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Zwei muslimische Kongressabgeordnete in den USA lösen Ängste bei Golfmonarchien aus

Bei den Kongresswahlen im November wurden zum ersten Mal in der Geschichte der USA zwei muslimische Frauen in den Kongress gewählt. Seitdem sind sie nicht nur konfrontiert mit Anfeindungen einiger Rassisten in den USA, sondern auch aus einer unerwarteten Ecke: seitens Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate.
Zwei muslimische Kongressabgeordnete in den USA lösen Ängste bei Golfmonarchien ausQuelle: AFP © Win McNamee

Ilhan Omar und Raschida Tlaib haben Geschichte geschrieben. Sie zogen als erste muslimische Frauen in den Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika und gehören zur jungen Generation von Hoffnungsträgern der Demokratischen Partei. Ilhan Omar ist in Somalia geboren und wanderte als vierzehnjähriges Mädchen nach Minnesota in die USA aus. Raschida Tlaib ist eine gebürtige US-Amerikanerin (Detroit/Michigan) mit palästinensischen Wurzeln. Für ein stolzes Einwanderungsland wie die USA sollte ihre Wahl eigentlich etwas vollkommen Normales sein. Etwas, was keine großen Emotionen wecken sollte, weder Überschwänglichkeit noch Hass.

Dass es im Fall von Omar und Tlaib nicht so ist, liegt daran, dass sie Musliminnen sind. Religion schafft es also nach wie vor, große Emotionen in der Politik zu wecken. Selbst in einem Land, wo so etwas laut Verfassung gar nicht vorgesehen ist und eine strikte Trennung von Religion und Politik herrscht. Wie schon bei der Wahl von Barack Obama zum ersten US-afroamerikanischen Präsidenten vor zehn Jahren: Damals spielte der Islam insofern eine Rolle, als ihm seine Gegner vorwarfen, ein "heimlicher" Muslim zu sein. Im Jahr 2015 glaubten immer noch fast dreißig Prozent der US-Amerikaner daran, dass Obama ein Muslim ist.

Und wie man schon dem damaligen Präsidenten vorwarf, die Scharia in den Vereinigten Staaten einführen zu wollen oder das Land sogar zu einem "islamischen Amerika" zu machen, so sehen sich Omar und Tlaib ähnlichen Vorwürfen gegenüber. Der landesweit bekannte Pastor und Radiomoderator E.W. Jackson ereiferte sich in seiner Sendung darüber, dass die von den Demokraten ins Spiel gebrachte Gesetzesänderung zur Aufhebung des Verbots von religiösen Kopfbedeckungen im Kongress, diesen in eine "islamische Republik" verwanden würde.

Was? Wollen wir jetzt den Kongress in eine Scharia-Institution verwandeln? Diese Sache ist einfach nur verrückt… Gott steht uns bei! Der Plenarsaal des Kongresses wird jetzt wie eine islamische Republik aussehen. Ich meine: echt jetzt? Mann. Wir sind ein jüdisch-christliches Land. Wir sind eine Nation, die im Christentum verwurzelt und geerdet ist und das ist das. Und alle, denen das nicht gefällt: geht und lebt irgendwo anders. Es ist ganz einfach. Geht einfach nur und lebt irgendwo anders. Versucht nicht, unser Land in eine Art von islamischer Republik zu verwandeln, oder (zu) versuchen, unser Land auf die Basis der Gesetze der Scharia zu stellen. … Die Bedrohung für die Menschheit ist nur einfach nur der radikale Islam. Die Bedrohung für die Menschheit ist der Islam, Punkt. Ja genau, ich habe es gesagt und ich meine es auch so. … Die Tatsache, dass wir diese Leute in den Kongress wählen und sie in ein Amt wählen, ist einfach völlig indiskutabel

Damit dürfte er Rassisten jeglicher Couleur im In- und Ausland aus der Seele sprechen, obwohl er selbst ein Afroamerikaner ist. Doch es sind nicht nur sie, denen die beiden Frauen aus Minneapolis und Detroit ein Dorn im Auge sind. Ausgerechnet Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, beides Länder mit dem rigiden Wahhabismus als Staatsreligion, haben die Wahl von Ilhan Omar und Raschida Tlaib in den US-Kongress kritisiert. So hat beispielsweise der von Saudi-Arabien finanzierte Sender Al-Arabiya einen Artikel veröffentlicht, mit welchem die beiden Frauen als ein Teil einer Allianz zwischen den Demokraten und islamistischen Gruppierungen dargestellt werden, um so die Kontrolle über den Kongress zu gewinnen.

Über Umwege versuchte der Artikel dann auch eine Nähe von Omar und Tlaib zur Muslimbruderschaft zu spinnen, die in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, aber auch in Ägypten als Terrororganisation eingestuft wurde. Faisal al-Shammeri ging da einen Schritt weiter. Der "Kulturbeauftragte" der saudischen Botschaft in Washington twitterte kurz nach Bekanntwerden der Wahl von Omar, dass sie "gegenüber dem Golf (Golfmonarchien/Anm.) feindlich gesinnt sein wird und eine Unterstützerin des politischen Islam ist, der von der Bruderschaft im Mittleren Osten repräsentiert ist".

Damit offenbarte al-Shammeri unbeabsichtigt die Ängste der Petromonarchien am Persischen Golf. Sie fürchten sich vor potenziellen Veränderungen der US-Politik ihnen gegenüber, die durch außenpolitische Initiativen von Kongressabgeordneten durch nicht-bindende Resolutionen durchaus angestoßen werden können. Zuletzt konnte man das sehr gut in der Jemenfrage beobachten, als sich eine Mehrheit für eine entsprechende Resolution zur Beendigung der US-Unterstützung für den von Saudi-Arabien angeführten Krieg im Jemen aussprach und weswegen nun der Senat abstimmt, ob er diese Resolution annehmen wird. Kein Wunder also, dass der in London sitzende junge Leiter des von Saudi-Arabien finanzierten British Middle East Center for Studies and Research, Amjad Taha, sogar das Gerücht streute, Omar wäre eine Nachfahrin einer "Huthi-Jemenitin".

Abgesehen vom Krieg im Jemen gibt es durchaus auch andere Themen, die in der Wahrnehmung der Herrscher in Riad und Abu Dhabi gefährlich werden könnten. Wie zum Beispiel Frauen- und Menschenrechte, Demokratie oder eine ausbalanciertere Außenpolitik; all das sind für die Potentaten in ihren Herrscherhäusern Tabuthemen. Deshalb ist schon allein die Möglichkeit, dass über solche Themen im US-Kongress debattiert werden könnte, eine Bedrohung, die sie mit jeglicher Abart von Anfeindungen und Unterstellungen - wie etwa mit einer Verbindung zur Muslimbruderschaft oder zu den Huthis - einzudämmen versuchen.

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