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Skripal-Vergiftung: Großbritannien setzt sich über Chemiewaffenkonvention hinweg

London hat den politischen Konflikt mit Russland eskalieren lassen. Die Chemiewaffenkonvention sieht vor, dass Zweifelsfälle zunächst bilateral ausgetragen werden müssen. Dagegen beschuldigt Großbritannien Russland faktenfrei und zieht unbeteiligte Staaten in Mitleidenschaft.
Skripal-Vergiftung: Großbritannien setzt sich über Chemiewaffenkonvention hinwegQuelle: Sputnik

von Wladislaw Sankin 

Rechtswege in Fällen mit Russland-Bezug? Bei London Fehlanzeige. Das Ultimatum an Moskau und die darauffolgenden einseitigen Sanktionen gegen Moskau sind nicht nur ein diplomatischer Affront, der Staaten schnell an den Rande eines Krieges bringen kann. Auch rein juristisch ist Mays Verhalten rechtswidrig. Dabei verletzt sie die Konvention ebenjener Organisation, deren Unterstützung sie in ihrem Angriff auf Russland auf ihrer Seite zu haben glaubt.

Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) sieht vor, dass Staaten im Falle des Verdachts auf einen Chemiewaffeneinsatz alle Angelegenheiten zunächst im transparenten Austausch aller notwendigen Informationen klären sollen. Wenn eine unmittelbare Konsultation zwischen den Vertragsstaaten untereinander nicht möglich sein sollte, müsste in einem für einen der Vertragsstaaten besorgniserregenden Fall dieser eine Anfrage an einen anderen Vertragsstaat stellen. Dann hat jener zehn Tage Zeit, um seinerseits "ausreichende Informationen" zu liefern, besagt die Chemiewaffenkonvention im Artikel IX.

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Doch ebendies hat London nicht getan. Wüste Beschuldigungen, zunächst von Außenminister Boris Johnson, dann von Premierministerin Theresa May, und Hysterie in der Presse – all das durfte der Vertragsstaat Russland in der größtmöglichen medialen Aufmachung wie auch die gesamte Weltöffentlichkeit mitverfolgen. Aber natürlich war das keine offizielle Anfrage, geschweige denn die Möglichkeit einer Gegenanalyse der Probe.

Großbritannien verletzt de facto die Chemiewaffenkonvention, laut der es dem verdächtigten Land notwendige objektive Daten übergeben sollte, darunter auch Proben der verdächtigen Substanz. Danach müsste die russische Seite auf diesen Verdacht binnen zehn Tagen reagieren. Stattdessen wählte London leider die Sprache der Ultimaten. Ich kann sofort sagen, dass Ultimaten gegenüber Russland nicht funktionieren", sagte der russische Botschafter bei der EU-Kommission Wladimir Tschischow.

Ein solches Verhalten ist verantwortungslos und rechtswidrig. Das bestätigte die heutige Rede von Theresa May aufs Neue. Sie lastete Russland – ohne jeglichen Aufklärungsversuch! – den illegalen Einsatz von C-Waffen an: Zum ersten Mal in der Geschichte wurde Russland des Chemiewaffeneinsatzes beschuldigt, ohne Ermittlungsverfahren und ohne jegliche Beteiligung der Organisation für das Verbot chemischer Waffen.

Vor dem historischen Hintergrund, dass die mit Großbritannien eng verbündeten USA im Korea- und im Vietnamkrieg chemische Massenvernichtungswaffen eingesetzt und dass beide Staaten dem Irak vor 1990 beim Aufbau des Chemiewaffenprogramms geholfen haben, ist diese Anschuldigung beispiellos in ihrer Dreistigkeit.

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Da die Zusammenarbeit der OPCW mit Russland offenbar gut funktioniert, lässt London die internationale Behörde außen vor. "Die Reputation Russlands im Bereich der Nichtverbreitung von Chemiewaffen ist sehr hoch", sagt der russische Chemiewafаenexperte Anton Utkin, der im Jahre 1994 als Inspekteur im Irak mitwirkte und einer der führenden Spezialisten für die Vernichtung von Chemiewaffen ist.

Russland habe niemals C-Waffen eingesetzt und sei seit 1985 in diversen Gremien aktiv, die die Nichtverbreitung von C-Waffen weltweit kontrollieren. Bereits im Jahr 1987 habe die UdSSR, die damals im Besitz der größten Chemiewaffenbestände war, angekündigt, ihr Chemiewaffenprogramm einstellen zu wollen, so Utkin.

Im Jahre 1997 hatte Russland ein Chemiewaffenarsenal von 40.000 Tonnen, die USA verfügten zu diesem Zeitpunkt über 28.500 Tonnen. Im Zuge des Programms zur Vernichtung von C-Waffen hat Russland im Herbst 2017 vorzeitig seine letzten Bestände vernichtet. Der geplante Termin der US-Amerikaner liegt im Jahr 2023.

Nun aber hat Großbritannien die Beziehungen zu Russland an den Rand eines vollständigen Bruchs gebracht. Das macht die vom Vorsitzenden der oppositionellen Labour-Partei Jeremy Corbyn in seiner heutigen Rede vor dem Parlament angemahnte Kooperation mit Russland bei der Kontrolle chemischer Waffen umso schwieriger. Aber darum geht es dem offiziellen London in Wirklichkeit nicht.

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