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Kaspisches Meer: Fünf Länder unterzeichnen Abkommen zur Beilegung von Streitigkeiten

Die Anrainerstaaten Aserbaidschan, Kasachstan, Iran, Russland und Turkmenistan haben sich auf eine grundsätzliche Aufteilung des Kaspischen Meeres geeinigt. Sie unterzeichneten ein wegweisendes Dokument, das über mehr als zwei Jahrzehnte verhandelt wurde.
Kaspisches Meer: Fünf Länder unterzeichnen Abkommen zur Beilegung von StreitigkeitenQuelle: RT © Grafik: Matthias Jüstel

Am Sonntag unterzeichneten hohe Vertreter jener fünf Staaten, die am Kaspischen Meer liegen, in der kasachischen Stadt Aktau das vertragliche Übereinkommen über die Rechtsstellung des Kaspischen Meeres.

Das Dokument legt eine Formel für die Aufteilung der Ressourcen des Meeres fest und verhindert, dass andere Mächte dort eine militärische Präsenz aufbauen.

Der Vertrag ist ein wichtiger Schritt zur Entschärfung der regionalen Spannungen. Dass die Einigung über das größte Binnengewässer der Welt so lange gedauert hat, aber auch ungemein wichtig ist, hat mehrere Gründe.

RT Deutsch führt in diesem Zusammenhang fünf Punkte an, die man über das Kaspische Meer wissen sollte:

1. Der rechtliche Status des Kaspischen Meeres ist kompliziert

Es liegt auf den ersten Blick nahe, anzunehmen, dass das Kaspische Meer auch im juristischen Sinne ein Meer ist. Doch im Mittelpunkt dieses langwierigen Streits um das 370.000 Quadratkilometer große Binnengewässer und dessen Ressourcen steht vielmehr die Frage, ob es als See betrachtet werden sollte oder nicht.

Bis zur Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991 galt das Meer als solches und wurde zwischen der UdSSR und dem Iran aufgeteilt. Doch das Auftauchen neuer Länder nach 1991 stellte diese Einschätzung in Frage - mit allen sich daraus ergebenden Ansprüchen und Gegenansprüchen. So argumentierte der Iran, das Gewässer sei ein See und kein Meer, doch keiner der vier anderen Anrainerstaaten stimmte dem zu.

Warum ist der Unterschied so wichtig?

Behandelte man das Gewässer wie ein Meer, dann würde es unter das internationale Seerecht, nämlich das Seerecht der Vereinten Nationen, fallen. Dieses legt Regeln fest, wie die Länder die Weltmeere nutzen können und umfasst Bereiche wie die Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, die territorialen Rechte und die Umwelt.

Wenn das Kaspische Meer jedoch als See definiert wird, dann müsste er gleichmäßig unter allen fünf Anrainerländern aufgeteilt werden.

Die am Sonntag unterzeichnete Übereinkunft trägt nun zur Beilegung dieses Streits bei.

Die unterzeichnete Konvention gibt dem Gewässer laut russischen Beamten einen "besonderen rechtlichen Status", was bedeutet, dass es nicht als Meer oder See definiert ist.

Das Oberflächenwasser soll allgemein genutzt werden, was bedeutet, dass alle Anrainerstaaten außerhalb der Hoheitsgewässer dazu freien Zugang haben. Der Meeresboden, der reich an natürlichen Ressourcen ist, wird jedoch aufgeteilt.

2. Wer gewinnt und wer verliert?

Wer von der Vereinbarung stärker profitiert, ist schwer zu sagen, da der endgültige Text der Vereinbarung noch nicht veröffentlicht ist.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass die Grenzen des Meeresbodens im Detail noch verhandelt werden müssen. Das Verlegen der Grenzlinien ist nun jedoch Gegenstand bilateraler Abkommen und nicht mehr multilateral, wie es zuvor der Fall war. Weil der Deal das Kaspische Meer nicht als See definiert, wird der Iran, der die kleinste Küstenlinie hat, als potenzieller Verlierer angesehen.

