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EU-Aufruf zum Waffenstillstand ‒ Durchsichtiges Manöver ohne ernsthaften Friedenswillen

Der EU-Appell zum Waffenstillstand wirkt wie ein verzweifelter Versuch, den vom Zusammenbruch bedrohten ukrainischen Streitkräften eine Atempause zu verschaffen – ein schwacher Schachzug von Verlierern, die keinen Ausweg sehen, aber nicht aufgeben wollen. Lawrow lehnt ab und verweist auf die "betrügerische Minsk-II-Masche".
EU-Aufruf zum Waffenstillstand ‒ Durchsichtiges Manöver ohne ernsthaften FriedenswillenQuelle: Gettyimages.ru © Suzanne Plunkett - WPA Pool/Getty Images

Von Rainer Rupp

Alle langjährigen Beobachter geopolitischer Konflikte, die nicht in den Taschen westlicher Kriegspropagandisten stecken, wie zum Beispiel der hoch dekorierte Ex-US-Oberst Douglas Macgregor oder der ehemalige hochrangige CIA-Mitarbeiter Larry Johnson, sind sich einig, dass die Ukraine den Krieg schon längst verloren hat und der unvermeidliche Untergang immer näher rückt.

Während russische Truppen an den Frontlinien weiterhin unverändert die Oberhand behalten, ist die Stimmung des Selenskij-Regimes in Kiew und in den Machtzentralen der westlichen Unterstützer zunehmend von ratloser Verzweiflung gezeichnet. Davon zeugt auch die gemeinsame Erklärung, die Selenskij gemeinsam mit einer ausgewählten Gruppe europäischer Kriegstreiber-Staatschefs am 21. Oktober veröffentlichte. Diese bestand aus einer devoten Verbeugung vor "NATO-Daddy" Trump. Die meisten Leser erinnern sich sicherlich, dass mit diesem Ausdruck Mark Rutte, der Witz von einem NATO-Generalsekretär, vor wenigen Monaten in einem Schreiben an Trump versucht hatte, sich beim US-Präsidenten einzuschleimen. Damit hatte er bei dem Narzissten Trump offensichtlich sogar Erfolg.

In der jüngsten Erklärung vom 21. Oktober versucht diese Koalition europäischer Kriegshetzer, dem rechthaberischen Trump erneut zu gefallen, indem sie den weisen Aufruf des friedliebenden US-Präsidenten Donald Trump zu einem "unmittelbaren" Waffenstillstand entlang der aktuellen Frontlinien als den einzig richtigen Weg zum Frieden begrüßten. Der britische Premierminister Starmer, Kanzler Friedrich Merz, der französische Präsident Macron und die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen waren bei dieser Erklärung tonangebend ‒ Vertreter aus Italien, Polen, Portugal, Norwegen, Finnland, Dänemark und Spanien schlossen sich an. Die Erklärung betont, dass ein solcher Waffenstillstand "die Grundlage für nachhaltige Friedensgespräche" schaffen solle, und fordert Russland auf, diesen Schritt zu unterstützen.

Dieses durchsichtige Manöver hat mit ernsthaftem Friedenswillen nichts zu tun. Es ist vielmehr der verzweifelte Versuch, den vom Zusammenbruch bedrohten ukrainischen Streitkräften eine Atempause zu verschaffen, während der Druck an der Front ins Unermessliche steigt. Selbst westlich eingenordete Analysten bestätigen zunehmend, was an der Front bei bestem Willen nicht mehr übersehen werden kann: Der Kollaps der ukrainischen Streitkräfte ist keine ferne Möglichkeit mehr. Es ist längst nicht mehr eine Frage des "Ob", sondern nur noch des "Wann".

Zudem hat der Kreml ‒ von Putin über seine Minister bis zu seinen Verhandlungsführern mit den Amerikanern ‒ durchgängig und ohne Änderungen stets betont, dass jede Diskussion über einen Waffenstillstand sinnlos ist, solange die eigentlichen Ursachen des Konflikts nicht angegangen und Lösungen gefunden werden. Wie schon bei derartigen Versuchen zuvor hat auch diesmal der russische Außenminister Sergei Lawrow erklärt, dass ein Waffenstillstand derzeit nur Kiew und seinen westlichen Unterstützern nützen würde. Er verwies auf die russischen Erfahrungen mit dem betrügerischen Minsk-II-Abkommen von 2014/2015, das von den NATO-Unterstützern ausgenutzt wurde, um für die Ukraine mehrere Jahre Zeit zu gewinnen und diese mit NATO-Waffen und -Ausbildung neu aufzurüsten. Darauf wird Russland nicht erneut hereinfallen.

Wer vertrauenswürdige Militärnachrichtenkanäle über den Krieg in der Ukraine verfolgt, egal ob von ukrainischen oder russischen Bloggern, weiß bereits, dass sich die Schlacht um Pokrowsk (Krasnoarmeisk) ihrem finalen Stadium nähert. Diese Entwicklung wird bald russische Einheiten freisetzen, um auf den Ballungsraum Slawjansk-Kramatorsk vorzurücken, die letzte von den Ukrainern gehaltene große Befestigungsanlage auf dem Gebiet der Volksrepublik Donezk im Donbass.

Diese Agglomeration ist von symbolischer und strategischer Bedeutung. Slawjansk war 2014 ein Brennpunkt der prorussischen Aufstände gegen die ukrainischen Nazi-Kampftruppen, und Kramatorsk dient als regionales Kommandozentrum. Ein russischer Vormarsch hier würde den Donbass weitgehend sichern und Kiews Kontrolle über den Osten endgültig brechen. Das neokonservative "Institute for the Study of War" in Washington hat in seinem Bericht vom 21. Oktober vor genau diesem Szenario gewarnt.

