auch das Auswärtige Amt auf die veränderte Situation hin.

Wer sich als Deutscher derzeit in Norditalien aufhält, kann von dort aber weiterhin nach Deutschland zurückkehren. Das hat das Auswärtige Amt mitgeteilt. Auch unaufschiebbare berufsbedingte Fahrten, Notsituationen sowie auch die Rückkehr an einen Wohnort und die Ausreise nach Deutschland sind weiterhin möglich.

Deutschland: Verzehnfachung der Fälle in nur einer Woche

In Deutschland hatte das Robert Koch-Institut (RKI) bis Samstagnachmittag 795 Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 erfasst – mehr als zehn Mal so viele wie noch eine Woche zuvor. Außer in Sachsen-Anhalt ist der Erreger in allen Bundesländern nachgewiesen worden. Die weitaus meisten Fälle bundesweit verzeichnete Nordrhein-Westfalen vor Baden-Württemberg und Bayern. Auch in Berlin breitet sich das Coronavirus aus. Die Gesundheitsverwaltung berichtet mittlerweile von 28 Infizierten. Auch ein Beamter der Berliner Polizei ist erkrankt. 35 Polizisten wurden als seine direkten Kontaktpersonen identifiziert und unter Quarantäne gestellt. Feuerwehr und die Kassenärztliche Vereinigung richteten Hotlines und Fahrdienste ein.

Angesichts der Corona-Krise und drohender finanzieller Belastungen für die Wirtschaft wollen die Spitzen der Koalition am Sonntagabend im Bundeskanzleramt über unterstützende Maßnahmen beraten. Möglicherweise wird die Koalition unter anderem die Hürden für Firmen senken, um Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken. Im Raum stehen auch Bürgschaften, Steuerstundungen oder Überbrückungskredite, um Unternehmen kurzfristig finanziell zu helfen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) forderte derweil eine europäische Einrichtung nach dem Vorbild des deutschen Robert-Koch-Instituts. "Die europäische Seuchenbehörde ECDC ist viel zu klein, um Epidemien wie diese vernünftig begleiten zu können", sagte Spahn der Bild am Sonntag. Sie benötige einen größeren Etat und mehr Handlungsmöglichkeiten. "Wir brauchen eine Art europäisches Robert-Koch-Institut", sagte Spahn und forderte, dafür im nächsten EU-Haushalt Geld zur Verfügung zu stellen. Kernaufgabe des in Berlin ansässigen Instituts ist die Bekämpfung von Infektionskrankheiten.

China meldete am Sonntag, weitere 27 Menschen seien der Lungenkrankheit COVID-19 zum Opfer gefallen. Wie die Pekinger Gesundheitskommission mitteilte, ging die Zahl neuer Infektionen deutlich zurück. Laut offiziellen Angaben kamen seit dem Vortag nur noch landesweit 44 Fälle hinzu – der geringste Wert seit Wochen. Seit Ausbruch des Coronavirus wurden in China über 80.000 Infektionen registriert, von denen bislang rund 57.000 geheilt wurden. Unter den Trümmern eines eingestürzten Hotels in der östlichen Provinz Fujian, das kürzlich in eine Quarantänestation umgewandelt worden war, befanden sich am Samstag etwa 70 Menschen, mittlerweile wurden zehn Tote darunter berichtet.

Südkorea meldete am Sonntag 93 neue Coronavirus-Fälle, insgesamt seien es 7.134 im Land, wie die Agentur Yonhap unter Berufung auf Gesundheitsbehörden meldete. Allerdings war demnach auch der Anstieg der Fälle geringer als im gleichen Zeitraum am Vortag. In Argentinien wurde der erste durch das Virus Verstorbene in Lateinamerika gemeldet. Der Mann war 64 Jahre alt, aus Frankreich zurückgekehrt und lag fünf Tage im Krankenhaus. 

Weltweit sind inzwischen rund 102.000 Infektionen und knapp 3.500 Todesfälle registriert – die Dunkelziffer nicht erfasster Fälle dürfte Experten zufolge noch weit darüber liegen.

Auch in den USA sorgt die Krankheit zunehmend für Probleme: Im US-Bundesstaat New York gilt nun der Notstand. Derzeit gebe es dort 76 bestätigte Fälle, sagte Gouverneur Andrew Cuomo in der Hauptstadt Albany. Auch in den Bundesstaaten Kalifornien, Maine und Washington an der Westküste der USA wurde bereits der Notstand verhängt. Bundesärzte, die mit der Kontrolle ankommender Passagiere auf den US-Flughäfen beauftragt waren, zeigen sich immer alarmierter, denn viele arbeiteten ohne effektive Schutzkleidung, um sich selbst vor Krankheit zu schützen.

In den USA gibt es inzwischen mehr als 400 nachgewiesene Coronavirus-Fälle. 19 Menschen starben, die meisten von ihnen im westlichen Bundesstaat Washington. Organisatoren der Conservative Political Action Conference, einer hochkarätigen Jahresversammlung der Konservativen, die im vergangenen Monat in Maryland stattfand, sagten am Samstag, dass einer ihrer Teilnehmer positiv auf das Virus getestet hatte. Er war vor der Veranstaltung dem Virus ausgesetzt gewesen. Die Person hatte demnach während der Veranstaltung zu Präsident Donald Trump oder Vizepräsident Mike Pence, die auch anwesend waren, keinen Kontakt. Donald Trump will seine Wahlkampf-Tour trotz des sich ausbreitenden Virus nicht unterbrechen und schwärmt von "gigantischen Kundgebungen".

(rt deutsch/ dpa/ reuters)

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