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Unabhängigkeit bei Zahlungen: SOZ-Länder verabschieden sich vom US-Dollar

Es entsteht ein neuer mächtiger Pol in der Weltwirtschaft – die Staaten der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit. Nach dem Vorbild der BRICS-Staaten befasst sich die Organisation nun mit der Schaffung eines eigenen Finanzsystems, das vom Westen und seinen Launen unabhängig ist.
Unabhängigkeit bei Zahlungen: SOZ-Länder verabschieden sich vom US-DollarQuelle: Sputnik © RIA Nowosti / Sergei Bobyljow

Nach dem Beispiel der BRICS-Staaten, die ein alternatives Finanzsystem aufbauen, um sich aus der Abhängigkeit vom US-Dollar zu lösen, haben sich nun auch die SOZ-Staaten dazu entschlossen, diesen Weg einzuschlagen. Experten weisen darauf hin, dass der Handel zwischen den Ländern innerhalb der Organisation derzeit noch weit hinter dem Außenhandel zurückbleibe. Die Schaffung einer gemeinsamen Entwicklungsbank und eines gemeinsamen Zahlungssystems werde jedoch Schutz bieten und dazu beitragen, die Anfälligkeit gegenüber dem westlichen Finanzsystem zu verringern.

Wie nach dem Treffen in China bekannt wurde, haben die SOZ-Länder beschlossen, eine Entwicklungsbank für Investitionen in eigene Projekte zu gründen. Wladimir Putin schlug außerdem vor, gemeinsame Anleihen zu emittieren. Er brachte auch die Idee zur Sprache, ein einheitliches Zahlungssystem für Handelsgeschäfte zu entwickeln, und betonte die Bedeutung der Schaffung einer gemeinsamen Abrechnungs- und Verwahrungsinfrastruktur.

Es scheint also, dass die Zeit für eine vollständige Unabhängigkeit von westlichen Strukturen gekommen ist – und die Länder der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit sind bereit, den Weg zur Schaffung einer zum Dollar alternativen Finanzgrundlage zu beschreiten. Heute beträgt der Warenumsatz zwischen den SOZ-Ländern mehr als 2 Billionen US-Dollar, wobei die überwiegende Mehrheit der Abrechnungen immer noch an die vom Westen kontrollierte Infrastruktur gebunden ist. Dadurch entsteht eine Schwachstelle, die nach Meinung russischer Experten im Kontext des Sanktionskrieges zu einem systemischen Risiko wird. Michail Gordienko, Professor am Lehrstuhl für nachhaltige Finanzentwicklung der Plechanow-Universität für Wirtschaft, stellt beispielsweise fest:

"Die genannten Finanzinstrumente ermöglichen es, Finanzmittel innerhalb der SOZ unabhängig vom Westen und dabei kostengünstiger zu verwalten. Für Russland bedeutet dies Sanktionsresistenz bei Zahlungen, Zugang zu Kapital in einem sich neu bildenden Finanzökosystem, Unterstützung nationaler Währungen und deren Verwendung im Handel."

Experten weisen auch darauf hin, dass es bei den BRICS-Staaten ein Pendant zu einer solchen Bank gibt – die Neue Entwicklungsbank, die bereits ihre Arbeit aufgenommen hat. So nimmt China beispielsweise über Anleihen Geld in Yuan auf, was die Abhängigkeit vom US-Dollar verringert. In diesem Jahr gab es bereits mehrere Emissionen im Wert von mehreren Milliarden Yuan. Allerdings steht die BRICS-Bank ständig unter dem Damoklesschwert der Sanktionen. Zusammen mit den neuen Strukturen der SOZ steigt nun jedoch die Wahrscheinlichkeit, sich erfolgreich der "strafenden Hand" des Westens zu entziehen.

Während Experten darüber spekulieren, wie die neue Entwicklungsbank der SOZ genau aussehen wird, sind viele der Meinung, dass sie wohl kaum westliche Vorbilder kopieren wird. So schreibt Nikita Komarow, Leiter der Abteilung für Außenkommunikation des Instituts Zargrad in einer Kolumne für die Zeitung Wsgljad:

"An dieser Stelle ist es wichtig zu betonen: Die SOZ-Entwicklungsbank als Pendant zum IWF zu sehen, ist ein Fehler. Der IWF ist ein Instrument einer vergangenen globalistischen Ära. Seine Kredite dienten nicht der Entwicklung, sondern der Kontrolle: 'Reformen' durch Kürzung der Staatsausgaben, Privatisierung und Öffnung der Märkte für transnationale Konzerne. Das Ergebnis war eine Schuldenfalle und der Verlust der Souveränität. Die SOZ braucht ein solches Szenario nicht. Die Hauptaufgabe dieser neuen Institution besteht nicht darin, den IWF zu duplizieren, sondern eine alternative Finanzarchitektur aufzubauen. Das bedeutet: Ein eigenes Clearingzentrum, ein einheitliches grenzüberschreitendes Zahlungssystem auf SWIFT-Niveau, das jedoch unabhängig von Brüssel und Washington ist. China verfügt bereits über CIPS, Russland über SPFS und Indien über UPI. Die Synchronisierung dieser Systeme unter dem Dach der SOZ wird es ermöglichen, Zahlungen direkt in nationalen Währungen ohne Zwischenhändler durchzuführen."

Der Experte stellt klar: Selbst wenn nur 30 bis 40 Prozent des gegenseitigen Handels auf eine solche unabhängige Plattform verlagert werden, entsteht ein starker Anziehungspunkt für Länder, die sich aus der Abhängigkeit vom Westen lösen wollen. "Der wirtschaftliche Effekt ist offensichtlich: Die Gebühren von SWIFT und westlichen Banken verschlingen jährlich Milliarden von US-Dollar, und diese Ressourcen könnten innerhalb der Organisation verbleiben", fasst Komarow zusammen.

Heute gehören China, Russland, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Indien, Pakistan, Iran, Weißrussland und Usbekistan zur Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit – im Grunde vereint das Bündnis fast die Hälfte der Weltbevölkerung und die Gebiete mit den größten Bodenschätzen.

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