
Worauf basiert der Kotau der Japaner gegenüber den USA?

Von Geworg Mirsajan
Am 28. Oktober 2025 traf sich US-Präsident Donald Trump in Tokio mit der neuen japanischen Premierministerin Sanae Takaichi. Und dieser Besuch war eine einzige Demonstration.
Vor allem eine Demonstration der treuen Gefühle, die Sanae Takaichi gegenüber Donald Trump und den USA insgesamt hegt. So lobte sie beispielsweise den US-amerikanischen Präsidenten in den höchsten Tönen. Sie erklärte:
"In so kurzer Zeit ist die Welt friedlicher geworden. Ich war sehr beeindruckt und inspiriert von Ihnen, Herr Präsident."
Takaichi fügte hinzu, dass sie Trump für den Friedensnobelpreis nominieren werde.
Die japanische Regierungschefin versuchte, auf Donald Trumps menschliche Sympathien zu setzen. Es ist kein Geheimnis, dass der Chef des Weißen Hauses ein sehr gutes Verhältnis zu Frau Takaichis politischem Mentor, dem ehemaligen japanischen Premierminister Shinzō Abe (der 2020 aus dem Amt schied und 2022 ermordet wurde), hatte. Da Sanae Takaichi dies wusste, sprach sie mit Trump nicht nur über Abe, sondern setzte in den Verhandlungen auch denselben Dolmetscher ein, der zuvor bei den Verhandlungen zwischen dem US-amerikanischen Präsidenten und dem japanischen Premierminister zugegen gewesen war.

Sie versuchte, auf seine wirtschaftlichen Präferenzen einzugehen. Im Rahmen des im Juli unterzeichneten Handelsabkommens verpflichtete sich Japan, 550 Milliarden US-Dollar in die US-amerikanische Wirtschaft zu investieren: in die Herstellung von Halbleitern, den Abbau von Bodenschätzen und so weiter. Bislang ist jedoch unklar, wie diese Verpflichtung erfüllt werden soll.
Ja, Toyota beabsichtigt, Geld in die US-amerikanische Autoindustrie zu investieren – aber das sind nur etwa zehn Milliarden US-Dollar. Hitachi hat mit dem US-Handelsministerium einen Vertrag über die Förderung von Investitionen in die Modernisierung der US-amerikanischen Netze unterzeichnet – aber das sind vorläufig nur eine Milliarde US-Dollar. Woher der Rest kommen soll, ist noch unklar.
Deshalb versuchte Takaichi, anzudeuten, dass Japan bereit sei, die Importe US-amerikanischer Waren zu erhöhen. So wurden der japanischen Premierministerin und dem US-Präsidenten zum Mittagessen beispielsweise US-amerikanischer Reis und US-amerikanisches Rindfleisch serviert – also genau das, was die Japaner laut Trump mehr aus den Vereinigten Staaten kaufen sollten.
Unweit des Akasaka-Palasts, wo sich die beiden Politiker trafen, stand ein Ford F-150, den die japanischen Behörden von den USA für Straßen- und Landwirtschaftsarbeiten kaufen wollen. Die Behörden, wohlgemerkt, denn auf die normalen Bürger kann man hier nicht hoffen. Der ehemalige japanische Premierminister Shigeru Ishiba sagt:
"US-amerikanische Autos verkaufen sich in Japan schlecht, weil man dort nicht versteht, wie unsere Straßenverhältnisse, Wohnverhältnisse und Energieeinsparungen aussehen."
Einfach gesagt ist der Grund dafür die Tatsache, dass die Japaner rechts gelenkte, kompakte (wegen der schmalen Straßen) und sparsame Autos brauchen.
Innerhalb Japans wird Takaichis Kurs gegenüber den USA nicht nur unterstützt, sondern als alternativlos angesehen. Dmitri Suslow, stellvertretender Direktor des Zentrums für integrierte europäische und internationale Studien der Nationalen Forschungsuniversität Wirtschaftshochschule Moskau, erklärt gegenüber der Zeitung Wsgljad:
"Wer auch immer in Japan an die Macht kommt, wird die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten allein schon aus pathologischer Angst vor China stärken. Angst und Feindseligkeit gegenüber Peking sind die wichtigsten Imperative der japanischen Außenpolitik."
Aus Angst vor China sind die Japaner also bereit, alle Bedingungen der USA zu akzeptieren.
Zum Beispiel einen starken Anstieg der Verteidigungsausgaben. Bis zum Frühjahr 2026 will Japan seine Verteidigungsausgaben von derzeit knapp 1,5 Prozent auf 2 Prozent des BIP erhöhen. Mehr als die Hälfte der Japaner unterstützt diesen Schritt. Darüber hinaus will Takaichi die bestehenden Beschränkungen des Landes für den Export von Waffen aufheben, um seinen Verbündeten in der Region zu helfen. Der ehemalige US-Botschafter in Japan, Rahm Emanuel, sagt:
"Bei allen Prozessen, die in Ostasien stattfinden, steht Japan auf der Seite der Vereinigten Staaten."
