
Als Bush "warum" fragte: Gesprächsnotizen des letzten Treffens zwischen Putin und Bush freigegeben

Das Nationale Sicherheitsarchiv der USA hat diese Woche Notizen des letzten Treffens zwischen dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin freigegeben. Das Treffen fand am 8. April 2008 in Putins damaliger Sommerresidenz Botscharow Rutschej in Sotschi am Schwarzen Meer statt.
Die Begegnung fand unmittelbar nach dem NATO-Gipfel in Bukarest statt, wo ein Beitritt der Ukraine und Georgiens als erklärtes Ziel des Militärbündnisses verkündet wurde.

"Der Tonfall unterscheidet sich deutlich von den ersten Gesprächen, in denen beide Präsidenten Zusammenarbeit in allen Fragen zusicherten und ihr Bekenntnis zu engen persönlichen Beziehungen bekräftigten", heißt es im Begleittext der Veröffentlichung des Sicherheitsarchivs. Putin sei "ein zuvorkommender Gastgeber" und der US-Präsident "ein höflicher Gast", doch Meinungsverschiedenheiten hätten sich "nicht vermeiden" lassen, heißt es weiter. "Dennoch ist es beeindruckend, wie sie inhaltliche Fragen konstruktiv erörtern können. Putin erläutert die russische Sichtweise auf die Raketenabwehrsysteme in Polen und Tschechien. Bush nimmt die russischen Bedenken zur Kenntnis, bleibt aber bei seiner Position."
In Bezug auf den Gipfel in Bukarest bekräftigte Putin gegenüber seinem amerikanischen Amtskollegen seine entschiedene Ablehnung eines NATO-Beitritts der Ukraine und Georgiens. Im Folgenden der Wortlaut des Teils des Gesprächs zwischen Putin und Bush, der sich mit der Ukraine-Frage beschäftigt:
Putin: Gut. Ich möchte nun wiederholen, was ich Condoleezza [Rice, damalige US-Außenministerin] und [dem damaligen US-Verteidigungsminister Robert] Gates in Moskau zur NATO-Erweiterung gesagt habe. Es ist Ihnen nicht neu, und ich erwarte keine Antwort; ich möchte es nur laut aussprechen. Ich möchte betonen, dass der NATO-Beitritt eines Landes wie der Ukraine langfristig ein Konfliktfeld für Sie und uns schaffen wird, eine langfristige Konfrontation.
Bush: Warum?
Putin: Siebzehn Millionen Russen leben in der Ukraine – ein Drittel der Bevölkerung. Die Ukraine ist ein sehr komplexer Staat. Sie ist keine Nation, die auf natürliche Weise entstanden ist. Sie ist ein künstlich geschaffener Staat aus Sowjetzeiten. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt die Ukraine Gebiete von Polen, Rumänien und Ungarn – das ist so ziemlich die gesamte Westukraine. In den 1920er und 1930er Jahren erwarb die Ukraine Gebiete von Russland – den östlichen Teil des Landes. 1956 wurde die Krim an die Ukraine abgetreten. Die Ukraine ist ein relativ großes europäisches Land mit 45 Millionen Einwohnern. Die Bevölkerung hat sehr unterschiedliche Mentalitäten. In der Westukraine findet man Dörfer, in denen ausschließlich Ungarisch gesprochen wird und die Menschen traditionelle Hauben tragen. Im Osten hingegen tragen die Menschen Anzüge, Krawatten und große Hüte. Die NATO wird von einem Großteil der Ukrainer als feindliche Organisation wahrgenommen.
Dies führt zu folgenden Problemen für Russland: Es besteht die Gefahr, dass Militärbasen und neue Waffensysteme in der Nähe Russlands stationiert werden. Dies schafft Unsicherheiten und Bedrohungen für uns. Indem Russland sich auf die NATO-kritischen Kräfte in der Ukraine stützt, versucht es, die NATO an einer Erweiterung zu hindern. Russland wird dort ständig Probleme verursachen. Wozu das Ganze? Welchen Sinn hat die ukrainische NATO-Mitgliedschaft? Welchen Nutzen hätten NATO und die USA davon? Es kann nur einen Grund geben: die Festigung des Status der Ukraine in der westlichen Welt. Das wäre die logische Erklärung. Ich glaube nicht, dass das die richtige Logik ist; ich versuche, sie zu verstehen.
Angesichts der unterschiedlichen Ansichten verschiedener Bevölkerungsgruppen zur NATO-Mitgliedschaft könnte das Land auseinanderbrechen. Ich habe immer gesagt, es gibt einen prowestlichen und einen prorussischen Teil. Derzeit liegt die Macht in den Händen der prowestlichen Führer. Kaum an der Macht, spalteten sie sich. Die politische Aktivität dort spiegelt die Haltung der Bevölkerung wider. Es geht dort nicht um den NATO-Beitritt, sondern um die Sicherung der Selbstversorgung der Ukraine. Auch die Wirtschaft muss gestärkt werden.
Siebzig Prozent der Bevölkerung sind gegen die NATO. Condoleezza erzählte mir, dass die Bevölkerung in der Slowakei und in Kroatien anfangs dagegen war, jetzt aber dafür ist. Wogegen wir sind, ist der Beitritt der Ukraine zur NATO, aber in jedem Fall sollten wir warten, bis eine Mehrheit der Bevölkerung dafür ist, und sie dann beitreten lassen, nicht umgekehrt.
Wie es im Begleittext des Nationalen Sicherheitsarchivs heißt, äußerte Bush daraufhin "überraschenderweise seine Bewunderung für Putins Fähigkeit, seine Position darzulegen: 'Ich bewundere an Ihnen, dass Sie keine Angst hatten, dies der NATO zu sagen. Das ist sehr bewundernswert. Man hat Ihnen aufmerksam zugehört und hatte keinen Zweifel an Ihrer Position. Das war ein guter Auftritt.'"
Zu einem Umdenken innerhalb des US-geführten Militärblocks hat der "gute Auftritt" Putins jedoch nicht geführt. Moskau sieht in dem anvisierten NATO-Beitritt seines Nachbarlandes eine der wichtigsten Wurzeln des gegenwärtigen Ukraine-Konflikts.
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