Selbst Experten des streng proukrainischen "Center for European Policy Analysis (CEPA)" warnen, dass die öffentliche Debatte im Westen zunehmend von der Idee dominiert wird, die Ukraine verliere den Krieg und müsse nun auf Frieden hinarbeiten. "Es kann nicht sein, was nicht sein darf", trifft hier offensichtlich zu.

Ein Bericht des "International Institute for Strategic Studies" (IISS) vom Oktober 2025 beschreibt die Lage als "neue Phase" des Konflikts: Verschlechterte Bedingungen für Kiew, wachsende Unruhe unter den Truppen und eine unvermeidliche Eskalation, falls es keine Kompromisse vonseiten Kiews gibt. Selbst der optimistische Ton in manchen westlichen Medien – etwa in der Zeitschrift Foreign Affairs, die betonte, die Ukraine könne "doch noch gewinnen" – klingt hohl angesichts der Fakten.

Erfahrene Geostrategen und ehemalige Nachrichtendienstler sehen in diesen Entwicklungen die logische Konsequenz jahrelanger Fehleinschätzungen im Westen: Die Ukraine hat nie eine reale Chance auf einen militärischen Sieg gegen Russland gehabt, und nun zahlt sie den Preis für die Illusionen ihrer westlichen Unterstützer, Russland in einem Stellvertreterkrieg besiegen zu können.

Russische Verbände kontrollieren derzeit nahezu das gesamte Gebiet Lugansk und rund 75 Prozent der benachbarten Region Donezk, die zusammen den Donbass bilden. Selbst westliche Analysen von Think-Tanks wie CSIS haben in den letzten Monaten zunehmend von ausgezehrten ukrainischen Streitkräften gesprochen, denen es an allem fehlt: an Essen, Wasser, Verbandszeug, Munition aller Art und vor allem an Kanonenfutter. Letzteres könnte selbst mit noch mehr westlichen Hilfen nicht ausgeglichen werden. Die Dynamik an der Front sei "nicht mehr umzukehren". Selbst ein Bericht des einst optimistischen "Atlantic Council" räumt inzwischen ein, dass der Mythos einer "unvermeidlichen russischen Niederlage" endgültig zerplatzt ist.

Vor diesem Hintergrund hat diesmal sogar Selenskij, der bislang jeden Kompromiss als Verrat an der ukrainischen Souveränität abgelehnt hatte, ohne zu zögern Trumps Aufruf zum Waffenstillstand zugestimmt – ein klares Zeichen für die Erschöpfung in Kiew. Doch hinter dieser Fassade aus Diplomatie verbirgt sich Panik und Angst, auch vor den Drohungen und der Vergeltung durch die unkontrollierbaren ukrainischen Nazi-Spezialtruppen, die Selenskij vor jeglicher Gebietsabtretung an die Russen gewarnt haben. Daher beeilte sich Selenskij sofort nach seiner Rückkehr, in Kiew öffentlich zu versichern, dass es sich nur um einen Waffenstillstand handelt und territoriale Abtretungen des Donbass oder der Krim für ihn nicht in Frage kommen. Da fragt man sich, warum Moskau auf ein solches Waffenstillstandsangebot überhaupt eingehen soll.

Sogar westliche Medien wie BBC und Politico berichten, dass die EU-/NATO-Alliierten keine ausgearbeitete Vorlage haben, wie ein Frieden in der Ukraine zu erreichen sei. Wahrscheinlich hoffen sie, dass die Russen irgendwie ihren EU-Forderungen nachkommen und sich zurückziehen, die Krim der Ukraine mit einer großen Entschuldigung auf dem Silbertablett überreichen und der Ukraine Reparationen für die angerichteten Schäden bezahlen.

Inzwischen hat Moskau Trumps Vorschlag abgelehnt und das Gipfeltreffen in Budapest ist auf Eis gelegt. Dies unterstreicht die russische Strategie: Nicht nachlassen, bis die ukrainische Kampfkraft gebrochen ist. Auf dem Schlachtfeld wird diese Logik greifbar.

Der Waffenstillstand könnte kommen, aber zu Moskaus Bedingungen: nämlich die Anerkennung der Realitäten auf dem Boden, die Neutralität der Ukraine und Garantien gegen den NATO-Beitritt. In diesem Kontext ist der EU-Aufruf vom 21. Oktober kein Sieg der Diplomatie, sondern ein Requiem für eine Illusion.

Der langsame, aber sichere Untergang der ukrainischen Streitkräfte, und damit auch des Staates "Ukraine", ist nicht nur eine Niederlage Kiews. Vom Rest der Welt wird dies auch als Niederlage der als allmächtig präsentierten NATO und ihrer US-Schutzmacht gesehen werden. Denn trotz jahrelanger massiver militärischer und finanzieller Unterstützung durch EU- und NATO-Staaten in Höhe von Hunderten Milliarden Dollar ist es weder der USA noch dem gesamten Kollektiven Westen gelungen, der Ukraine zum Sieg zu verhelfen. Stattdessen wurde sie vom Westen in den Untergang geführt!

Diese Tragödie wird in ihrer Tragweite noch unabsehbare, aber definitiv negative Konsequenzen für das US-Prestige und für die Glaubhaftigkeit der US-Militärmacht und ihrer "Sicherheitsgarantien" für Vasallen haben. Schon jetzt steht fest, dass die weltweite politische Durchsetzungsfähigkeit Washingtons, die nicht zuletzt bereits wegen des angeschlagenen Status des US-Dollars gelitten hat, in großen Teilen der Welt zunehmend angezweifelt wird.

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