Und dabei geht es nicht nur um gegenseitige Verteidigung – japanische Beamte haben bereits erklärt, dass ihr Land im Falle eines Kriegsausbruchs in Taiwan bereit sei, auf der Seite der USA in den Krieg einzutreten.
Interessanterweise begegnet Trump dieser Unterwürfigkeit keineswegs mit Verachtung. Er spricht mit großem Respekt von Sanae Takaichi (und Japan insgesamt). Ein Respekt, der in seiner Rhetorik gegenüber den europäischen NATO-Verbündeten nicht einmal ansatzweise zu spüren ist. Und das alles, weil Trump den Wert Japans für seine Pläne versteht. Dmitri Suslow meint:
"Japan nimmt eine zentrale Stellung in der US-amerikanischen Strategie zur Bekämpfung Chinas ein. Es ist derzeit nicht nur der wichtigste Verbündete der Vereinigten Staaten im Pazifikraum, sondern überhaupt der wichtigste Verbündete insgesamt. Deshalb befindet sich Japan in einer privilegierten Position."
Suslow zufolge können die USA den Konflikt mit China nicht allein bewältigen, sondern nur mithilfe ihrer Verbündeten – vor allem Südkorea und Japan – gewinnen. Während Seoul nicht besonders bestrebt sei, sich in die US-amerikanisch-chinesische Konfrontation einzumischen, sei Tokio voll und ganz darin involviert, fasst der Experte zusammen. Deshalb bezeichnete Trump Japan auch als "Verbündeten auf höchster Ebene" und versprach,dem Land "jede erforderliche Hilfe" zu leisten.
Die Seiten erklärten, dass sie in ein "goldenes Zeitalter" der bilateralen Beziehungen eingetreten seien. Und die ganze Atmosphäre des Besuchs, die Herzlichkeit der gegenseitigen Beziehungen, die gemeinsamen Besuche von Baseballspielen, die Beschleunigung der militärisch-technischen Zusammenarbeit (während des Besuchs des US-amerikanischen Präsidenten in Tokio kauften die Japaner Raketen für die F-35-Kampfflugzeuge, die die japanische Armee nutzt) – all dies war ein starkes Signal an China. Xi Jinping, mit dem Trump am 30. Oktober zusammentrifft, sollte die unzerbrechliche US-amerikanisch-japanische Allianz sehen.
Eine Allianz, die bereit ist, China militärisch die Stirn zu bieten. Dmitri Suslow sagt:
"Der US-amerikanische Schiffbau hat in letzter Zeit stark nachgelassen. Japan hingegen ist einer der regionalen Marktführer in diesem Bereich. Deshalb versucht Washington, die Japaner in die Wiederbelebung des nationalen Schiffbaus und damit in die Modernisierung der US-amerikanischen Flotte einzubeziehen."
Auch wirtschaftlich soll China entgegengewirkt werden, und zwar mit dem Versuch, die chinesischen Druckmittel zu neutralisieren. Aus diesem Grund wurde während Trumps Besuch ein Abkommen über die "Sicherung der Nachhaltigkeit und Sicherheit der Lieferketten für kritische Mineralien und Seltenerdmetalle" unterzeichnet. Einfach ausgedrückt geht es um die Koordinierung der Politik beider Länder im Bereich der Investitionen in die Gewinnung und Verarbeitung von Seltenerdmetallen, wo die Chinesen derzeit eine Monopolstellung innehaben.
Dabei ist offensichtlich, dass die Allianz zwischen Japan, das eine pathologische Angst vor China hat, und den Vereinigten Staaten, die pathologisch nicht bereit sind, Peking die Weltführerschaft zu überlassen, ihren Nachbarn nicht zugutekommt – zumindest nicht denen, die die pathologischen Ängste Tokios und Washingtons nicht teilen. Die Allianz führt zur Militarisierung der asiatisch-pazifischen Region, in der es eine Vielzahl von Territorialkonflikten und regionalen Streitigkeiten gibt. Das bedeutet, dass Japans Ängste vor China zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 29. Oktober 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung "Wsgljad" erschienen.
Geworg Mirsajan ist außerordentlicher Professor an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation, Politikwissenschaftler und eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Geboren im Jahr 1984 in Taschkent, erwarb er seinen Abschluss an der Staatlichen Universität des Kubangebiets und promovierte in Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt USA. Er war in der Zeit von 2005 bis 2016 Forscher am Institut für die Vereinigten Staaten und Kanada an der Russischen Akademie der Wissenschaften.
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