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Arabische Petrodollars sollen jetzt auch nach Russland fließen

Nach Jahren leerer Versprechungen soll nun endlich der Rubel rollen. Die milliardenschweren Investmentfonds der arabischen Monarchien wollen nun auch in Russland einsteigen, nachdem sich Moskau wieder als neues Machtzentrum auf der weltpolitischen Bühne etabliert hat.
Arabische Petrodollars sollen jetzt auch nach Russland fließen Quelle: Reuters © Lisi Niesner

von Zlatko Percinic

Nachdem die Vereinigten Staaten von Amerika zu einem Energiegiganten aufgestiegen und nicht mehr abhängig von arabischem Öl sind, ist das "Recycling"-System zusammengebrochen, welches für ein halbes Jahrhundert funktioniert hatte. Das Geld, das die USA für Erdöl an die Scheichs auf der Arabischen Halbinsel ausgeben mussten, wollten sie in Form von Investitionen in verschiedensten Bereichen der US-Wirtschaft wieder zurückhaben. Diese wechselseitige Beziehung funktionierte so lange gut, solange beide Seiten voneinander abhängig waren. Und solange der Profit stimmte.

 Doch mit dem Aufstieg der USA zu einem Energieexporteur hat sich dieses Gleichgewicht verschoben. Washington ist zu einem Konkurrenten geworden, der sein Geld nicht mehr in Saudi-Arabien, Kuwait oder den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgeben muss, um die Häuser und Wohnungen im Winter warm zu halten oder die Tankstellen mit Benzin zu beliefern. Doch die Petromonarchien sind noch immer von den USA abhängig, wenn es um ihre eigene Sicherheit geht. Die ehemalige Gewissheit, dass Washington schon zu Hilfe eilen wird, wenn der Preis stimmt, ist einer schmerzlichen Ernüchterung gewichen.

Zwar sind die bilateralen Beziehungen nach wie vor robust, und die Rüstungsgeschäfte jagen von einem Spitzenwert zum nächsten, doch die Risse werden immer augenscheinlicher. Nicht einmal die Terroranschläge vom 11. September 2001, bei denen saudische Terroristen – womöglich mit Unterstützung aus gewissen Teilen des wahhabitischen Königreiches – fast 3.000 Menschen getötet haben, konnten solche Risse in den Beziehungen erzeugen.

Noch halten gemeinsame geopolitische Ansichten das Band zusammen, insbesondere die Feindschaft gegenüber dem Iran. Nicht umsonst wurde das Atomabkommen als Bedrohung empfunden, weil sich dadurch selbst dieses Band aufgelöst hätte.

Das bedeutet aber nicht, dass sich Riad und Abu Dhabi, als finanziell mächtigste Zentren der arabischen Welt fest im US-Camp verankert, nicht der globalen Veränderungen bewusst wären. Dennoch können sie keine übereilten Schritte unternehmen, da einerseits nach wie vor sehr viel Kapital in den USA investiert ist und andererseits die bittere Realität aufgezeigt hat, dass ihre Sicherheit noch auf Jahre hinaus von Washington abhängig bleiben wird. Saudi-Arabien und die VAE haben es nicht geschafft, einen hoffnungslos unterlegenen Gegner im Jemen zu besiegen, obwohl sie nebst Israel zu den militärisch bestausgerüsteten Staaten der Region gehören. Und wenn sie es nicht einmal mit den Huthi aufnehmen können, wie sollen sie dann erst gegen einen viel stärkeren Gegner bestehen können?

Den beiden Kronprinzen und Powerplayern Mohammed bin Salman (MbS) und Mohammed bin Zayed (MbZ) bleibt daher nichts anderes übrig, als kleine und vorsichtige Schritte zur politischen Diversifizierung zu unternehmen. Mit einem aus ihrer Sicht eher kleinen Investment in Russland wäre der erste Schritt in diese Richtung getan, nachdem den jahrelangen Versprechen nur zaghafte Taten folgten. Als MbS 2015 den russischen Präsidenten Wladimir Putin traf, versprach er saudische Investitionen in Höhe von zehn Milliarden US-Dollar. Gemäß russischen Statistiken war es am Ende aber "nur" rund ein Viertel, wie Bloomberg berichtete.

Nun sollen es laut Kirill Dmitriev, dem Leiter des staatlichen Russian Direct Investment Fund und Putins Sonderberater für die Golfregion, allein für 2019 fünf Milliarden US-Dollar werden:

Wir sind sehr zufrieden mit dem Verlauf der Beziehungen mit arabischen Investoren. Wir sind interessant für sie, weil wir hohe Renditen auf investiertes Kapital anbieten. Gespräche mit den Chinesen verlaufen immer ein bisschen langsamer.

Diese politische Diversifizierung ist nicht nur eine Frage der Rendite, sondern auch einer gewissen neuen Abhängigkeit. Saudi-Arabien benötigt einen stabilen Ölpreis, der sich mindestens auf einem Niveau von 85 US-Dollar pro Barrel befindet, um den Staatshaushalt finanzieren zu können. Als US-Präsident Trump im November 2018 nach einem Preissturz und dem Ausstieg von Katar aus dem Ölkartell OPEC nach noch geringeren Ölpreisen verlangte, stellte er Riad vor größere Probleme.

Es war dann ausgerechnet Russland – zusammen mit den USA und Saudi-Arabien, einer der größten Ölexporteure der Welt – das den Saudis zur Seite stand und die Förderkürzungen der Opec+ verlängerte, um die Preise zu stabilisieren, obwohl man noch vor der Fußball-Weltmeisterschaft von einer Produktionssteigerung sprach. Damit entschied sich Riad explizit gegen die von Trump geforderte Politik von niedrigen Ölpreisen.

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Putin machte hingegen deutlich, dass er Russland nicht als Junior-Partner von Saudi-Arabien betrachtet, sondern als ebenbürtigen Akteur im Ölkartell. Noch Anfang Juni meinte er, dass Russland gar nicht so hohe Ölpreise wie Saudi-Arabien brauche, weil Moskau bereits mit einem Preis von 40 US-Dollar pro Barrel klarkomme. Und im Februar warnte Igor Sechin, Chef des staatlichen Ölriesen Rosneft, Putin davor, den Deal mit der OPEC weiter zu verlängern, weil es eine "strategische Bedrohung" für Russland darstelle und in die Hände der USA spiele.  

Doch für Putin geht es um das große Ganze. Würde Moskau aus dem Deal aussteigen, würden auch die Ölpreise sofort nachgeben und Riad dazu zwingen, entweder die Preise zu akzeptieren oder deutlich mehr Erdöl zu fördern. Am Montag entschieden sich die Länder von Opec+ aber für eine weitere Beibehaltung der Förderkürzungen bis zum 31. März 2020. So sichert sich Putin nicht nur die arabischen Investitionen in Russland, sondern auch deren Unterstützung in geopolitischen Angelegenheiten, die im Fokus der russischen Außenpolitik stehen.

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