
"Das Leben für die Wahrheit einsetzen" – Die Gewinner des RT-Wettbewerbs für Kriegsberichterstatter

Von Wladislaw Sankin
RT vergibt seit 2018 jährlich den Preis für den besten Journalismus aus Konfliktgebieten. Benannt wird die Auszeichnung nach dem 25-jährigen syrischen Reporter Khaled Alkhateb, der bei seinem journalistischen Einsatz im Syrien-Krieg sein Leben verlor. Er war freier RT-Mitarbeiter und träumte davon, beim Sender Nachrichtensprecher zu werden.
Fast 100 Beiträge gingen in diesem Jahr von Korrespondenten und Filmteams russischer und arabischer Medien sowie von unabhängigen Journalisten ein, die in Konfliktgebieten arbeiten. Ihre Berichterstattung umfasste die Sonderoperation und bewaffnete Konflikte im Nahen Osten, darunter Palästina, Südlibanon, Jemen und Syrien.
Die Jury des Wettbewerbs wählte drei Arbeiten von Kriegsberichterstattern aus, die über eine der risikoreichsten Operationen der russischen Streitkräfte während der militärischen Sonderoperation sowie über die humanitäre Katastrophe und Angriffe auf Journalisten im Gazastreifen berichteten.
Amir Jussupow (Erster Kanal)
Der erste Preis ging an den russischen Korrespondenten Amir Jussupow vom Fernsehsender Erster Kanal für exklusive Aufnahmen der Operation "Potok" (Strom) in der russischen Region Kursk. Das Filmteam des Kanals begleitete russische Soldaten beim Bau des geheimen Tunnels, der russische Stellungen mit der stillgelegten Gaspipeline Urengoi–Pomary–Uschgorod verband.

Der Korrespondent und sein Kameramann krochen für ihren Bericht auch zusammen mit den russischen Sturmtruppen in die Pipeline, deren Durchmesser lediglich 140 Zentimeter beträgt. Wegen Rußes und zahlreicher Giftstoffe in der Luft war dieser Einsatz extrem lebensgefährlich. Zudem bestand die Gefahr, von den ukrainischen Truppen entdeckt zu werden, denn die Hauptidee der Operation beinhaltete den Überraschungsangriff im ukrainisch kontrollierten Hinterland.
Dieses Hinterland befand sich auf russischem Territorium im Gebiet Kursk, also handelte es sich um eine Befreiungsaktion. Der Korrespondent sprach mit Soldaten und Kommandeuren und schilderte die Operation von der Planung bis zur Umsetzung. Aus seinem siebenminütigen Bericht machte der junge Reporter eine spannende Dokumentation. Wie gesundheitsschädlich der Einsatz für die Soldaten war, zeigte er am eigenen Leib, als er seine rußschwarze Atemmaske in die Kamera zeigte.
Im Laufe der Operation, die im März stattfand, mussten 800 Soldaten den 15 Kilometer langen Abschnitt im metanverseuchten Rohr der Gaspipeline kriechend durchqueren und vier Tage ausharren, bis der Befehl zum Angriff kam. Die Soldaten litten unter starken Schmerzen in der Lunge und Kopfschmerzen aufgrund der Vergiftung, einige fielen in Ohnmacht und mussten evakuiert werden. Alle Teilnehmer der Operation riskierten ihr Leben und mussten starke gesundheitliche Folgeschäden in Kauf nehmen.
"Als wir die Reportage drehten, dachten wir nicht an journalistische Sensationen, sondern waren nur um den Erfolg der Operation besorgt. Wir dachten wenig über die journalistische Arbeit nach, sondern über das Schicksal unserer Soldaten und der Menschen, die sich zu diesem Zeitpunkt in der vom Feind eingenommenen Stadt befanden, deshalb hatten wir keine Zeit für Sensationen",
kommentierte Jussupow seine Arbeit.
Die Operation "Potok" trug maßgeblich zur Befreiung des von der Ukraine besetzten Teils des Kursker Gebiets bei. Die ukrainischen Truppen fielen am 6. August 2024 in das Gebiet ein, mit dem Ziel, bis zum Kursker AKW vorzustoßen. Befreit war der von der Ukraine gehaltene Landstreifen im Mai 2025. Während der Besetzungszeit starben bis zu 550 russische Zivilisten, viele wurden vorsätzlich erschossen oder von Drohnen getötet.
Ahmad Ghanim (Al Mayadeen)
Der zweite Preis ging an Ahmad Ghanim vom Fernsehsender Al Mayadeen für seine Reportage aus dem Gazastreifen. Der Beitrag dokumentiert die verheerenden Folgen der Blockade des zerstörten Landstrichs, darunter eine von der Besatzungsarmee verursachte humanitäre Krise und Hungersnot, die für die Zivilbevölkerung zum Alltag geworden sind.
