Vom Massentourismus zum Übertourismus – Ein wachsendes globales Problem
Overtourism ("Übertourismus") ist kein neues Phänomen – ebenso wenig wie die wiederkehrenden Proteste dagegen hier und dort. Overtourism als Steigerung des Massentourismus entwickelt sich immer mehr und weltweit zu einem schweren Problem und lässt sich in akademischen Worten beschreiben als
die übermäßige Zunahme der Besucher, die zu einer Überbelegung in Gebieten führt, in denen die Bewohner unter den Folgen vorübergehender und saisonaler Tourismusspitzen leiden, mit dauerhaften Veränderung ihres Lebensstils, des Zugangs zu Annehmlichkeiten und des allgemeinen Wohlbefindens. (Overtourism: Excesses, Discontents and Measures in Travel and Tourism)
Übertourismus beeinträchtigt die Umwelt, schädigt die Strände, belastet die Infrastruktur enorm und verdrängt die Bewohner vom Immobilienmarkt.
Für die Einheimischen werden Touristen damit zu einem Störfaktor – doch auch für Touristen selbst kann ihre übermäßige Anzahl zum Problem werden. Schließlich verlieren die Reiseziele duch die Unmengen an Touristen genau den Charakter, der sie überhaupt erst zu einem begehrten Reiseziel gemacht hat. Hans‑Magnus Enzensbergers berühmtes Bonmot bringt das grundsätzliche Dilemma des Tourismus auf den Punkt: Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet.
Beispiel Barcelona: Die katalanische Metropole steht im Mittelpunkt der sich verschärfenden Problematik durch ein rasantes Wachstum des Tourismus in den Städten, vor allem in den Ferienzeiten. So schätzt die Stadtverwaltung Barcelonas, dass es im Jahr 2017 30 Millionen Übernachtungsgäste gab, und das bei einer Einwohnerzahl von 1.625.137.
Globaler Massentourismus - und Gegenbewegungen
Auslöser und Ausdruck dieser Entwicklung sind insbesondere die internationale Kreuzfahrtindustrie, Billig-Airlines, Budget-Hotelketten und Mietplattformen wie Airbnb. Gigantische Reisedampfer laden täglich Tausendschaften von Touristen an ihren Zielhäfen ab, doch an den jeweiligen Orten selbst bleibt vergleichweise wenig hängen. Ebenso wenig wie bei den unzähligen prekär beschäftigten Mitarbeitern in der Service-Industrie des durchrationalisierten internationalen Flug-, Hotel- und Gaststättenbetriebs. Und die massenhafte touristische Online-Kurzzeitvermietung an den sogenannten "Hotspots" zieht neben Touristen auch allerlei Profitjäger an. Sie führt zu explodierenden Wohnkosten und vertreibt die Anwohner.
Gegen diese Auswüchse des globalen Massentourismus formiert sich Widerstand in Protesten und sozialen Bewegungen. In Südeuropa führte dies zur Gründung von Organisationen wie der Versammlung der Nachbarschaften für nachhaltigen Tourismus (ABTS) und dem Netzwerk der südeuropäischen Städte gegen den Tourismus (SET), die länderübergreifend an der Spitze des Kampfes gegen den Übertourismus und seine Auswirkungen auf die Anwohner stehen.
Doch auch andernorts rührt sich etwas, um den Übertourimus und seine Folgen einzudämmen. Amsterdam etwa versucht, direkt gegen seine "Disneyfication" vorzugehen: durch drastische Beschränkungen der Kurzzeitvermietungen und des Kreuzfahrttourismus sowie der "Spaßtouren" mit Segways, Bier-Bikes und auf Sauf-Kähnen, doch nicht zuletzt durch eine Erhöhung der Tourismus-Steuern. Und auch Airbnb scheint sich des Problems bewusst zu werden, das es selbst mit geschaffen hat.
Es ist ein wirklich globales Problem. Weitere Reiseziele, in denen der Übertourismus derart störende Ausmaße angenommen hat, sind etwa Palma de Mallorca, Paris, Dubrovnik, Kyoto, Berlin, Bali und Reykjavik.
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