EU ruft zur Zensur auf: Soziale Netzwerke sollen "herkömmliche Medien" bevorzugen

Eine EU-Kommission empfiehlt im Kampf gegen Fake News einen Prinzipien-Kodex für soziale Netzwerke. Diese sollen sich verpflichten, "vertrauenswürdige Informationen herkömmlicher Medien" zu bevorzugen. Fake News bei "herkömmlichen Medien" sieht die EU nicht.

Im Kampf gegen Falschmeldungen empfiehlt eine EU-Expertenkommission einen Kodex mit zehn Prinzipien für soziale Netzwerke. Diese sollen sich unter anderem verpflichten, "vertrauenswürdige" Informationen "herkömmlicher" Medien sichtbarer und für Nutzer leichter zugänglich zu machen - also sie gegenüber alternativen Medien zu bevorzugen. Das kommt fast schon einem Aufruf zur Zensur "nicht-herkömmlicher" Medien gleich - auch wenn sich die Kommission allgemein "gegen Zensur" ausspricht.

Die Verbreitung von Halbwahrheiten und gezielten Falschmeldungen im Internet besorgt der Umfrage Eurobarometer zufolge viele Europäer. So sagten den Marktforschern zufolge 83 Prozent der rund 26.000 Teilnehmer, das Phänomen sei eine Bedrohung für die Demokratie. Traditionelle Medien gelten erstaunlicherweise als relativ glaubwürdige Nachrichtenquellen: Im Eurobarometer nannten 70 Prozent das Radio, 66 Prozent das Fernsehen und 63 Prozent Printmedien als vertrauenswürdig, während reine Onlinequellen nur bei 26 bis 27 Prozent der Befragten Vertrauen genossen.

Beispiellose Desinformationskampagnen der "herkömmlichen Medien"

Das Ergebnis dieser Umfrage ist mindestens überraschend, haben sich in den letzten Jahren doch vor allem die großen Medienkonzerne und die öffentlichen TV- und Radiosender (also die "herkömmlichen Medien") an bis dahin beispiellosen Desinformationskampagnen beteiligt. Erinnert sei hier nur an die aufwendigen propagandistischen Vorbereitungen der Kriege im Irak, in Jugoslawien, Afghanistan, Libyen und Syrien oder die mediale Flankierung des Putsches in der Ukraine.

Die letzten Jahre haben auch ganz neue Typen von Medienquellen hervorgebracht: Durch die schamlose Nutzung und Aufwertung von mindestens dubiosen Informanten wie Bellincat, der syrischen Stelle für Menschenrechte, den Weißhelmen oder Bana aus Aleppo haben vor allem die großen westlichen Privatmedien-Konzerne die eigenen Standards so lange mit Füßen getreten, bis sie auf das heutige, extrem unseriöse Maß abgesenkt worden sind.

Mit Fake News gegen Fake News

Gegen die Masse an mutmaßlicher Kriegspropaganda, die der sogenannte Mainstream ausstößt, schrumpft das (nicht zu leugnende) Problem unseriöser Alternativ-Medien fast schon zu einer Lappalie. Ein Konzept gegen Fake News, das die Fake-News-Fließbandproduzenten der großen Medien nicht thematisiert, ist das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt ist.

Fairerweise muss man sagen, dass die EU-Kommission die "Mainstream"-Medien sehr wohl thematisiert: Sie dringt darauf, die "Vielfalt" von "herkömmlichen" Nachrichtenmedien in Europa langfristig zu erhalten - als Mittel gegen Fake News. 

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