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Wasserträger des Prinzen: PricewaterhouseCoopers will saudische Armee modernisieren

Der hochgelobte saudische Kronprinz will seine Armee modernisieren. Dazu braucht es offensichtlich westliche Expertise. Ein verlockendes Angebot, dem das britische Beratungsunternehmen nicht widerstehen kann. Frieden und Menschenrechte haben da das Nachsehen.
Wasserträger des Prinzen: PricewaterhouseCoopers will saudische Armee modernisierenQuelle: Reuters

Im Mai 2018 ließ die stellvertretende Sprecherin des Auswärtigen Amts, Maria Adebahr, ihrer Begeisterung über die "Reformpläne" des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman während der Regierungspressekonferenz freien Lauf. Nicht unerwähnt ließ Adebahr auch die Tatsache, dass "Frauen in Saudi-Arabien jetzt Auto fahren dürfen". Doch nicht nur darüber dürfte Adebahr hocherfreut sein. Denn im Zuge einer Umstrukturierung der Armeeführung bietet das absolutistische Königreich Frauen nun erstmals auch einige militärische Arbeitsplätze an und beförderte eine Frau gar zu einem Spitzenposten im Arbeitsministerium.

Die Reformpläne, festgehalten in der "Vision 2030", erstrecken sich derweil neben wirtschaftlichen Visionen auch auf das heimische Militär.

Es gibt ein größeres Projekt zur Reform des Militärs", erklärte Bernard Haykel, ein Spezialist für den Nahen Osten an der Princeton University, bereits Anfang des Jahres.

Haykel ist davon überzeugt, dass es der verheerende und von Saudi-Arabien angeführte Krieg gegen die sogenannten Huthi-Rebellen im Jemen ist, der zum Antrieb dafür wurde:

Die militärische Schwäche wurde durch den Krieg im Jemen aufgedeckt, sie hat ihnen geholfen, die Probleme zu verstehen.

Die Saudis investierten Abermilliarden US-Dollar, um modernstes Kriegsgerät zu erwerben, hauptsächlich aus westlichen Ländern wie den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich. Nun gilt es, die wachsende Kluft zwischen erworbener Ausrüstung und heimischen Fähigkeiten zu schließen. Zuvor hatte sich der blaublütige Kriegsherr über das entstandene militärische Dilemma im Jemen erzürnt gezeigt und militärische Reformen veranlasst, zu denen auch der Aufbau einer heimischen Rüstungsindustrie gehören soll. Nach Aussage des Princeton-Spezialisten Haykel gehe es Saudi-Arabien darum, "sein eigenes Wasser zu tragen, wenn es um die Verteidigung geht".

Auch für die notwendige Abstimmung und Feinarbeit kann das ultrakonservative Könighaus auf Abhilfe durch die westliche Staatengemeinschaft vertrauen. Offensichtlich kann sich dabei das britische Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC) die größten Hoffnungen auf den saudischen Auftrag machen. Zumindest nach Informationen britischer Medien stehe PwC kurz davor, einen entsprechenden millionenschweren Vertrag zu unterzeichnen.

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Ein Fuß in einer goldenen Tür, wie der saudische Kronprinz und Verteidigungsminister in Personalunion verdeutlicht:

Wir geben jährlich zwischen 50 und 70 Milliarden [US-] Dollar für das Militär aus. Wir sind der drittgrößte Waffenkäufer der Welt, und 99 Prozent davon fließen aus dem Königreich ab. Das ist eine große Chance, in Saudi-Arabien ansässige Industrien und Arbeitsplätze zu schaffen", rief bin Salman in Erinnerung.

Im Falle der Vertragsunterzeichnung würden die britischen Berater demnach dafür verantwortlich zeichnen, den optimalen Weg aufzuzeigen, um "die Rekrutierung, die Ressourcenbeschaffung, das Leistungsmanagement und die strategische Personalplanung umzugestalten und den Wandel zu managen und zu kommunizieren". PwC-Führungskräfte erklärten den eigenen Mitarbeitern, dass die saudische Regierung eine "ehrgeizige Transformation zur Modernisierung ihrer Streitkräfte in einer Größe und Größenordnung anstrebt, wie sie bisher selten zu beobachten war". Demzufolge sei PwC "aktuell dabei, den Deal abzuschließen".

Wenn die Kasse klingelt, stoßen Stimmen, die auf die katastrophale saudische Menschenrechtsbilanz und die verheerenden Auswirkungen des Jemen-Kriegs verweisen, meist auf taube Ohren. So fordern prominente Menschenrechtsaktivisten PwC dazu auf, den Deal nochmals zu überdenken. Darunter auch der britische Direktor für wirtschaftliche Angelegenheiten von Amnesty International Peter Frankental:

Wie jede Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die für das saudische Verteidigungsministerium tätig ist, muss [PwC] wissen, dass die königliche saudische Luftwaffe im Jemen eine entsetzliche Bilanz aufweist, wobei die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition wahllos jemenitische Häuser, Krankenhäuser, Beerdigungshallen, Schulen und Fabriken bombardiert hat. Tausende jemenitische Zivilisten wurden getötet und verletzt.

Unterstützung für seine Kritik fand Frankental in Anna Macdonald, Direktorin des Control Arms Secretariat:

Das Vereinigte Königreich sollte sich darauf konzentrieren, diesen schrecklichen Konflikt zu beenden, statt der saudischen Regierung zu helfen. Britische Unternehmen sollten in der Tat sehr vorsichtig damit sein, was sie unterstützen. [Die Situation im] Jemen ist die schlimmste humanitäre Krise der Welt und wird von Tag zu Tag schlimmer.

Viele britische Unternehmen haben derweil bereits fürstlich an der humanitären Katastrophe im Jemen verdient, insbesondere britische Waffenlieferanten wie BAE Systems. Wie etwa MintPress im Mai dieses Jahres berichtete, unterstützen schätzungsweise 7.000 Mitarbeiter von britischen Bauunternehmen, Beamte und vorübergehend eingesetzte britische Militärs die Royal Saudi Air Force (RSAF) und andere saudische Sicherheitskräfte direkt bei ihrer Bombardierungskampagne im Jemen - alles mit Wissen der britischen Regierung.

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Während Frauen in Saudi-Arabien jetzt Auto fahren dürfen, wurden seit Mai über ein Dutzend Frauenrechtlerinnen durch die saudischen Behörden inhaftiert. Nach Angaben von Human Rights Watch wanderten nun zwei weitere Frauen hinter Gitter. Seit Jahren kämpfen die Aktivistinnen gegen das patriarchale saudische Rechtssystem, das unter anderem vorsieht, dass Frauen ohne die Zustimmung eines männlichen Familienangehörigen in vielen Bereichen keine eigenständigen Entscheidungen fällen dürfen.

Die Verhaftungen von Samar Badawi und Nassima al-Sadah signalisieren, dass die saudischen Behörden unverändert jeden friedlichen Ausdruck von Meinungsverschiedenheiten als Bedrohung für ihre autokratische Herrschaft ansehen", kommentierte Sarah Leah Whitson, Direktorin für den Nahen Osten bei Human Rights Watch, in einer Erklärung die Inhaftierung der Frauen.

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