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Der "Eisige" ein CIA-Agent? – Spekulationen um Ex-Chef des serbischen Geheimdienstes

Jovica Stanišić war einer der engsten Vertrauten des ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević und gehörte zu mächtigsten Personen auf dem Balkan. Laut einem ehemaligen britischen Diplomaten war der Ex-Chef des serbischen Geheimdienstes ein CIA-Agent.
Der "Eisige" ein CIA-Agent? – Spekulationen um Ex-Chef des serbischen GeheimdienstesQuelle: Reuters

In den 90er-Jahren leitete Jovica Stanišić den serbischen Geheimdienst und galt als zweitmächtigster Mann des damaligen Jugoslawien, gleich nach Präsident Slobodan Milošević. Der "Eisige", wie er wegen seines kühlen Blicks genannt wurde, soll sowohl politische Akteure im Land als auch die serbisch-montenegrinische Unterwelt unter seiner Kontrolle gehabt haben.

Die "Graue Eminenz" tritt in Erscheinung

Die "Graue Eminenz" des jugoslawischen Präsidenten trat erst 1995 in Erscheinung, als er als Sonderbeauftragter von Milošević beim politischen Vertreter der Serben in Bosnien-Herzegowina, Radovan Karadžić, die Freilassung von UN-Soldaten erwirkte. Die bosnischen Serben hatten die Blauhelme als Geiseln genommen und wollten sie als menschliche Schutzschilde für potenzielle Ziele der NATO-Luftangriffe benutzen. Im gleichen Jahr nahm Stanišić als Mitglied der jugoslawischen Delegation an den Bosnien-Friedensverhandlungen in der US-Stadt Dayton teil.

1998 kam es jedoch zum Bruch mit Milošević, und er wurde vom Posten des Geheimdienstchefs abgesetzt. Laut einem Bericht der serbischen Zeitschrift Vreme soll der heute 69-Jährige jedoch bis zur Ermordung des damaligen serbischen Premierministers Zoran Đinđić die Fäden im Geheimdienst gezogen haben. Am 13. März 2003 wurde er verhaftet. Im Juni desselben Jahres stellte er sich freiwillig dem UN-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag.

Er und sein Vize Franko Simatović müssen sich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen während der Balkankriege verantworten. Beide Geheimdienstler sollen paramilitärische Spezialeinheiten wie etwa die "Roten Barette" oder die "Skorpione" mitbegründet, finanziert und in den Kriegsgebieten in Kroatien und Bosnien-Herzegowina kontrolliert haben. Es geht um die Befehlsverantwortung für Morde, Vergewaltigungen und Plünderungen der serbischen Freischärler. 2015 wurden sie aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Doch noch im selben Jahr wurde das Urteil aufgehoben, und seit 2017 wird ihnen erneut der Prozess gemacht.

Eine Aussage sorgt erneut für Diskussionen in Serbien

In Serbien sorgt nun die Aussage eines Zeugen der Verteidigung für Diskussionen. War der ehemalige Geheimdienstchef tatsächlich ein CIA-Agent? Dies zumindest behauptet der ehemalige britische Botschafter in Serbien, Ivor Roberts. In Belgrad war er zwischen 1994 und 1997 tätig und hatte 2017 ein Buch unter dem Titel "Conversations with Milosevic" (Gespäche mit Milošević) veröffentlicht. Schon darin hatte er die Verbindung von Stanišić mit dem US-Auslandsgeheimtdienst behauptet. 

Vor Gericht wiederholte er dies vor einigen Tagen, konnte jedoch keine weiteren Informationen dazu geben.

Die Anweisungen, die ich habe, lauten, dies nicht zu diskutieren, und es sind sehr aktuelle Anweisungen, die mich daran erinnern, dass ich an den 'British Official Secrets Act' gebunden bin, obwohl ich den britischen Regierungsdienst vor 13 Jahren verlassen habe", sagte Roberts.

Bereits in der Vergangenheit gab es Berichte über eine CIA-Tätigkeit von Stanišić. So hatte 2009 die Los Angeles Times unter Berufung auf eine Zeugenaussage berichtet, er sei in den 90er-Jahren der wichtigste Mann der Amerikaner in Belgrad gewesen. So soll er etwa der CIA Einblicke in die Pläne des jugoslawischen Präsidenten gewährt oder dem US-Auslandsgeheimdienst geholfen haben, "geheime Stützpunkte" in Bosnien zu errichten. Mit der CIA soll er seit 1992 über einen ihrer pensionierten Beamten Kontakt gehabt haben. Laut Bericht soll die CIA bereits vor Jahren dem Haager Tribunal Unterlagen zukommen lassen haben, die seine Rolle damals als "hilfreich" bezeichnen. Er soll demnach viel Gutes bewirkt und etwa dabei geholfen haben, den Krieg in Bosnien zu beenden.

Ein ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter des serbischen Geheimdienstes hat Roberts' Behauptung allerdings dementiert. Stanišić sei kein CIA-Agent gewesen, sondern habe zum US-Auslandsgeheimdienst Kontakte "ausschließlich professioneller Natur" gehabt, wird Vlado Dragićević in serbischen Medien zitiert. Er habe nur Informationen ausgetauscht, zu deren Weitergabe er auch befugt gewesen sei. 

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