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Deutschland führt Gespräche mit Taliban für Afghanistan-Friedenskonferenz

Die Bundesregierung bot bereits im Februar ihre Unterstützung für Friedensgespräche zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban an. Nachdem die von den USA geführten Gespräche in Katar vergangenen Monat gescheitert waren, hat nun Berlin die Initiative ergriffen.
Deutschland führt Gespräche mit Taliban für Afghanistan-FriedenskonferenzQuelle: AFP

Nach über 17 Jahren Krieg gegen die paschtunischen Taliban im zentralasiatischen Afghanistan befindet man sich in einer Pattsituation. Die vom Westen gestützte Zentralregierung in der Hauptstadt Kabul hat in den vergangenen Jahren große Teile des Landes an die Taliban verloren, nachdem diese nach der US-Invasion im Oktober 2001 beinahe besiegt und ins benachbarte Pakistan geflüchtet waren.

Die vielen Jahre jedoch haben die radikalislamischen Paschtunen genutzt, um sich neu zu organisieren und die afghanischen Regierungstruppen trotz NATO-Unterstützung zurückzudrängen. Heute kontrolliert die Zentralregierung in Kabul weniger als die Hälfte des Landes. Es scheint sich die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass man Afghanistan nicht militärisch bezwingen kann. Man kann zu den Taliban stehen, wie man möchte, es bleibt aber eine Tatsache, dass sie zu einem Teil der multiethnischen Gesellschaft geworden sind und ein Frieden nur gemeinsam mit ihnen erreicht werden kann.

Aus diesem Grund versuchen sowohl Russland als auch die USA, die verfeindeten Parteien an einen Tisch zu bringen und einen Friedensprozess in Gang zu setzen. Während die russische Initiative ihre Gespräche in Moskau führte, setzten die US-Amerikaner auf die Mithilfe von Katar und führten deshalb die Gesprächsrunden mit den Taliban in Doha. Ein entscheidendes Treffen zwischen den Taliban und einer Regierungsdelegation aus Kabul unter US-Schirmherrschaft scheiterte allerdings Mitte April aufgrund eines Streits über die Größe und Zusammensetzung der jeweiligen Abgesandten.

In Deutschland werden diese Vorstöße der USA und Russlands kritisch bewertet. Insbesondere die gesteigerte Erwartung aus Washington auf einen schnellen politischen Abschluss und der Wunsch, die US-Truppen aus Afghanistan abzuziehen, lösen keine Begeisterung in Berlin aus. Wie der Spiegel am 12. Februar berichtete, soll ein vom Kanzleramt, Auswärtigem Amt und Verteidigungsministerium verfasstes Strategiepapier die Bedenken folgendermaßen formuliert haben:

Der dadurch entstehende Zeitdruck könnte die Verhandlungsposition der USA und der afghanischen Regierung schwächen, wenn es nicht gelingt, eine solche Reduzierung als Meilenstein eines verhandelten Fahrplans mit Gegenleistungen zu verknüpfen.

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Und nach diesem Strategiepapier könne es nur "Gegenleistungen" der Taliban geben, wenn man sie militärisch unter Druck setzt, um sie "zu ernsthaften Verhandlungen zu bewegen". Sollten die – nach Berlins Meinung – richtigen Voraussetzungen gegeben sein, dann wäre die Bundesregierung auch bereit, eine neue Friedenskonferenz in Deutschland auszurichten.

Noch im März äußerte sich der afghanische Außenminister Salahuddin Rabbani gegenüber der Bild, dass man sich Deutschland als Austragungsort für Friedensgespräche mit den Taliban vorstellen könnte. "Wenn die Zeit reif ist, werden wir unsere deutschen Freunde ansprechen", sagte Rabbani weiter.

Im Hintergrund arbeitet der deutsche Sonderbeauftragte für Afghanistan und Pakistan und ehemalige Botschafter in Afghanistan (2014–2016), Markus Potzel, daran, den Weg für diese Friedenskonferenz zu ebnen. Auch vor dem Hintergrund des gescheiterten Zustandekommens des Treffens zwischen Taliban und Vertretern der Zentralregierung in Doha möchte die Bundesregierung an die bereits erzielten Fortschritte anknüpfen und diese weiterführen.

Aus diesem Grund traf sich Potzel mit der Zentralregierung in Kabul und mindestens zweimal innerhalb dieses Monats auch mit Vertretern der Taliban in ihrem politischen Büro in Doha, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Laut dem Sprecher der Taliban ging es bei den Treffen tatsächlich um die Möglichkeit einer Afghanistan-Friedenskonferenz in Deutschland, allerdings habe es noch keine Entscheidung seitens der Taliban dazu gegeben.

Ob tatsächlich nur militärischer Druck die Taliban zu ernsthaften Verhandlungen bewegen kann, wie es in dem Strategiepapier der deutschen Regierung heißt, oder ob vielmehr die Erkenntnis auf Seiten der westlichen Unterstützer, dass der Krieg nach über 17 Jahren die Taliban nicht bezwungen hat, zu einer Dialogbereitschaft der verfeindeten Gruppen führen wird, sei mal dahingestellt. Für die notleidende Zivilbevölkerung auf beiden Seiten wird es keine Rolle spielen, wie und unter welchen Umständen die Kämpfe eingestellt werden: Die Hauptsache wird sein, dass der 40-jährige Bürgerkrieg endlich beendet wird.

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