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"Feindlicher Akt" – Deutsche Politik und Wirtschaft reagieren empört auf geplante US-Sanktionen

Nach dem Beschluss des US-Repräsentantenhauses, Sanktionen gegen EU-Firmen zu verhängen, die sich am Bau der Pipeline Nord Stream 2 beteiligen, kritisieren deutsche Politiker und Wirtschaftsvertreter in seltener Einigkeit die neue Eskalation aus Washington.
"Feindlicher Akt" – Deutsche Politik und Wirtschaft reagieren empört auf geplante US-SanktionenQuelle: www.globallookpress.com © imago stock&people

Führende Vertreter aus Politik und Wirtschaft in Deutschland haben ihre Empörung gegenüber den drohenden US-Sanktionen wegen Nord Stream 2 zum Ausdruck gebracht. Parteiübergreifend lehnten deutsche Politiker die drohenden Schritte aus Washington als Einmischung in die souveränen Angelegenheiten Deutschlands und der EU ab. Wirtschaftsvertreter fordern sogar Gegensanktionen, sollten die USA die geplanten Sanktionen tatsächlich verabschieden.

Die europäische Energiepolitik wird in Europa entschieden, nicht in den USA. Eingriffe von außen und Sanktionen mit extraterritorialer Wirkung lehnen wir grundsätzlich ab", teilte Maas am Donnerstag mit.

Das US-Repräsentantenhaus hatte am Mittwoch ein Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt verabschiedet, in das ein Sanktionsgesetz zu Nord Stream 2 eingefügt worden war. Erwartet wird, dass der Senat das Paket noch vor Beginn der Sitzungspause Ende nächster Woche verabschiedet. Das Weiße Haus hat bereits deutlich gemacht, dass US-Präsident Donald Trump das Gesetzespaket unterzeichnen wird. Die USA argumentieren, dass sich Deutschland mit der Pipeline in Abhängigkeit von Russland begeben würde.

Das ist nun nicht mehr nur ein unfreundlicher, sondern ein feindlicher Akt der USA gegen seine Verbündeten und ganz Europa", sagte Joachim Pfeiffer, der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, am Donnerstag der dpa. "Der US-Sanktionsbeschluss ist sowohl politisch falsch, da er die sich abzeichnenden Fortschritte und Erfolge des 'Normandie-Gipfels' vom Montag nicht nur nicht würdigt, sondern konterkariert."

Extraterritoriale Sanktionen seien inakzeptabel und anmaßend. Nord Stream 2 verbessere die Versorgungssicherheit ganz Europas, stärke den Wettbewerb auf dem Energiebinnenmarkt. Auf US-Sanktionen müssten Deutschland und die EU mit entsprechenden Gegenmaßnahmen reagieren, sagte Pfeiffer. 

Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul sagte, die Maßnahmen seien eine Belastung für das deutsch-amerikanische Verhältnis.

Wir brauchen keine Belehrungen in unserem Verhältnis zu Russland,wie das klare Bekenntnis zum Sanktionsregime wegen der Krim-Annexion zeigt. Wir stehen unverändert zu North Stream 2 als ein Pfeiler einer diversifizierten Energieversorgung.

Der FDP-Politiker Martin Neumann sagte, hinter den geplanten US-Sanktionen stecke zum einen der Versuch von US-Präsident Donald Trump, russisches Gas zugunsten des amerikanischen Flüssiggases (LNG) vom Markt zu drängen.

Oliver Hermes, der Vorsitzende des Ost-Ausschusses – Osteuropavereins der Deutschen Wirtschaft (OAOEV) der deutschen Wirtschaft, verurteilte die geplanten US-Maßnahmen gegen EU-Unternehmen scharf:

Die Verabschiedung der Sanktionen gegen Nord Stream 2 durch das US-Repräsentantenhaus ist ein Affront gegen die europäische Souveränität und ein nicht akzeptabler Eingriff in die autonome Energiepolitik Europas. (...) Europa muss allen Versuchen der USA, den Absatz US-amerikanischen Flüssiggases in Europa mit unlauteren Mitteln zu fördern, entschieden entgegentreten", mahnte er in einer Presseerklärung am Donnerstag.

Auch die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer (AHK) schloss sich der Kritik an:

Die Sanktionen gegen Nord Stream 2 sind ein Schlag gegen Europa und den engen Bündnispartner Deutschland", sagte Rainer Seele, Präsident der AHK und Vorstandsvorsitzender des Öl- und Gaskonzerns OMV. "Es ist an der Zeit, dass Berlin und Brüssel eine klare politische Position beziehen und mit gezielten Gegenmaßnahmen antworten. Auf dem Spiel steht die energiepolitische Unabhängigkeit Europas."

Matthias Schepp, Vorstandsvorsitzender der AHK, erklärte:

Wir unterstützen die Haltung der deutschen Bundesregierung, die sich generell gegen den extraterritorialen Charakter vieler amerikanischen Sanktionen gegen Russland oder den Iran wendet. (...) Die neuen Maßnahmen gegen Nord Stream 2 treffen weniger Russland, sondern in erster Linie europäische Unternehmen und deutsche Energieinteressen. Europa sollte auf Sanktionen, die Europa schädigen, mit Gegensanktionen antworten."

Vertreter der EU äußerten sich ebenfalls zu der neuesten Eskalation im Streit um das Projekt Nord Stream 2, das nur wenige Wochen vor dem Abschluss steht. EU-Handelskommissar Phil Hogan warnte die USA davor, Sanktionen im Zusammenhang mit Nord Stream 2 zu verhängen. 

Die EU wendet sich prinzipiell gegen die Verhängung von Sanktionen gegen EU-Unternehmen, die legitime Geschäfte betreiben", sagte der Ire am Donnerstag in Brüssel.

Die Frage, ob die EU im Fall der Verhängung von US-Sanktionen auf jeden Fall mit Vergeltungsmaßnahmen antworten würde, beantwortete Hogan allerdings ausweichend. Man wolle sich die US-Pläne zunächst genau anschauen, sagte er.

Auch Russland kritisierte die geplanten US-Sanktionen. Die USA wollten sich mit diesem Schritt Vorteile im Gasgeschäft verschaffen, sagte Vize-Außenminister Alexander Gruschko am Donnerstag in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Mit möglichen US-Strafmaßnahmen würden die Interessen Europas und der Verbraucher verletzt.

Das ist keine Überraschung für uns", meinte Gruschko.

Alle Projekte Russlands seien wirtschaftlich gerechtfertigt und würden die Energiesicherheit Europas stärken. Die US-Amerikaner hingegen wendeten Instrumente an, die "gegen das Völkerrecht verstoßen und den gesunden Menschenverstand zuwiderlaufen". Die USA argumentieren, dass sich Deutschland mit Nord Stream 2 von Russland abhängig macht.

(dpa/rt deutsch)

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