
Macron besucht China: Europa im Spannungsfeld zwischen USA und China

Eine Analyse des RT-Teams
Der französische Präsident Emmanuel Macron ist am Mittwoch zu seinem vierten Staatsbesuch in Peking eingetroffen. Anders als bei Macrons China-Reise vor zweieinhalb Jahren hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Präsidenten diesmal nicht begleitet. Sie hatte damals von der chinesischen Seite zu spüren bekommen, dass sie nicht den Rang eines Staatschefs genießt.
Macron hat angesichts der wachsenden Handelsspannungen zwischen China und Europa bei seinem Treffen mit Xi Jinping in Peking vor der Gefahr eines "Zerfalls der internationalen Ordnung" gewarnt.

"Wir stehen vor der Gefahr eines Zerfalls der internationalen Ordnung, die der Welt jahrzehntelang Frieden gebracht hat. In diesem Zusammenhang ist der Dialog zwischen China und Frankreich wichtiger denn je", sagte Macron am Donnerstag nach Gesprächen mit dem chinesischen Staatschef.
Xi hatte Macron zuvor aufgefordert, "das Banner des Multilateralismus hochzuhalten" und andere davon abzuhalten, sich in die Beziehungen beider Länder einzumischen. Dies erklärte er in einer Stellungnahme vor den bilateralen Gesprächen.
Die Äußerungen des chinesischen Präsidenten in der Großen Halle des Volkes waren eine verschleierte Anspielung auf den Vorwurf, die europäische Politik gegenüber China werde von der feindseligen Haltung der US-Regierung unter Präsident Donald Trump beeinflusst.
"China ist bereit, mit Frankreich zusammenzuarbeiten, um stets von den grundlegenden Interessen beider Völker und den langfristigen Interessen der internationalen Gemeinschaft auszugehen und jegliche Einmischung zu unterbinden", sagte Xi zu Macron.
Die Spannungen zwischen Peking und Europa hatten sich zuletzt verschärft, ausgelöst durch wachsende Handels- und Investitionsungleichgewichte sowie Chinas stark exportorientiertes Wachstum.
Macron sagte, es sei "Zeit für einen Neuanfang" in den Wirtschaftsbeziehungen beider Länder und forderte China auf, bis 2030 mehr Investitionen in Europa zu tätigen, um die bilateralen Investitionen zu steigern. Er warnte, dass die derzeitigen Ungleichgewichte "allmählich untragbar werden."
"Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir in eine Krise geraten", sagte er und fügte hinzu, ein Handelskrieg sei "der schlechteste Weg, um damit umzugehen." Damit gab Macron auch einen Seitenhieb in Richtung USA.
Frankreich verzeichnet mittlerweile ein Handelsdefizit von 47 Milliarden Euro mit China. Auch Deutschland hat erstmals mehr aus China importiert, als dorthin geliefert wurde. Macron hatte sich in der EU im Jahr 2024 dafür starkgemacht, Strafzölle auf chinesische Elektrofahrzeuge zu erheben. Zu den weiteren heiklen Punkten zählen die chinesischen Auflagen bei der Lieferung von Seltenen Erden. Macron drängt die EU, ihre härtesten Handelsinstrumente als Reaktion darauf einzusetzen.
Xi bekräftigte unter anderem, dass China sich weiter für Frieden in der Ukraine einsetzen werde. Er erwähnte jedoch nicht die europäischen Forderungen, dass vor Friedensgesprächen zunächst ein Waffenstillstand vereinbart werden müsse. Frankreich hat sich zwar intensiv darum bemüht, China als Vermittler im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zu gewinnen, war damit jedoch bislang wenig erfolgreich.
Als Macron 2023 bei seinem Besuch dafür plädierte, im Namen der strategischen Autonomie nicht blind Washingtons China-Politik zu folgen, hatte er den Ärger der westlichen Verbündeten auf sich gezogen.
Inzwischen erhält sein Ansatz jedoch mehr Zustimmung in der EU. Doch auch China versucht, das Konzept der strategischen Autonomie zu seinen Gunsten auszulegen, und setzt sich dafür ein, Europa von den USA abzukoppeln.
Im jüngsten Streit mit Japan über den Status Taiwans hat Peking um Unterstützung seitens Paris gebeten. Die japanische Ministerpräsidentin Sanae Takaichi hatte ein militärisches Engagement ihres Landes bei einem Konflikt um Taiwan angedeutet. Bislang hat Macron öffentlich keine Stellung bezogen, aber offenbar sieht er in dem Konflikt die Chance, eigene Positionen zu beziehen – und zwar unabhängig von den USA, zumal die EU derzeit wegen der Zollpolitik Trumps mit Washington über Kreuz liegt. Ob die EU überhaupt in der Lage ist, eine eigenständige Politik zu betreiben, bleibt allerdings fraglich.
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