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Politischer Druck: Niederlande verstaatlichen Chinas Chiphersteller Nexperia

Die Niederlande haben den Chiphersteller Nexperia angesichts wachsender globaler Handelsspannungen verstaatlicht. Der Schritt Den Haags erfolgt vor dem Hintergrund einer zunehmend antichinesisch ausgerichteten Politik – nicht nur der USA, sondern auch der EU.
Politischer Druck: Niederlande verstaatlichen Chinas Chiphersteller NexperiaQuelle: Gettyimages.ru © David Hammersen/picture alliance via Getty Images

Die niederländische Regierung hat die Kontrolle über einen chinesischen Chiphersteller mit Sitz in den Niederlanden übernommen und begründet dies mit Risiken für die wirtschaftliche und technologische Sicherheit der EU. Das Unternehmen bezeichnete diesen Schritt als "übertrieben" und erklärte, es halte alle relevanten Gesetze und Vorschriften ein.

Das niederländische Wirtschaftsministerium gab am späten Sonntag bekannt, dass es ein bisher noch nie angewendetes Notstandsgesetz in Kraft gesetzt habe, um die Kontrolle über den Hersteller Nexperia – weltweit über 15.000 Beschäftigte – zu übernehmen, der sich im Besitz des staatlichen chinesischen Unternehmens Wingtech Technology befindet.

Das Unternehmen war ursprünglich Teil des niederländischen Elektronikkonzerns Philips, wurde jedoch im Jahr 2006 vom Mutterkonzern als NXP Semiconductors ausgegliedert und 2016 an ein chinesisches Konsortium veräußert. Seit 2017 firmiert das Unternehmen unter dem jetzigen Namen und ist seit 2019 Teil des Wingtech-Konzerns. Angesiedelt in Nijmegen, ist Nexperia auf die Massenproduktion von Chips spezialisiert, die in der Automobilindustrie, der Unterhaltungselektronik und anderen Branchen zum Einsatz kommen.

Amsterdam erklärte, man wolle eine Situation verhindern, in der die Chips von Nexperia "in einem Notfall nicht mehr verfügbar sein könnten", was "ein Risiko für die wirtschaftliche Sicherheit der Niederlande und Europas darstellen könnte".

Die niederländische Regierung bezeichnete diesen Schritt als "äußerst außergewöhnlich" und verwies dabei auf "jüngste und akute Anzeichen für gravierende Mängel und Handlungen im Bereich der Unternehmensführung" innerhalb des Unternehmens.

Die Wingtech-Aktie brach am Montag in Schanghai um 10 Prozent ein, was nach Erreichen der Tagesgrenze zu einer Unterbrechung des Handels führte.

Das Technologieunternehmen verurteilte das Vorgehen der niederländischen Regierung als "übermäßige Intervention, die eher von geopolitischen Vorurteilen als von einer faktenbasierten Risikobewertung getrieben ist", wie aus einem inzwischen gelöschten WeChat-Beitrag hervorgeht, der vom chinesischen Politikblog Pekingnology archiviert wurde. Wingtech kündigte an, Maßnahmen zum Schutz seiner Rechte zu ergreifen und die Unterstützung der Regierung in Anspruch zu nehmen.

Wie das Handelsblatt berichtete, untersagte die chinesische Regierung in einer ersten Reaktion die Ausfuhr von in China hergestellten Nexperia-Chips. Auftraggeber befürchten nun Lieferengpässe und Produktionsausfälle. Der Gründer von Wingtech, Zhang Xuezheng, sei von einem Amsterdamer Gericht von seiner Funktion als Chef von Nexperia entbunden worden. Dies bestätigte das Unternehmen in einer Meldung an die Börse von Schanghai. Die Kontrolle über Nexperia sei aufgrund der niederländischen Anordnung und der Gerichtsentscheidungen, die sich auf die Entscheidungsfindung und die operative Effizienz auswirken, vorübergehend eingeschränkt.

Die Übernahme von Nexperia durch die Niederlande erfolgt in einer Zeit eskalierender globaler Handelsspannungen. Im vergangenen Jahr kam es zu Auseinandersetzungen zwischen China und der EU, da Brüssel Vorwürfe an die Adresse Pekings erhebt, bestimmte wichtige Güter zu Dumpingpreisen auf die Märkte zu werfen und eine industrielle Überproduktion zu betreiben. China seinerseits hatte der EU Protektionismus vorgeworfen.

Letzte Woche verschärfte China seine Beschränkungen für den Export von Seltenen Erden und Magneten, was die ohnehin schon angeschlagene Automobilindustrie der EU weiter schwächen könnte.

Die Maßnahmen der niederländischen Regierung gegen das chinesische Unternehmen sind zwar spektakulär, aber beileibe kein Einzelfall. Dass Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus politischen Gründen entschlossen auf dem Wege der Enteignung gegen einen Konzern in ausländischem Besitz vorgehen, demonstrierte beispielsweise Berlin im Herbst 2022. Der damalige Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Grüne) verstaatlichte die SEFE GmbH. Die Firma war das Nachfolgeunternehmen von Gazprom Germania, das die Bundesregierung zwangsweise unter Treuhandverwaltung gestellt hatte (RT DE berichtete).

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