Iranische Social-Media-Nutzer haben der Regierung in Teheran prompt vorgeworfen, das Kaspische Meer am Sonntag "verkauft" zu haben. Allerdings könnte der Iran, der derzeit unter dem wachsenden politischen und wirtschaftlichen Druck der USA steht, auch einige politische Vorteile in dem Abkommen sehen. Immerhin verbietet dieses jede bewaffnete Präsenz auf dem Kaspischen Meer, mit Ausnahme militärischer Einheiten der fünf Anrainerstaaten.

Wäre das Kaspische Meer als See definiert worden, hätten Aserbaidschan und Kasachstan, die schon früh einen Anspruch auf weite Teile des Kaspischen Meeres erhoben hatten, unter der Prämisse einer solchen Spaltung nur verloren.

Die Grundlage aller bisherigen Meinungsverschiedenheiten ist also die Frage, wer was bekommt.

3. Das Kaspische Meer ist reich an Öl und Gas

Das Kaspische Meer ist aufgrund seiner riesigen Öl- und Gasvorkommen sehr begehrt.

Es wird geschätzt, dass sich unter dem Meeresboden 50 Milliarden Barrel Öl und fast 300 Billionen Kubikfuß (8,4 Billionen Kubikmeter) Erdgas befinden. Deshalb gab es zahlreiche Meinungsverschiedenheiten über die Aufteilung einiger dieser riesigen Öl- und Gasfelder. Gelegentlich wurden sogar Kriegsschiffe eingesetzt, um Auftragnehmer abzuschrecken, die von konkurrierenden Ländern angeheuert wurden.

Die Uneinigkeit über dessen rechtlichen Status verhinderte bislang auch den geplanten Bau einer Erdgasleitung zwischen Turkmenistan und Aserbaidschan durch das Kaspische Meer. Dies hätte es turkmenischem Gas ermöglicht, Russland auf dem Weg nach Europa zu umgehen.

Internationale Ölgesellschaften, die noch in den 1990er Jahren in den Kaspischen Raum geeilt waren, zogen sich später zurück. Es besteht aber die Möglichkeit, dass der Meeresboden nach dem Deal vom Sonntag nun weiter exploriert werden könnte.

4. Das Kaspische Meer liefert der Welt den Kaviar

Im Kaspischen Meer gibt es verschiedene Störarten - dies ist ein Fisch, der den weltweit besonders geschätzten Delikatessenkaviar hervorbringt. Zwischen 80 bis 90 Prozent des weltweiten Kaviars kommen aus dem Kaspischen Meer, doch die Zahlen waren in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen.

Eine Studie aus dem Jahr 2002 zeigt, dass sich die Anzahl der Fische sehr stark verringert hat und die Fischart im Kaspischen Meer bald sogar aussterben könnte. Es wurde außerdem ein ungewöhnlich hoher Anteil junger Störe im Vergleich zu reiferen Fischen festgestellt, die die für die Herstellung von Kaviar verwendeten Eier produzieren.

Als Reaktion darauf wurden mehrere Verbote hinsichtlich der Störfischerei im Kaspischen Meer und des Kaviarhandels allgemein eingeführt. Der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew erklärte am Sonntag jedoch, dass das jüngst geschlossene Abkommen die Festlegung nationaler Fangquoten erlaube.

5. Verschmutzung ist ein großes Problem

Das Kaspische Meer ist seit langem durch die Ölförderung und andere Industrien verschmutzt.

Laut dem Kaukasus-Umweltausblick der Vereinten Nationen habe die Ölverschmutzung auch die Wanderrouten des Störs beeinflusst. Störe würden in der Nähe der aserbaidschanischen Halbinsel Absheron schwimmen, wo durch stark verschmutztes Wasser ihre Nahrung und ihr Sauerstoff begrenzt werden. Eine neuere Sorge bezüglich möglicher Gefahren für den Störfisch sei die bakterielle Verschmutzung durch Abwässer aus dem Iran, heißt es weiter.

Der umstrittene Rechtsstatus des Kaspischen Meeres war auch ein Risikofaktor für die Umwelt, da es in Anbetracht der vielen ungeklärten Fragen nicht möglich gewesen wäre, eine größere Ölpest oder eine andere Verschmutzung in den umstrittenen Gewässern zu bekämpfen.

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