In seinem Beitrag unternimmt der Journalist den Versuch, das unendliche Leid, das seine Kamera aus nächster Nähe zeigt, in Worte zu fassen. Das gelingt ihm. Er trifft den richtigen Ton, sein Kommentar im Voiceover-Modus verdichtet sich zum dokumentarischen Meisterwerk. Er zeigt die Rettung der Verwundeten, Begräbnisse, bei denen Mütter ihre Kinder beweinen, Schwestern die Brüder, Kinder die Väter und so weiter. Angehörige kommen zu Wort und weit und breit sind nur Ruinen zu sehen sowie erschöpfte Männer, die unter Beschuss Säcke mit Mehl zu den Hungernden tragen. Sein Bericht lässt niemanden gleichgültig. Hier ist ein Textauszug:
"Im Al-Shifa-Krankenhaus vermischt sich der Geruch des Todes mit dem Geruch der Hilflosigkeit. Es gibt keinen Platz für Tränen. Die Seelen sind bereits am Abgrund angelangt.
Dutzende von Leichen sind begraben, nicht nur im Gefrierschrank des Todes, sondern auch im Sand, in den Ecken und an den Türen des verschlossenen Lebens. Die Gesichter der Angehörigen sind blass, als wollten sie etwas sagen, aber niemanden finden, der sie hört. In ihren Augen eine Geschichte ohne Worte.
Und in ihren Wunden eine Geschichte, die Schmerz über Schmerz durchdringt. Mütter weinen mit einer Stimme, die nicht gehört wird. Hier ist der Tod nicht das Ende.
Vielmehr ist es eine Geschichte, die mit jedem neuen Patienten beginnt. Mit jedem Kind, das auf etwas wartet, das nicht kommen wird. Und mit jedem gebrochenen Versprechen vor zwei großen Augen."
Fouad Jarada (Palestine TV)
Der dritte Preis ging an Fouad Jarada, Kriegsberichterstatter bei der Palestinian Broadcasting Corporation, für seine Reportage über das Schicksal von Journalisten im Gazastreifen, die bei ihrem Einsatz für die Wahrheit starben. Der Bericht beginnt mit der Erzählung über Mohammed Abu Hatab, Korrespondent für Palestine TV, der bei einem Bombenangriff samt seinen elf Familienmitgliedern getötet wurde. Die Raketen trafen sie in ihrem Haus, unmittelbar nachdem Mohammed von der Berichterstattung über eine dunkle Nacht voller Angriffe zurückgekehrt war.
In diesem Fall starb der Korrespondent vermutlich als Bewohner des Gazastreifens. Aber auch über einen gezielten Angriff der Israelis auf eine Gruppe von Journalisten berichtete Jarada. Am 25. August traf eine Artilleriegranate das Obergeschoss des Nasser Medical Complex. Journalisten versammelten sich, um den Vorfall zu dokumentieren. Zehn Minuten später schlug die zweite Granate ein, diesmal direkt in die Menschenmenge. Die Szene zeigte Fouad Jarada in seinem Bericht, als das zweite Geschoss das Bild in Schwarz verwandelt. Der palästinensische Fernsehkameramann Hussam al-Masri und fünf weitere Journalisten, darunter eine Journalistin, wurden getötet, andere wurden verletzt.
Über das Grauen des Krieges unter extremer Lebensgefahr zu berichten, bleibt der einzige Weg, dem ungesühnten Verbrechen des Gemetzels im Gazastreifen zu trotzen. Jarada sagt, dass auch er bereit sei, sein Leben für die Wahrheit zu opfern. Journalisten nennt er Wächter der Wahrheit.
"Als Journalist in Gaza zu arbeiten, bedeutet, sich freiwillig in die Schusslinie zu begeben, nur damit sie nicht sagen können, dass die Wahrheit nicht mehr den Preis eines palästinensischen Fernsehteams wert ist", so Jarada.
Hunderte Medienschaffende starben
Im Gaza-Krieg starben 240 Journalisten und Medienschaffende, im Ukraine-Krieg (auf russischer Seite) 30. Die drei diesjährigen Gewinner erhielten Auszeichnungen in Form von Statuetten, die von Kunsthandwerkern aus dem Donbass gefertigt wurden.
"Mit der Stiftung eines Preises zu Ehren unseres Kollegen Khaled Alkhateb, der bei der Ausübung seiner journalistischen Tätigkeit in Syrien getötet wurde, und der nun zum achten Mal erfolgenden Verleihung möchte unser Sender die schwierige und manchmal lebensgefährliche Arbeit von Kriegsberichterstattern unterstützen", sagte Maya Manna, Leiterin von RT Arabic. "Heute arbeiten sie, sei es während der speziellen Militäroperation oder in anderen Konflikten, an der Informationsfront – der Front der Wahrheit."
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