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Phillip Cross – Wikipedias Geheimwaffe gegen Kritiker der westlichen Wertegemeinschaft

Keinen Tag nahm er sich in fünf Jahren frei, um vor allem die Profile von Kritikern westlicher Außenpolitik zu editieren. Die Betroffenen mutmaßen, dass es sich um eine Person oder eine Gruppe handelt mit dem Ziel, kritische Stimmen zu diskreditieren.
Phillip Cross – Wikipedias Geheimwaffe gegen Kritiker der westlichen WertegemeinschaftQuelle: Reuters

"Philip Cross" hat seit fast fünf Jahren keinen einzigen freien Tag von der Bearbeitung von Wikipedia gehabt. "Er" hat jeden Tag vom 29. August 2013 bis zum 14. Mai 2018 editiert. Inklusive fünf Weihnachtstagen. Das sind 1.721 aufeinanderfolgende Tage der Bearbeitung. Diese Angaben macht der ehemalige britische Botschafter Craig Murray, selbst ein mutmaßliches Cross-Opfer und unter anderem Kritiker des unter westlichen Staaten propagierten Skripal-Narratives, auf seinem Blog.

Seit über einem Jahrzehnt tummelt sich genannter Phillip Cross nunmehr als Editor bei Wikipedia, wobei er seine Kenntnisse demnach vor allem dazu einsetzt, "Informationen, die ihm nicht gefallen, zum Vorteil seiner eigenen Rückschlüsse zu entfernen." Im Gegensatz dazu dürfen Vertreter des stramm transatlantischen Mediendiskurses mit seinem uneingeschränkten Wohlwollen rechnen.

Zu den von Cross bevorzugten Journalisten zählen unter anderem der britische ehemalige Hedge-Fond Manager, Interventionist und Befürworter des Irak-Kriegs Oliver Kamm sowie die neokonservative Melanie Phillips, beide Kolumnisten der britischen Times. Doch die Liste seiner Schützlinge ließe sich beliebig ergänzen.

133.612 Wikipedia-Bearbeitungen wurden im Namen von "Philip Cross" über 14 Jahre lang vorgenommen. Das sind über 30 Bearbeitungen pro Tag, sieben Tage die Woche", lässt Murray die Leser seines Blogs wissen.

Auch die NachDenkSeiten griffen die Affäre um den ominösen Herrn Cross auf und merkten an, dass bei Wikipedia sehr bestimmt zwischen "seriösen", sprich Mainstream-Quellen, und "nicht reputablen" Informationsquellen wie den NachDenkSeiten selbst, aber auch RT, KenFM oder Rubikon unterschieden wird.

Neben vielen integren Administratoren weise Wikipedia eine "schlagkräftige Gruppe" auf, "die eine klare Agenda verfolgt", heißt es weiter. Das Ziel:

Wikipedia politisch auf Linie zu halten und alternative Sichtweisen zu unterbinden."

Phillip Cross gehört demnach mutmaßlich zu der genannten Schlägertruppe der Online-Enzyklopädie. Aufgrund des geradezu unmenschlichen Fleißes den Cross als Administrator an den Tag legt, stellen sich die Cross-Geschädigten die Frage, ob es sich bei diesem überhaupt um eine einzelne Person handelt:

Hier gibt es drei Möglichkeiten. "Philip Cross" ist entweder eine sehr seltsame Person oder eine falsche Person, die eine bezahlte Operation zur Kontrolle von Wikipedia-Inhalten verschleiert, oder eine echte Person, die ihren Namen für solch eine Operation zur Verfügung stellt", mutmaßt Murray.

Mehr zum Thema - Britischer Ex-Botschafter zur Skripal-Affäre: "Erstaunlich, dass jemand so etwas glaubt" (Video)

Den Grund für seine Argumentation liefert der ehemalige britische Botschafter und Menschenrechtsaktivist gleich mit:

Denn der Zweck der "Philip Cross"-Operation ist es, systematisch die Reputation derjenigen anzugreifen und zu untergraben, die das vorherrschende Unternehmens- und Staatsnarrativ in Frage stellen, insbesondere in der Außenpolitik."

Zum Kreis derjenigen, die sich an die Fersen des mysteriösen Phillip Cross geheftet haben, zählen neben Craig Murray, auch medienkritische Erzeugnisse wie MediaLens und FiveFilters. Letztere weist auch gleich darauf hin, wo bei dem Vorgehen von Wikipedia durch die Arbeit von Administratoren wie Phillip Cross das grundsätzliche Problem liegt:

Wikipedia-Einträge erscheinen sehr oft zuerst in den Suchergebnissen und sind daher für viele die erste und einzige Anlaufstelle bei der Recherche. Menschen, die sich der politischen Natur des Editierens auf der Webseite nicht bewusst sind, in diesem Fall angeblich von einem einzigen, engagierten Redakteur, werden ernsthaft in die Irre geführt."

Konkrete Informationen über Cross' tatsächliche Identität sind bisher jedoch noch nicht bekannt. In die Debatte mischte sich auch Wikipedia-Gründer Jimmy Wales ein. Ihm zufolge sind die gegen seinen Top-Administrator vorgebrachten Vorwürfe "so falsch".

Wales' Einsatz für die Freiheit von Cross, seine Arbeit auf Wikipedia fortzuführen, "wäre etwas beeindruckender", kostatiert Murray, wenn dessen Editierungs-Aktivitäten "nicht Wales' Ansichten fördern würden."

Jimmy Wales hat aktiv gegen Jeremy Corbyn gesprochen, unterstützt die Bombardierung Syriens, unterstützt Israel, ist so sehr ein Blairite, dass er Blairs Sekretärin heiratete und neben Katherine Viner im Vorstand der Guardian Media Group sitzt, hält Murray fest."

Neil Clark und Peter Oborne gehören zu den etlichen anderen, die gleichzeitig von Cross auf Wikipedia und Cross-Günstling Kamm auf andere Medien angegriffen wurden.

Daher kursieren auch Spekulationen, ob es sich bei Cross und Times-Journalist Kamm um ein und dieselbe Person handeln könnte, die ihren Namen für die Cross-Operationen zur Verfügung stellen. Clark entschied sich Kamm wegen Stalkings anzuzeigen. Im Gegenzug löschte Cross diese Tatsache von Kamms Wikipedia-Seite.

Die Liste der Personen, auf deren Wikipedia-Profile und Einträge es Cross demnach bei seinen Bearbeitungen besonders abgesehen habe, scheint diesen Eindruck zu bestätigen und liest sich wie ein Who's Who des kritischen sogenannten alternativen Journalismus: Alex Salmond, Peter Oborne, John Pilger, Owen Jones, Jeremy Corbyn, Tim Hayward, Diane Abbott, Neil Clark, Lindsey German, Vanessa Beeley und George Galloway. Letztgenannter George Galloway ist Mitglied des britischen Parlaments und unter anderem als Fernseh- und Radiomoderator auch für RT tätig.

Galloways Wikipedia-Seite wurde durch Cross ganze 1.976 mal editiert. Der Schotte zeigte sich letztendlich durch Cross so frustriert, dass er auf Twitter eine Belohnung von 1.000 Pfund anbot, um die Identität des Editors zu enttarnen.

Wikipedia-Mitwirkender Mojito Paraiso wagte jüngst das Experiment, einen Eintrag über Phillip Cross auf der Online-Enzyklopädie zu erstellen. Für viele Beobachter wohl wenig überraschend, war der Artikel sehr schnell verschwunden. Mojito Paraiso wurde als Reaktion als Wikipedia-Editor auf Lebenszeit gesperrt.

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