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Ein Russe als Interpol-Chef? US- und EU-Abgeordnete wollen das verhindern

Was ist zu tun, wenn ein Russe eine internationale Polizeibehörde leitet? Das sei, als würde "der Fuchs den Hühnerstall bewachen", behaupten US-Senatoren. Eine Front aus einflussreichen "Putin-Gegnern" macht sich bereit, um seine mögliche Wahl zu verhindern.
Ein Russe als Interpol-Chef? US- und EU-Abgeordnete wollen das verhindernQuelle: Sputnik © Alexander Prokoptschuk als Chef des russischen Interpol-Büros im Jahre 2012

Seit dem Verschwinden des bisherigen Interpol-Chefs Meng Hongwei Ende September in China, wo gegen ihn wegen Korruption ermittelt wird, wird die internationale Polizeiorganisation von seinem Stellvertreter, dem Südkoreaner Kim Jong Yang geleitet. Am Dienstag wird seine Interimszeit möglicherweise vorbei sein. Am 21. November sollen die Vertreter der 192-Mitgliedsstaaten bei der 87. Generalversammlung den regulären Chef der Behörde wählen.  

Laut Angaben der britischen Zeitung Financial Times gibt es neben ihm auch den bisherigen stellvertretenden Interpol-Vorsitzenden Alexander Prokoptschuk als aussichtsreichen Kandidaten für den Posten. In den Jahren 2011-2016 hat Prokoptschuk das russische Interpol-Büro geleitet. Zuvor hatte der 56-Jährige mehrere Jahre in den russischen Steuer- und Antikorruptionsbehörden gearbeitet. Sein Spezialgebiet war dabei Wirtschaftskriminalität.

Für viele im Westen gilt seine Kandidatur als Affront. Zeitungen schreiben, dass die 1923 gegründete Polizeibehörde zunehmend zum Spielball "autoritärer und korrupter" Staaten werde. Am Dienstag hatten die US-Senatoren Jeanne Shaheen, Roger Wicker, Chris Coons und Marco Rubio US-Präsident Donald Trump und die Mitglieder Interpols in einem offenen Brief dazu aufgerufen, die Wahl des russischen Interpol-Vizepräsidenten zum Organisationsleiter zu verhindern. Mit der Ernennung eines Russen für diesen hohen Posten würde man "einen Fuchs den Hühnerstall bewachen" lassen. 

Ihre Anstrengungen werden möglicherweise vom Chef des Investmentunternehmens Hermitage Capital, Bill Browder, gebündelt. Während einer Pressekonferenz, die er mit dem russischen Ex-Oligarchen Michail Chodorkowski in London am Dienstag gegeben hat, sagte er, er habe mit Parlamentsabgeordneten in Großbritannien, in der EU und in den USA aus diesem Anlass Kontakt aufgenommen.

Es gibt aktive Bemühungen, um den russischen Kandidaten daran zu hindern, Interpol zu leiten. Es würde bedeuten, dass die Mafia die internationale Strafverfolgung übernimmt", so Browder.

Browder deutete auch einen "Plan B" an, sollte der russische Polizist zum Interpol-Chef gewählt werden. Dies könnte den Austritt "demokratischer Staaten" aus Interpol nach sich ziehen. 

In Russland gilt Browder als Wirtschaftskrimineller, der sich jahrelang an illegalen Finanzgeschäften bereichert haben soll. Am Montag hat die russische Staatsanwaltschaft Browder vorgeworfen, die Ermordung von mehreren früheren Verbindungsleuten, darunter auch den offiziell an Herzversagen verstorbenen Wirtschaftsprüfer Andrej Magnitzki, in Auftrag gegeben zu haben.

Er bestreitet diese Vorwürfe vehement und sagt, diese Attacke gegen ihn hätte mit der geplanten Ausdehnung des Sanktionsregelwerks, der sog. Magnitzki-Gesetze, auf EU-Staaten zu tun. Außerdem werfen er und Chodorkowski Moskau vor, Interpol früher für die Verfolgung von Regime-Kritikern, zu denen er und Browder sich zählen, missbraucht zu haben. Sollte Prokoptschuk gewählt werden, werde der Chef der internationalen Polizei "nach Putins Befehlen handeln", sagte Browder. Chodorkowski wurde wegen Betrug und Steuerhinterziehung 2005 zu zehn Jahren Haft verurteilt und im Jahr 2013 freigelassen. Im Westen gilt er dagegen als politisch Verfolgter.

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Bill Browder hält Wladimir Putin für einen Schwerstkriminellen und den "reichsten Mann der Welt", was er auf der gemeinsamen Konferenz mit Chodorkowski nochmals betonte. Die Konferenz wurde vom Büro Michail Chodorkowskis organisiert, wobei die RT-Videoagentur Ruptly mit der Begründung von der Veranstaltung ausgeschlossen wurde, dass das Material in den Händen "russischer Propagandisten landen könne". "Sicherlich aus Scham, dass wir es Menschen zeigen", erwiderte RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan zugespitzt via Twitter.

Die Appelle der US-Politiker und die Medienaktivität interessierter Akteure im Vorfeld der Wahlen zum Interpol-Vorsitzenden hat Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag als grobe Einmischung in den Wahlprozess kritisiert. Die Wählenden würden damit unter erheblichen Druck gesetzt, so Peskow.  

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