"Tschernobyl auf Eis": Russlands schwimmendes Atomkraftwerk versetzt Westen in Angst und Schrecken
Das Schiff "Akademik Lomonossow" verließ am Samstag seine Werft in Sankt Petersburg, wie die Agentur Interfax meldete. In den kommenden Wochen soll es über die Ostsee und das Nordmeer in den russischen Marinehafen Murmansk fahren. Dort sollten die zwei Reaktoren des Kraftwerks mit nuklearem Brennstoff ausgestattet werden, sagte Pawel Ipatow vom Kraftwerksbetreiber Rosenergoatom der Agentur TASS. Er sprach von einem "historischen Ereignis".
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Die "Akademik Lomonossow" hat für Russland strategische Bedeutung. Sie soll im Sommer 2019 von Murmansk aus in das Arktische Meer fahren und dort russische Außenposten mit Strom und Wärme versorgen sowie Meerwasser entsalzen. Das Kraftwerk kann rund 200.000 Menschen mit Strom versorgen. Zielhafen ist Pewek in Sibirien.
Umweltschützer kritisieren das Projekt als riskant. Mit Blick auf die Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986 warnte die Organisation Greenpeace kürzlich, es drohe die Gefahr eines "Tschernobyl auf Eis".
"Atomreaktoren, die um den Arktischen Ozean wackeln, werden eine schockierend offene Bedrohung für eine fragile Umwelt darstellen, die bereits unter dem enormen Druck durch den Klimawandel steht", sagte Greenpeace-Nuklearexperte Jan Haverkamp in einer Erklärung. Man könnte nun den Eindruck gewinnen, dass mit der "Akademik Lomonossow" das allererste Mal Nukleartechnologie durch die Weiten des Meeres schwimmt.
Doch dem ist keineswegs so. Dutzende von nuklearbetriebenen U-Booten, die von mehreren Nationen der Welt betrieben werden, darunter die US-amerikanische Flugzeugträgerflotte und auch verschiedene zivile nuklearbetriebene Schiffe, machen die Weltmeere schon länger "unsicher".
Mögliche Risiken verneint die russische Entwicklerfirma Rosatom Corporation. Sie wies ausdrücklich darauf hin, dass alle möglichen Gefahren, denen die schwimmende Festung ausgesetzt sein könnte, bei deren Bau berücksichtigt wurden.
Die Akademik Lomonossow ist mit einer großen Sicherheitsmarge ausgestattet, die alle möglichen Bedrohungen übertrifft und Kernreaktoren für Tsunamis und andere Naturkatastrophen nicht angreifbar macht. Darüber hinaus erfüllen die nuklearen Prozesse am schwimmenden Kraftwerk alle Anforderungen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) und stellen keine Gefahr für die Umwelt dar", sagten die Entwickler des Schiffes in einer Erklärung.
Die Sicherheitstechnologie des Kraftwerks wird in einem Beitrag auf golem.de dezidiert dargelegt. Die Autoren schreiben:
Das Containment verfolgt ein kombiniertes aktives und passives Sicherheitskonzept. Der Reaktor hat ein aktiv mit Pumpen betriebenes Notfallkühlsystem. Beim Ausfall aller Kühlpumpen reicht aber die natürliche Konvektion des Wassers im Reaktor für die Kühlung der Brennstäbe aus. Die Zerfallswärme wird dann über die Dampferzeuger abgeführt, die im normalen Betrieb den Dampf für den Antrieb der Turbinen erzeugen. Es gibt zwei Kühlsysteme, die die Zerfallswärme aufnehmen. Sie haben zusammen genügend Kühlwasser, um den Reaktor für 24 Stunden kühlen zu können. Danach muss Kühlwasser von außen nachgefüllt werden. Der Reaktor befindet sich in einem mit Wasser gefluteten Containment (Sicherheitsbehälter). Nach den Berechnungen von OKBM würde das Wasser im Fall einer Kernschmelze den Reaktorbehälter kühlen und so das Durchschmelzen verhindern. Dieses Vorgehen funktionierte beispielsweise bei der Kernschmelze des Druckwasserreaktors von Three Mile Island. Beim KLT-40S müsste das Containment dazu aber nicht erst nach Feststellen des Unfalls geflutet werden."
Und weiter:
Das Containment selbst ist darauf ausgelegt, auch im Fall einer Kernschmelze dicht zu bleiben, anders als das Mark-I-Containment der Siedewasserreaktoren von Fukushima Daiichi. Es kann durch zwei Wärmetauscher von außen gekühlt werden, so dass der Druck im Inneren begrenzt bleibt. Auch dieses System ist wegen der begrenzten Kühlwasserreserven im Kühlsystem auf einen Betrieb von 24 Stunden ohne Eingriff von außen begrenzt. Danach muss wieder Wasser in die Kühlwassertanks gepumpt werden."
Das System sei laut golem.de international unter anderem von deutschen und kanadischen Forschern untersucht und für tauglich befunden worden. Allerdings sollen die Forscher beklagt haben, dass die standardisierten Simulationsprogramme von herkömmlichen Kernkraftwerken nicht alle Aspekte simulieren konnten.
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